In den letzten beiden Jahrzehnten wurde der buddhistische Pilgerort Gomphu Kora in eine touristische Hauptattraktion im Osten Bhutans transformiert. Das dort jährlich stattfindende Volksfest war bekannt dafür, dass es verschiedene ethno-linguistische Gruppen auf beiden Seiten der Landesgrenze zwischen Ost-Bhutan und Indien anzog. Pilger und Händleraus der Grenzregion sowie Ortsansässige waren aktiv durch sozialen, ökonomischen und kulturellen Austausch und an der Aufführung von Volkstänzen und -gesängen beteiligt. Dieses Kapitel untersucht neuere Entwicklungen kultureller Produktion in Gomphu Kora, und wie die Erfindung von Tradition durch staatlichen Tourismus und durch lokale Autoritäten des zum Teil klerikalen Verwaltungsapparats orchestriert wurde. Es wird untersucht, wie das ehemalige Volks- und Pilgerfest in eine generische und klösterliche Staatsaufführung umgestaltet wurde, die viel von ihrem ursprünglichen, populären Charakter verloren hat.
Weniger anzeigenDieser Beitrag befasst sich mit der Entwicklung der senegalesischen Tidjaniyya Pilgerreisenach Fès. Schon seit der Verbreitung der Tidjani Lehren im subsaharischen Raum, ist der Schrein vom Begründer dieses Sufi Ordens Ahmad al-Tidjani zu einem bedeutsamen Pilgerort für westafrikanische und insbesondere senegalesische Tidjaniyya Anhänger geworden. Während der Kolonialzeit und durch die Entwicklung der neuen Transportmöglichkeiten, hat dieser Ort weiterhin an Bedeutung gewonnen. Heute beeinflussen zudem die politischen und ökonomischen Interessen Marokkos als auch die Transnationalisierung der senegalesischen Gemeinschaft die Entwicklung dieser Pilgerreise.
Weniger anzeigenKevelaer, eine der wichtigsten Marienwallfahrtsorte in Deutschland, ist berühmt für ein wundertätiges Gnadenbild, das die Madonna als Consolatrix Afflictorum (Trösterin der Betrübten)zeigt. Seit 1978 treffen sich hier einmal im Jahr tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka. Sie sehen in der Madonna von Kevelaer auch die in ihrem Heimatland hochverehrte Madhu Mata, von der es heißt, sie stehe allen bei, die Angst und Verfolgung erfahren haben. Der Beitrag befasst sich besonders mit den rituellen Aspekten, durch die sich die sogenannte Tamilenwallfahrt von der Wallfahrt anderer Pilgergruppen unterscheidet. Spezielles Augenmerk gilt der Tatsache, dass nicht nur Katholiken zu diesem Ereignis nach Kevelaer kommen, sondern auch eine große Zahl tamilischer Hindus.
Weniger anzeigenDas ethnographische Fallbeispiel untersucht die besonderen Formen von Pilgerschaft und Prozession im Kontext des zentralen Königsschreins der Sakalava im westlichen Madagaskar. ‘Pilgern’ entstand hier im Rahmen einer dezidiert nicht-westlichen Logik und wird von den Akteuren zunächst als eine von vielen Aspekten königlicher Arbeit (fanompoa) verstanden, wodurch die Beziehung zu den königlichen Ahnen erhalten und gefestigt werden kann. Der vorgelegte Text erörtert die spezifische Vorstellungswelt der Sakalava-Pilgerschaft im Kontext einer mehr als 300 Jahre langen Entwicklung. Die ursprünglich dominierende Funktion einer Bekräftigung der königlichen Machtposition wurde in neuerer Zeit in Folge der Entmachtung der Könige durch vielfältige neue religiöse, soziale und identitäre Aspekte ergänzt.
Weniger anzeigenDer vorliegende Artikel setzt sich kritisch mit der von Victor Turner und John Sallnow geforderten kategorischen Unterscheidung von lokalen und regionalen Ritualen und insbesondere von Pilgerfahrt und Patronatsfesten auseinander. Er stützt sich auf ethnographische und ethnohistorische Daten aus dem Departement Cuzco/Peru und analysiert mit der Pilgerfahrt zum Qoyllur Rit’i und der Fronleichnamsfeier in Cuzco-Stadt zwei der wichtigsten religiösen Feiern der Region, auf welche sich auch Sallnow bezog. Gegenüber letzterem wird jedoch gezeigt, dass beide Veranstaltungen unmittelbar ineinander übergehen, ähnlicher Motivation entspringen, sich zahlreiche Teilnehmer und Symbole teilen. Damit wird deutlich, dass lokale und regionale Formen des Kultes nicht klar voneinander getrennt werden können.
Weniger anzeigenPilgerfahrten sind ein wichtiger Bestandteil der gemeinsamen Identität der indischen Händlerkaste der Jains, da diese über kein eigenes Gebiet verfügen. Die größtenteils zu Fuß stattfindende jährliche Gruppenpilgerschaft versammelt Hunderte oder sogar Tausende von Pilgern, die bereitwillig körperliche Schmerzen, Hunger und Durst auf sich nehmen, um dem Gründer ihrer Religion zu huldigen. Nach tagelanger Wanderung durch spärlich besiedelte Landstriche, machen sich die Pilger auf den Weg in das Shatrunjaya Gebirge mit seinen 108 Tempeln und ca. 1000 kleineren Schreinen. Dieser Tempelkomplex ist konzipiert als einer der wenigen Plätze der Unendlichkeit in einem sich immer wandelnden Universum. Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Aufbau, der Organisation und rituellen Performanzen während der Pilgerfahrt, mit der Frage, welche Vorstellungen vom Universum ihr zugrunde liegen, und mit der ständigen Bestätigung der Jain Identität durch die Verehrung ihrer Vorfahren und spirituellen Gründer.
Weniger anzeigenDie konzeptionelle Trennung von Glauben und Wissen ist irreführend und sollte dementsprechend ebenso wenig als methodologische Grundlage dienen wie die Dichotomisierung von heilig und säkular, davon zeugen neueste Forschungsbefunde mit Blick auf die Geschichte von Pilgern und Heilige Orte im chinesischen Kontext. Der vorliegende Beitrag fokussiert Berge, weil ohne sie keine Diskussion um das Heilige in China möglich ist. Mit Blick auf konkrete Praktiken, die auf die Kultivierung des Selbst abzielen und durchgängig mit körperlicher Einleibung (Embodiment) von Vorstellungen des Heiligen verquickt sind, sucht der Beitrag die Frage zu beantworten, auf welche Weise Menschen ihre eigene Begegnung mit dem Heiligen erzählen. Die Berge dienten als Orte kaiserlicher Ritualhandlungen, sie waren und sind mit Mystik, Natur, Geschichte, Leben, Fruchtbarkeit und Tod verbunden, und als Orte konfuzianischer, buddhistischer und daoistischer Verehrung dienten sie Gelehrten als Projektsmöglichkeit ihres Selbst in die Zukunft hinein.
Weniger anzeigenZiel des Bandes ist eine vergleichende Analyse außereuropäischer Pilgerreisen unter verschiedenen historischen Bedingungen und Machtverhältnissen. Untersucht werden historische Transformationsprozesse, aber auch Kontinuitäten bezüglich der Organisation, der körperlichen und spirituellen Erfahrungen sowie der individuellen und kollektiven Motive der Pilger. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Autoren vermittelt Einblicke in unterschiedliche Methoden, theoretische Reflektionen sowie den Gebrauch und die Bedeutung von Objekten in rituellen Performances. Die Konstruktion von heiligen Orten als Landschaften der Imagination reflektiert eine große Vielfalt an Bedeutungen in Bezug auf die komplexen und dynamischen Prozesse im Zeitalter der Postmoderne.
Weniger anzeigenDieser Beitrag beschäftigt sich mit der Entstehung von Prozessionen und Pilgerfahrten im antiken Griechenland, welche ihren Ursprung in sogenannten Delegationen (pompé) zunächst ohne religiöse Bedeutung hatten. Ab dem sechsten Jahrhundert wird der Begriff pompé für ‘Opferprozession’ genutzt, also für Veranstaltungen, bei denen Göttern Geschenke dargeboten wurden. Neben den offiziellen, von der kulturellen und/oder politischen Eliteorganisierten Prozessionen existierten auch private. Viele der staatlichen Prozessionen waren regelmäßige Veranstaltungen, bei denen Weihrauch, prunkvolle Kleider und Musikinstrumente eine wichtige Rolle spielten. Im Beitrag wird deren unterschiedliche Darstellung in der Vasenmalerei und auf Töpferware analysiert. Dabei wird hingewiesen auf verschiedene Funktionen der Prozessionen, die aufgrund ihrer wichtigen gesellschaftlichen und politischen Rolle innerhalb der Polis und panhellenistischen Gemeinden über die religiöse Sphäre hinausgingen.
Weniger anzeigenDer Artikel diskutiert aus einer archäologischen Perspektive sakrale Mobilität und rituelle Bewegung in griechischen Festkontexten hellenistischer Zeit. Im Mittelpunkt steht das panhellenische Fest der Artemis Leukophryene in Magnesia am Mäander. Dieser Befundzeigt exemplarisch Funktion und Bedeutung verschiedener Bewegungsformen in panhellenischen Festen: Einerseits im Vorfeld der Feste zur Positionierung innerhalb eines größeren kulturellen Bezugssystems, andererseits als konkretes Festritual, in dem die feiernde Gemeinde ein Bild ihrer selbst inszenierte. Die funktionale und inhaltliche Bedeutung der bestimmenden Architekturen, Monumente und Inschriften der magnesischen Festtopographie steht hierbei im Zentrum, um zu Aussagen über Prozessionsroute, Teilnehmer und Rituale zu erhalten.
Weniger anzeigenPilgerfahrt zu religiösen Stätten und säkulare Reisekultur sind seit Jahrhunderten in Japan eng verknüpft. Im Kontext des japanischen Buddhismus besuchen Pilger und Pilgerinneneine Reihe von Tempeln, die einen festen Rundgang bilden. Der sechshundert Jahre alte Saikoku-Pilgerrundweg, der zu dreiunddreißig Tempeln in und um die alte Kaiserstadt Kyoto führt, stellt eine der erfolgreichsten komplexen religiösen Einrichtungen dar. Der Beitrag führt Gründe für den anhaltenden Erfolg dieser Pilgerfahrt auf. Zentral für den Erfolg und die Kontinuität der Pilgerfahrt in Japan sind die Erinnerungspflege in Form von Gründungslegenden und Wundergeschichten. Die Narrative zeigen sowohl die Verwaltung der Pilgerfahrt auf als auch die Verortung des Rundwegs in der physischen und der spirituell gedachten Landschaft.
Weniger anzeigenThe aim of the volume is a comparative study of non-European pilgrimages under different historical conditions and changing power relations. Historic transformations but also continuities in organization, bodily and spiritual experience, as well as individual and collective motives are discussed. Written by an interdisciplinary group of authors, their various disciplinary perspectives offer insight into the differences in methods, theoretical reflections and the use and meanings of objects in ritual performances. The construction of sacred spaces as landscapes of imagination reflects a wide range of meaning in regard of the growing complexity and social dynamism in times of postmodernity.
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