Die biblische Erzählung von der Errichtung des Sinaiheiligtums, der sogenannten Stiftshütte, im Buch Exodus Kap 25–40 wird als „ausgeführte Metapher“ im Sinne Paul Ricoeurs sowie als „absolute Metapher“ im Sinne Hans Blumenbergs gedeutet. Das heilige Zelt und seine sakrale Ausstattung, das die Israeliten auf Anweisung Gottes an Mose herzustellen haben, soll Gott als ‚Wohnung‘ bei den Israeliten dienen. Der Raum und die Räume des Heiligtums werden aus unterschiedlichen Perspektiven entwickelt. Der metaphorische Charakter der Erzählung erweist sich dadurch, dass das ‚Wohnen Gottes‘ nur in Spannung zwischen göttlichem und menschlichem Bereich dargestellt werden kann. Der Raum des Heiligtums vereinigt gegensätzliche und zugleich komplementäre Weisen der Präsenz Gottes unter den Menschen.
Weniger anzeigenDer vorliegende Aufsatz untersucht das paulinische Verständnis der Taufe als räumliche Metapher. Vor dem Hintergrund des Gebrauchs von βάπτειν/βαπτίζειν im Altgriechischen wird offensichtlich, dass Paulus den Begriff auf spezifische metaphorische Weise verwendet. Paulinische Formulierungen, wie „in den Leib Christi eingetaucht werden“ (1 Kor 12,13), „in Christus eingetaucht werden“ (Gal 3,28) und „in den Tod Christi eingetaucht werden“ (Rom 6,3–5) werden untersucht und deren Implikationen im Rückgriff auf aktuelle metaphertheoretische Ansätze diskutiert.
Weniger anzeigenDieser Beitrag analysiert räumliche Metaphern in den Paulusbriefen im Rahmen der kognitiven Metapherntheorie Lakoffs und Johnsons. Diese Theorie modelliert Metaphern als Zugriff auf einen komplexeren Sinnbereich (‚Zieldomäne‘), indem man die Struktur eines einfacheren Sinnbereichs (‚Quelldomäne‘) auf die Zieldomäne abbildet. Paulus’ Metaphern sind innovativ, doch ihr Hauptmerkmal ist Verfremdung, die eine neue Perspektive auf vertraute Phänomene eröffnet. Für Metaphern bedeutet dies, dass ihre Grenzen hervorgehoben werden. Aber wenn Metaphern ein komplexes Konzept zugänglicher machen, erscheint Verfremdung für die didaktischen und ermahnenden Briefe unpassend. Zudem sind die Themen des Paulus neuartig und bedürfen keiner Verfremdung, um Vertrautheit zu überwinden. Ich führe Paulus’ Motivation für die Verwendung verfremdender Metaphern auf die Neuartigkeit seiner Gedanken zurück. Um diese ausdrücken zu können, musste er Metaphern verwenden, die nicht vollkommen präzise sind. Daher verfremdete er diese, um ihre Beschränkungen aufzuzeigen und davor zu warnen, sie zu weit zu treiben. Folglich kann Verfremdung nicht nur zur Aufhebung von Vertrautheit eingesetzt werden.
Weniger anzeigenIn Bezugnahme auf die theoretischen und methodischen Ansätze der kognitionswissenschaftlichen Theorie konzeptueller Metaphern und auf der Grundlage des Texts von Lykophrons Alexandra zeigt dieser Beitrag die Existenz der konzeptuellen Orientierungsmetaphern AKTIV IST OBEN (zusammen mit der korrespondierenden entgegengesetzten Vorstellung PASSIV/ZERSTÖRT/TOT IST UNTEN) auf. Zahlreiche einzelne textuelle Belege diese Vorstellung erscheinen in der Alexandra, oftmals in der Form von Präpositionen und Präfixen (ἀνά/ἀνα-, ἐπί/ἐπι-; κατά/κατα-) aber auch im Falle von Vokabeln, deren Grundbedeutung die Richtungsbestimmung oben oder unten enthält, wie αἴρω, dessen metaphorische Verwendung in der Alexandra (Lyc. 1228, 1295) ausführlich diskutiert wird.
Weniger anzeigenAristoteles konzipierte das Substantiv metaphora (wörtlich „Transfer“) als das Ergebnis eines sprachlichen und kognitiven Übertragungsprozesses, der einen Vergleich oder eine Analogie zwischen zwei materiellen oder geistigen Elementen voraussetzt. Dieser Metapherbegriff erlaubt jedoch nicht, die Auswirkung von semantischen Mischungen solcher Elemente zu erfassen. Dies zeigt der Begriff kratēr (wörtlich „Misch-Objekt“) in der griechischen Dichtung, wo er als Emblem und nicht notwendigerweise als Metapher für verschiedene Formen räumlicher und nicht-räumlicher Übertragung gebraucht wird, aber auch für Mischungen, die im Symposion stattfinden.
Weniger anzeigenDiese Studie analysiert einige Weisheitstexte aus dem ägyptischen Neuen Reich und der Dritten Zwischenzeit (1550–712 BC), um die rhetorische sowie kommunikative Anwendungen von räumlichen Metaphern zu skizzieren. Unser Verständnis altägyptischer Rhetorik wird dadurch verstärkt: Wir sehen, zum Beispiel, dass die räumlichen Metaphern (insbesondere die Wegmetaphern) sich vermehren und expliziter werden wobei die rhetorische Qualität des Textes ebenso zunimmt – oder anders ausgedrückt, dass die enumerative Weisheitsgattung zunehmend von den Aufrufen der Schultexte beeinflusst wird.
Weniger anzeigenUnsere kognitive Fähigkeit, die Welt um uns zu interpretieren, beruht weitgehend auf Metapher und Metonymie. Beide erlauben es uns, ausgehend von den Prinzipien von Ähnlichkeit und Kontiguität zwischen Konzepten, Beziehungen zwischen Unbekanntem und Bekanntem, Entlegenem und Naheliegendem, Unsichtbarem und Sichtbarem zu sehen. Die Atomisten schufen solch eine Ähnlichkeit oder Analogie zwischen der sichtbaren griechischen Schrift und der unsichtbaren Welt der Atome. Zeitgenössische Biologen nutzen dieses Denkmodell weiterhin in Bezug auf molekulare Biologie. Durch vielfältige Beispiele von der Bibelexegese bis zur Welt der Naturwissenschaft und Technik wird die weite Verbreitung solcher Denkmodelle (und teilweise auch ihre Zeitgebundenheit) aufgezeigt. In der Vergangenheit bestand ein großes Problem in der Hauptströmung europäischen Denkens, die auf Beziehungen zwischen Wörten statt zwischen Konzepten, wie im Fall der Metapher, beharrte.
Weniger anzeigenDie Einleitung des Tagungsbands Spatial Metaphors: Ancient Texts and Transformations umfasst zwei Abschnitte: Der erste Teil enthält vorbereitende Anmerkungen zur Metapherntheorie und versucht, durch die Klassifizierung anhand der Kriterien von Spezifität (specificity) und Umfang (extent) eine theoretische Struktur für die Untersuchung von Raummetaphern zu erarbeiten. Der Zugang, der dieser Typologie zugrundeliegt, steht in der Tradition der Theorie konzeptueller Metaphern von Lakoff und Johnson. Der zweite Abschnitt bietet eine kurze Übersicht und Zusammenfassung der einzelnen Beiträge des Bands (von denen nicht alle auf die Theorie konzeptueller Metaphern zurückgreifen) mit besonderer Berücksichtigung der Fragestellung, wie sich die untersuchten Metaphern zu der eingangs vorgestellten Struktur verhalten. Dabei wird deutlich, dass, obgleich die Möglichkeit einer formalen Klassifikation von Raummetaphern besteht, jede philologische Untersuchung und Interpretation immer die entsprechenden Kontexte miteinbeziehen muss und dabei nicht von abstrakten theoretischen Metaphermodellen, sondern den Texten selbst ihren Ausgang nehmen muss.
Weniger anzeigenDer Aufsatz untersucht Struktur und Funktion der konzeptuellen Metapher (conceit) in der metaphysischen Dichtung des 17. Jahrhunderts. Am Beispiel zweier Gedichte von George Herbert, „Love (3)“ und „Easter Wings“, wird gezeigt, wie poetische Texte mit ihrer äußersten, paradoxen Herausforderung umgehen: „mit anderen Worten“ das zu sagen, was sich als Verborgenes und Transzendentes der sprachlichen Verfügung, zugleich jeder räumlichen Repräsentation entzieht.
Weniger anzeigenIn der Analyse von Sankt Brandans Reise wird das literarische Potential einer religiösen Metapher untersucht, der augustinischen Metapher der Welt als Buch. Auch wenn ein signifikanter Größenunterschied zwischen Welt und Codex besteht, wird die Metapher in einigen Episoden konkret. Die Vorstellung einer Identität zwischen Welt und Buch auf der Handlungsebene und ein paradiesisches Artefakt, auf dem fast die ganze Welt täuschend echt repräsentiert ist, stehen der Erkenntnis entgegen, dass Brandans Reisetagebuch nicht die ganze Welt erfassen kann.
Weniger anzeigenBei der Beschreibung kognitiver Prozesse, in denen die Erkenntnis einer ‚höchsten‘ oder ‚göttlichen‘ Wahrheit vermittelt werden soll, greifen antike philosophische Texte oft auf räumliche Metaphern zurück, mit denen sie diesen Vorgang im ‚Innern‘ des Menschen lokalisieren. Hier interessiert die Frage, mit welchen Raummetaphern Augustin die Erkenntnisprozesse in De trinitate beschreibt. Augustin geht davon aus, dass der Mensch nach Genesis 1,27 „nach Gottes Ebenbild“ geschaffen und daher die imago dei als eine Art Struktur im ‚inneren Menschen‘ präsent seien. Aus der ‚Vermischung‘ (blending) des nicht-metaphorischen Konzepts des Gottesbildes mit dem durch Raummetaphern beschriebenen Menschenbild entwickelt Augustin seine – in der antiken Erkenntnistheorie neue und einzigartige, auch wirkungsmächtige – ‚theologische Epistemologie‘ und eine ‚Onto-Theologie des Bildes‘.
Weniger anzeigenMetaphern, insbesondere solche, die auf den Raum als Bildspender zurückgreifen, sind ein Hauptcharakteristikum der Redekunst des Kirchenvaters Johannes Chrysostomos (ca. 349–407). Da er ein versierter Redner mit einer Vorliebe für bildliche Sprache war, untersucht der vorliegende Beitrag, wie räumliche Metaphern zum Erreichen der persuasiven Ziele des Chrysostomos beitragen. Im Rückgriff auf die kognitive Metaphertheorie wird der Traktat An Theodor analysiert, wobei die erkenntnistheoretischen und paränetischen Funktionen, die konzeptuelle Metaphern erfüllen, in den Blick genommen werden. Die Besonderheit des Metaphergebrauchs des Chrysostomos besteht darin, dass er sein Publikum in metaphorische Szenarien, die er in seiner visuellen Rhetorik entwirft, einbezieht, um seine Leser dazu zu bringen, ihre Einstellungen und Verhalten zu überprüfen. Damit versucht er, eine praktische Reaktion auf die gegenwärtige Situation hervorzurufen.
Weniger anzeigenIn presenting philological readings of spatial metaphors in ancient texts and their reception based on theoretical approaches to metaphor, this is a pioneering study which also bears testimony to the increasing interest in the potential and cognitive functions of metaphor in literary studies. The individual studies offer a representative synopsis of current theories on spatial metaphors and encompass applications to literary texts from a number of genres and languages ranging from wisdom texts and philosophical treatises to tragedy and from Ancient Egyptian to Shakespearean English, thus spanning almost 3000 years of human thought and language. Based on this framework of theory and practice, this volume collects a series of papers originally delivered at a conference entitled Raum-Metaphern in antiken Texten und deren Rezeption, organized by research group (C-2) Space and Metaphor in Cognition, Language and Texts of the Excellence Cluster 264 Topoi — The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations in Berlin in June 2014.
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