Zwischen dem 5. und 1. Jhdt. v. Chr. betrachteten politische Theoretiker in China und Europa Musik als nützlichen Maßstab für den politischen Charakter und Zustand von Gesellschaften und ihren Machthabern. Auch wenn ihre Ansichten keiner wissenschaftlichen Basis entsprangen, können schriftliche Überlieferungen und archäologische Quellen heute herangezogen werden, um Musik und damit zusammenhängende kulturelle Äußerungen im Umfeld der Macht und ihren unmittelbaren Einflussbereichen zu verorten. Sie können so über Identität, Selbstverständnis, Ansehen und Status informieren: vom Haushalt über den Staat, bei Eroberungen und Machtausübung, im Fall von Widerständen und Rebellionen sowie in der Rechtsprechung, Diplomatie und Schlichtung. Allem Anschein nach können diese Quellen in der Tat etwas Neues über Machtbeziehungen, Ideologie und politischen Wandel in der antiken Welt vermitteln. Sie dienen zudem als indirekter Indikator für politische agency in schriftlosem Umfeld.
Weniger anzeigenZwischen dem 5. und 1. Jhdt. v. Chr. betrachteten politische Theoretiker in China und Europa Musik als nützlichen Maßstab für den politischen Charakter und Zustand von Gesellschaften und ihren Machthabern. Auch wenn ihre Ansichten keiner wissenschaftlichen Basis entsprangen, können schriftliche Überlieferungen und archäologische Quellen heute herangezogen werden, um Musik und damit zusammenhängende kulturelle Äußerungen im Umfeld der Macht und ihren unmittelbaren Einflussbereichen zu verorten. Sie können so über Identität, Selbstverständnis, Ansehen und Status informieren: vom Haushalt über den Staat, bei Eroberungen und Machtausübung, im Fall von Widerständen und Rebellionen sowie in der Rechtsprechung, Diplomatie und Schlichtung. Allem Anschein nach können diese Quellen in der Tat etwas Neues über Machtbeziehungen, Ideologie und politischen Wandel in der antiken Welt vermitteln. Sie dienen zudem als indirekter Indikator für politische agency in schriftlosem Umfeld.
Weniger anzeigenDie östliche Zhou- (770–221 v. Chr.) und die Han-Dynastie (206 v. Chr.–220 n. Chr.) waren Perioden sozialer, kultureller und politischer Umwälzungen in China. In dieser Übergangszeit hat sich China von einem durch rivalisierende Staaten beherrschten zu einem unter einem einzigen Herrscher vereinten Land gewandelt. Archäologische Funde aus dem 7. und 6. Jh. v. Chr. legen nahe, dass sich die rivalisierenden Staaten größtenteils der musikalischen Tradition des Zhou-Staats angepasst haben. Die Fülle an Glocken und Klangsteinspielen, die bisher mit Zhou-staatlichen Zeremonien und Ahnenritualen verbunden werden, zeugen von diesem Einfluss. Jedoch implizieren materielle Belege aus dem 5. und 4. Jh. v. Chr. einen weitgreifenden Wandel auf der kulturellen und musikalischen Ebene, vor allem im zunehmend an Macht gewinnenden Chu-Staat. Trotz des politischen Niedergangs der Chu im 3. Jh. v. Chr. hielten sich die musikalischen und kulturellen Einflüsse bis in die Han-Dynastie.
Weniger anzeigenDie Kolonialisierung der Neuen Welt führte zu beispiellosen politischen und sozialen Ver-änderungen, die sich für die Betroffenen u. a. je nach Kontaktzeitraum und Art und Weiseder Begegnung(en) unterschieden. Manche Informationen über diese Begegnungen findensich in ethnohistorischen Quellen, allerdings sind diese oftmals einseitig und die Mate-riallage ist abhängig von Umweltfaktoren und Ausgrabungsmethoden. Auch Musik undMusikveranstaltungen können kulturelle Botschaften bewahren, die menschlicher und na-türlicher ,Zensur‘ entkommen sind. In diesem Beitrag werden musikalische Zeugnisse alsAnalyseperspektive verwendet, durch die die Kontaktreichweite der Einwirkungen auf Eu-ropäer*innen und ,Amerindians‘ in drei Interaktionsräumen beobachtet werden sollen.
Weniger anzeigenDieser Artikel untersucht die sozio-politischen und religiösen Dimensionen des Musizierens und Klangerzeugens über den Vergleich zweier kulturell unterschiedlicher, aber nah beieinander liegenden Zeitabschnitte an ein und demselben Ort: dem Tal von Mexiko. Zunächst werden die Praktiken der Azteken zur Ausübung musikalischer Dominanz und Kontrolle über die von ihnen eroberten Gesellschaften der späten post-klassischen Periode Mesoamerikas (1325 bis 1521 n. Chr.) untersucht. Darauf folgend werden die spanischen Strategien der musikalischen Dominanz und Kontrolle über die eroberten Azteken der frühen Kolonialzeit (1521 bis 1600) beleuchtet und dem aztekischen Modell gegenübergestellt. Der Artikel fragt nach den Unterschieden und strukturellen Ähnlichkeiten in der musikalischen Eroberung.
Weniger anzeigenMit Beginn des 2. Jt. v. Chr. erlebt Mesopotamien einen historischen Wandel auf politischer, sozialer und religiöser Ebene. Aus dem Westen einwandernde so genannte amurritische Dynastien übernehmen die politische Macht in Zentralbabylonien, wo sie ihr eigenes ,akkadi-sches‘ Erbe begründen. Ursprüngliche sumerische Traditionen Südmesopotamiens werden dabei entweder aufrechterhalten, überlagert oder aufgegeben. Vermehrt sind Neuerungen unter König Hammurāpi und seinen Nachfolgern zu verzeichnen. Basierend auf der keilschriftlichen Überlieferung werden in diesem Kapitel Wandlungsprozesse mit Auswirkungen auf die Tempel- und Hofmusik identifiziert und analysiert. Hierbei wird auch der Frage nach den Initiatoren solcher Prozesse und ihrer politischen wie kulturellen Motivation nachgegangen.
Weniger anzeigenUntersuchungen bildlicher Darstellungen von Musikinstrumenten sowie Musikantinnen und Musikanten haben ergeben, dass sie in Grabkontexten benutzt wurden, um auf den Wohlstand sowie den politischen oder sozialen Status der verstorbenen Person oder ihrer Familie hinzuweisen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Analyse, basierend auf Beispielen aus republikanischen, imperialen und spätantiken Kontexten. Ziel des Beitrags ist, Veränderungen zu untersuchen, die sich sowohl auf die Bedeutung der für die Grabmäler gewählten Themen als auch auf die Rolle der Musikantinnen und Musikanten im Alltag auswirkten.
Weniger anzeigenIm alten Ägypten nahm Musik durch die Strukturierung von militärischen Paraden, könig-lichen Festen und religiösen Prozessionen eine wichtige Rolle im öffentlichen Raum ein. Alle diese Situationen können gleichzeitig auch als politische Räume verstanden werden, da sie immer auch zur politischen Kommunikation dienten. Der vorliegende Artikel un-tersucht, wie Musik und Musikinstrumente zu diesem Zweck verwendet wurden und wie politische Wirklichkeit sowie ihre Veränderungen sich in deren Auswahl widerspiegeln
Weniger anzeigenDie Idee, dass die psychologische Wirkung der Musik auch für Fragen der Erziehung und Politik entscheidend ist, findet sich zuerst bei Platon, mit Verweis auf Damon von Athen (5. Jahrhundert v. Chr.). Auf Basis der Schrift des Aristeides Quintilianus, der ebenso auf Damon zurückverweist, wurde dem Letzteren eine eigenständige Theorie des musikalischen Ethos zugeschrieben. Im vorliegenden Beitrag werden die Quellen von Platon über Aristoteles bis zu Aristides einer kritischen Betrachtung unterzogen. Dabei wird für eine Lesart von Platons Politeia plädiert, die Äußerungen der Dialogfiguren über musikalische Details nicht automatisch mit der Autorenmeinung gleichsetzt. In der Klassischen Zeit finden sich so keine Anhaltspunkte für eine Ethostheorie, die von technischen Überlegungen ausgeht.
Weniger anzeigenZwischen dem 16. und 19. Jahrhundert beeinflusste der Staat das Musikleben in den mecklenburgischen Herzogtümern, indem er kulturelle Ereignisse durch Auferlegung von Ordnungen regelte und Privilegien in Bezug auf musikalische Aufwartungen gewährte. Es gibt Versuche, die übermäßigen Kosten öffentlicher Veranstaltungen zu reduzieren, unmoralische Verhaltensweisen einzudämmen, die Heiligkeit der Feiertage zu wahren und bestimmte traditionelle Ereignisse wie die Fastnacht und Heischegänge zu unterdrücken. Im 17. Jahrhundert verschwand die Autonomie der offenen Landschaft mit der Privilegierung ausgebildeter Stadtmusikanten in allen mecklenburgischen Ämtern. Diese Privilegien ermöglichten es einem Musiker, in einem bestimmten Verwaltungsbereich ein Monopol zu errichten. Das Eindringen von Stadtmusikanten in die ländliche Sphäre veränderte die traditionelle Musik.
Weniger anzeigenWenngleich Musik heutzutage überwiegend der Entspannung dient, kann sie auch Rituale begleiten und Hinweise auf soziale und politische Zugehörigkeiten liefern. Musizierende können in die unmittelbare Nähe zur politischen Führung geraten und so politischen Absichten dienen. Neue Instrumentenfunde in Gräbern des 5. bis 8. Jhd. aus dem nördlichen und atlantischen Europa lassen auf die politische Bedeutung antiker Leiermusik schließen. Während in historischen Berichten über Sänger, ihre politischen Verbindungen und diplo-matischen Handlungen alte Lieder mit Politik in Verbindung gebracht werden, fungieren archäologische Funde als materielle Repräsentanten politischer agency. Könnten analog da-zu recht ähnliche, aus der frühen Eisenzeit stammende Funde als Ausdruck politischen Handelns in schriftlosem Umfeld verstanden werden?
Weniger anzeigenAltgriechische Quellen sind voll von Verweisen auf die Musik von Völkern, die nicht griechisch sind und deshalb stereotyp als ,Barbaren‘ bezeichnet werden. Merkmale wie ,verweichlicht‘ und ,wollüstig‘ werden dabei oft dem musikalischen Paradigma des Ostens zu-geschrieben, vor allem während und nach den Perserkriegen des frühen 5. Jahrhunderts v. Chr. Ziel des Beitrags ist, die Konstruktion hellenischer Identität mit dem Begriff der mousikē zu untersuchen, wobei in der Hauptsache diejenigen literarischen und ikonographischen Quellen analysiert werden, in welchen ,griechische‘ und ,fremde‘ Elemente als Gegensätze dargestellt werden. Sie werden versuchsweise als Kennzeichen kultureller und politischer Veränderungen der Gesellschaft interpretiert.
Weniger anzeigenWährend der römischen Expansionszeit wurden barbarische Instrumente – Trompete und Trommel – in den Quellen als ,eigenartig‘ oder ,primitiv‘ und ihr Klang als unmusikalisch verstanden. Sowohl in der griechischen als auch in der lateinischen Literatur wird die Welt der Barbaren – vor allem im Westen – als ein von Krach erfüllter Raum beschrieben. Ihre Ignoranz gegenüber Musik wurde zum Zeichen ihrer Unmenschlichkeit, da nur musikalisches Wissen zu einer harmonischen Gesellschaft führte. Nur die östlichen Barbaren schie-nen wahrhaft musikalisch, da sie in größerer Nähe zur griechischen Gesellschaft lebten. Dennoch galt ihre Musik als verweichlicht und wollüstig – wie der Orient selbst. Dieser Gegensatz nährte den römischen Diskurs über Akkulturation und legitimierte die moralische Überlegenheit der Römer über andere. Dies erlaubt auch Rückschlüsse auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Musik.
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