Zugang zum Recht (Access to Justice) bezeichnet die institutionellen und sozialen Bedingungen der Verwirklichung von Rechten. In der internationalen Sicherheits- und Entwicklungspolitik wird der Begriff heute vielfach als Leitbild für „gutes Recht“ und „gute Justiz“ verwendet, in den Konzepten und Programmen der in diesen Bereichen tätigen Akteure kommt ihm zentrale Bedeutung zu. Neuere Ansätze setzen dabei vor allem auf die Förderung informeller nicht-staatlicher Justizsysteme und ihre Einbettung in übergeordnete rechtliche Ordnungen, meist ein staatliches Recht. Doch verspricht die offizielle Anerkennung von nicht-staatlichen Rechtssystemen Access to Justice, oder unter welchen Voraussetzungen ist dies der Fall? Von dieser Frage ausgehend wird zunächst an eine Debatte über Zugang zum Recht erinnert, die hauptsächlich am Ende der 1970er Jahre in der Rechtswissenschaft geführt wurde. Obwohl in begrifflicher wie auch in methodischer Hinsicht erhellend, schließen die neueren Überlegungen in den Konzepten und Programmen der politischen Praxis nicht an diese Debatte an.
Weniger anzeigenEin zentrales theoretisches Problem des wissenschaftlichen Diskurses über Governance be-steht darin, dass die sozialwissenschaftlichen Konzepte vor dem Hintergrund der Erfahrung des Regierens in modernen und hoch entwickelten demokratischen Nationalstaaten der OECD-Welt formuliert wurden. Hieraus ergeben sich konzeptionelle Probleme hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf historische und gegenwärtige Räume begrenzter Staatlichkeit. Diese Räume befinden sich vornehmlich außerhalb der OECD-Welt und sind kulturell, religiös aber auch im Hinblick auf Akteurskonstellationen und Handlungsmodi anders strukturiert als der moderne Nationalstaat westlicher Prägung. Der Beitrag behandelt diese „Reisefähigkeit“ des Governance-Konzeptes in andere Weltregionen und kulturellen Kontexte. Inwieweit sind die westlich geprägten Begrifflichkeiten auf diese übertragbar, und welche Probleme stellen sich dabei? Was können wir umgekehrt für die sozialwissenschaftliche Governance- Diskussion aus den Erfahrungen mit dem Regieren in Räumen begrenzter Staatlichkeit lernen?
Weniger anzeigenUnter Berücksichtigung des Governance-Paradigmas des SFB 700 liegt es nahe, die spätantiken und frühmittelalterlichen Nachfolgereiche Roms im Westen als Räume begrenzter Staatlichkeit anzusehen. Die Nachfolgereiche, die sich in den ehemaligen Provinzen etablierten, unterschieden sich vom Römischen Reich auch durch einen oftmals stark zurückgenommenen Regelungsanspruch und eine verminderte Regel(durch)setzungsfähigkeit. Häufig genug aber gelang es dennoch, Governance-Leistungen im Bereich der öffentlichen Ordnung zur Verfügung zu stellen. Die beiden Fallstudien zum ostgotischen Italien und dem Frankenreich in Gallien zeigen auf, welche Maßnahmen jeweils ergriffen wurden, um besonders (Rechts-)Sicherheit und „rule of law“ herzustellen. Im ostgotischen Fallbeispiel wird eine Vielzahl an Maßnahmen beobachtet, die zunächst disparat und unverbunden anmuten, unter der Perspektive der Governance-Forschung allerdings klar auf die Monopolisierung von Legitimitätsressourcen zur Herrschaftssicherung abzielen. Das fränkische Fallbeispiel bietet hingegen eine Interpretation der Rechtsquellen, deren zwei wesentliche Charakteristika in der Schaffung einer Anreizstruktur für den gerichtsförmlichen Konfliktaustrag sowie in der Herstellung von Öffentlichkeit als Verbindlichkeitsgarant gefällter Entscheidungen liegen.
Weniger anzeigenDas vorliegende Papier setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich von Governance geprägte Räume theoretisch-konzeptionell erfassen lassen. Auf der Grundlage einer Differenzierung zentraler Governance-Elemente (Akteure, Strukturen und Prozesse) und anknüpfend an geographische Raumkonzepte schlagen wir drei Anwendungsstrategien zur Analyse vor: Lokalisierung, Relationierung und Regionalisierung. Mit Hilfe dieser Anwendungen lassen sich schließlich Governance-Räume auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus identifizieren, analysieren und theoretisieren. Der vorliegende Beitrag geht erstens davon aus, dass es zur empirischen Erfassung von Governance neuer analytischer Konzepte bedarf, die sich vom methodologischen Nationalismus lösen und mit alternativen Analyseeinheiten arbeiten. Zweitens kommt die Governance- Forschung jenseits und unterhalb des Staates langfristig nicht darum herum, die räumliche Dimension des eigenen Untersuchungsgegenstandes theoretisch und konzeptionell zu reflektieren.
Weniger anzeigenGovernance ist zu einem zentralen Thema sozialwissenschaftlicher Forschung geworden. Dabei besteht Übereinstimmung, dass politische Gemeinwesen bestimmte Leistungen in den Bereichen Herrschaft, Sicherheit und Wohlfahrt erbringen sollen. In den Debatten wird aber oft „effektive Gebietsherrschaft“ als Kernelement moderner Staatlichkeit stillschweigend vorausgesetzt, und die Forschung konzentriert sich auf die OECD-Welt. In globaler sowie historischer Perspektive sind autoritative Entscheidungskompetenz und Gewaltmonopol des Staates jedoch die Ausnahme, nicht die Regel. Ein Blick auf die Länder des Südens, „zerfallen(d)e Staaten“ in den Krisenregionen der Welt oder ehemalige Kolonien bestätigt dies. Hier wird politisch gesteuert, ohne dass die vielfältigen Verfahren demokratischer und rechtsstaatlich organisierter Wohlfahrtsstaaten verfügbar wären. Der SFB 700 fragt daher nach den Bedingungen von Governance in diesen Räumen begrenzter Staatlichkeit: Wie und unter welchen Bedingungen werden Governance-Leistungen in den Bereichen Herrschaft, Sicherheit und Wohlfahrt in Räumen begrenzter Staatlichkeit erbracht, und welche Probleme entstehen dabei? Die SFB-Teilprojekte untersuchen, wie dort regiert wird und welche Probleme dabei entstehen. Dabei gehen wir davon aus, dass sich in Räumen begrenzter Staatlichkeit „neue“ Formen des Regierens herausbilden, die vorwiegend „weiche“ Steuerungsformen nutzen, auf vielfältigen Kooperationsformen zwischen staatlichen und nicht- staatlichen Akteuren basieren und durch eine Verschränkung von globalen, nationalen und lokalen Ebenen charakterisiert sind.
Weniger anzeigenZusammenfassung Im Projektbereich D „Wohlfahrt und Umwelt“ des Sonderforschungsbereichs (SFB) 700 untersuchen wir, wie Governance-Leistungen bei der Produktion wohlfahrtsstaatlicher Gemeinschaftsgüter und Dienstleistungen in Räumen begrenzter Staatlichkeit bereitgestellt werden. In sechs verschiedenen Teilprojekten werden Governance-Arrangements im Hinblick auf ihre Entstehung, ihre Effektivität und empirische Legitimität sowie ihre Nachhaltigkeit erforscht. Im Januar 2008 haben die D-Projekte des SFB 700 im Rahmen eines Workshops eine vorläufige Bilanz der Ergebnisse aus der ersten Arbeitsphase gezogen. Wir wollen diese hier dokumentieren – nicht zuletzt, um ein interessiertes Publikum auf die kommenden Publikationen aus den sechs Teilprojekten neugierig zu machen. Aktuelle Informationen zum Projektbereich D des SFB 700 sowie den einzelnen Teilprojekten finden sich auf der Seite www .sfb-governance. de/teilprojekte/projektbereich_d/.
Weniger anzeigenDer SFB 700 befasst sich vorwiegend mit Räumen begrenzter Staatlichkeit in Postkolonien. Schon aus diesem Grund ist eine Auseinandersetzung mit postkolonialer Theorie angeraten, beschäftigt sich diese doch mit den Problemen, die entstehen, wenn westliche Denk- und Wahrnehmungsmuster auf nicht-westliche Räume übertragen werden. Solche eurozentristischen Beschreibungen erheben die westliche Moderne zur normativen Vergleichsfolie für gesellschaftliche Entwicklungen in der nicht-westlichen Welt. Auch der SFB 700 läuft Gefahr, die Vielfalt lokaler Konfigurationen des Regierens zu übersehen, weil das Governance- Konzept eine europäisch geprägte Geschichte hat. Wir wollen uns in diesem Arbeitspapier der postkolonialen Kritik stellen, um den Blick der Governance-Forschung für alternative Entwicklungen zu schärfen. In forschungspraktischer Absicht suchen wir bei den Autor/inn/ en des Postkolonialismus-Diskurses nach Hinweisen auf konkrete Governance- Phänomene, die die Kontingenz der westlichen Governance-Vorstellungen sichtbar machen einfach dadurch, dass sie anders sind. Inwieweit tragen postkoloniale Ansätze in den Geistes- und Sozialwissenschaften dazu bei, die räumliche, institutionelle und soziale Diversität von Governance in postkolonialen Räumen begrenzter Staatlichkeit adäquat und konkret zu erfassen?
Weniger anzeigenDie Erbringung bestimmter Dienstleistungen und Güter wie etwa Sicherheit und Infrastruktur, die wir klassischerweise vom Staat und seiner Verwaltung erwarten, erfolgt heute regelmäßig kooperativ und arbeitsteilig. Soweit dabei nicht-staatliche Akteure als „Provider of Statehood“ auf die Bühne treten, ist der Staat – vermeintlich paradoxerweise – nicht mehr der alleinige Garant für das Gelingen gemeinwohlförderlicher Staatlichkeit. Der Beitrag analysiert diese „Ko-Produktion von Staatlichkeit“ als ein bereits historisch bewährtes Modell zur Bereistellung bestimmter Governance-Produkte und fragt nach der Beschaffenheit der nicht-staatlichen Akteure. Desweiteren untersucht er, welche vor allem als Regelungsstrukturen verstandenen Governancemodi zur Organisation des Zusammenwirkens von privaten und staatlichen Akteuren in Frage kommen. Hier werden Beleihung und Konzession als überkommene, aber wandelbare rechtliche Gußformen diskutiert und das Phänomen der Public Private Partnerships beleuchtet. Schließlich werden verschiedene Theorieangebote aus Politik-, Verwaltungs- und Rechtswissenschaft auf Ihre Eignung für die Konstellationen arbeitsteiliger Staatlichkeitsproduktion hin untersucht.
Weniger anzeigenZusammenfassung Strukturell „begrenzte Staatlichkeit“ und nicht staatszentrierte Modi des Regierens sind keine Phänomene, die erst seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert zu beobachten sind. Aus diesem Grund plädiert dieses Working Paper für die Übertragung des Governance-Begriffs auf vorund frühmoderne Gesellschaften. Anknüpfend an die neuere Diskussion um frühneuzeitliche Staatlichkeit steht hier nicht die mehr oder weniger monolithische Sicht auf einen sich mit Macht durchsetzenden monarchisch- absolutistischen Staat im Vordergrund, als vielmehr die Vielfalt staatlicher Dynamiken und der daran beteiligten Akteure. Das Working Paper fragt daher nach den historisch kontingenten Entwicklungspfaden zentralisierter Herrschaftsausübung. Hierdurch soll insbesondere die Heterogenität dieses Entwicklungsprozesses beleuchtet werden, der durch eine Ungleichzeitigkeit von nebeneinander bestehenden traditionellen und neueren Regierungs- und Verwaltungsstrukturen sowie durch immer wiederkehrende Prozesse der Aushandlung von Autorität gekennzeichnet ist.
Weniger anzeigenDiese Studie befasst sich mit der Frage, welche Auswirkungen die Transformation des Staates auf das Regieren hat. Zwar kann von einer allseitigen Schwächung staatlicher Autorität oder von „Staatszerfall“ nicht die Rede sein, doch ist in vielen Fällen unklar, in welcher Form unter veränderten Bedingungen regiert werden soll. Diese Problematik wird am Fallbeispiel Belutschistan (Pakistan) auf die Bereitstellung von Sicherheit zugespitzt. Dabei kommt die Untersuchung zu drei zentralen Ergebnissen: (1) In Pakistan haben politische Krisen nicht zum Rückzug des Staates geführt, sondern zu dessen Versuch, eine ökonomisch unterentwickelte Provinz stärker administrativ zu durchdringen und ihre Inwertsetzung und ökonomische Integration zu forcieren. (2) Dieser Versuch der Krisenbewältigung ging einher mit der Umstellung von konventionellen zu zentralisierten Formen von Governance; er wurde nicht von nichtstaatlichen Akteuren, internationalen Agenturen oder der internationalen Staatengemeinschaft initiiert, sondern von der pakistanischen Regierung selbst. (3) Die Umstellung von konventioneller zu zentralisierter Governance führte nicht zur Verregelung, sondern zur gewaltförmigen Eskalation bestehender Konfliktlagen.
Weniger anzeigenDieses Paper gibt eine Übersicht über die verschiedenen Formen der Streitbeilegung in der Amhara-Region im Kontext des realen Rechtspluralismus und vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung in Äthiopien. Die zum Einsatz kommenden Institutionen – gewohnheitsrechtliche, formal-staatliche oder hybride – bieten ein Forum für die Austragung alltäglicher Konflikte auf lokaler Ebene. Dabei können die verschiedenen Institutionen sowohl ergänzend als auch konkurrierend zueinander funktionieren. So verschieden die Institutionen sind, so unterschiedlichen Mustern der Legitimation unterliegen sie; dies gilt ebenso für die Beachtung von Frauenrechten, wobei hier beide als Bewertungskriterium herangezogen werden. Wenngleich gerade die gewohnheitsrechtlichen Institutionen nicht immer im Einklang mit nationalem und internationalem Recht stehen, so sind sie doch zentral für die Aufrechterhaltung von Frieden und sozialer Ordnung in der Gemeinschaft.
Weniger anzeigenDer Artikel problematisiert die Übertragbarkeit des westlichen Governance- Konzepts auf Räume außerhalb der OECD-Welt. Ziel ist es, einen Forschungsansatz zu entwickeln, der diesen Räumen angemessenen ist. Zu diesem Zweck werden zunächst eurozentrische Prämissen im Governance-Konzept sichtbar gemacht. Hier geht es um die zentrale Dichotomie zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren. Die Allgegenwart dieser Unterscheidung wird anschließend mit Hilfe der (de-)konstruktivistischen Erkenntnistheorien Foucaults, Luhmanns und Derridas erklärt. Ausgehend von einem zwar unumgänglichen, aber in seinem Ausmaß variablen Eurozentrismus skizziert die Autorin schließlich eine äquivalenzfunktionalistische Governance-Forschung, die nach der Art und Weise einer Leistung, nach dem „Wie“ und dem „Wer“, fragt. So werden europäische Dichotomien in Bezug auf die Akteure und die Handlungsmodi von Governance vermieden.
Weniger anzeigenGovernance in Räumen begrenzter Staatlichkeit ist ein vergleichsweise junges Forschungsfeld. Seine gemeinschaftliche Bearbeitung im interdisziplinären Sonderforschungsbereich (SFB) 700 setzt einerseits eine Bestimmung der Grenzen des Feldes und andererseits eine gemeinsame Sprache voraus. Eine Einigung auf Kernkonzepte und Grundbegriffe ist in diesem Sinne zentrale Bedingung einer erfolgreichen gemeinsamen Erforschung von Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Aus diesem Grund haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SFB 700 im ersten Forschungsjahr 2006/2007 eine rege Debatte um eine gemeinsame begriffliche und konzeptuelle Forschungsgrundlage geführt. Das vorliegende Arbeitspapier fasst die bisherigen Ergebnisse dieser Debatte zusammen. Es versteht sich in erster Linie als interne Serviceleistung an den Gesamt-SFB und hat den Charakter eines Zwischenberichts. Denn letztlich entscheidet die fortschreitende Erkenntnis im SFB 700 über Erweiterungen des Kanons an zentralen Begriffen und Konzepten oder über notwendige Revisionen. Auf die Irritationen aus der empirischen Forschung ist der SFB 700 in diesem Sinne gespannt und begreift die folgenden Begriffsklärungen als work in progress. Entwürfe zu dem vorliegenden Glossar wurden von verschiedenen Mitgliedern des SFB 700 geliefert, denen wir an dieser Stelle herzlich danken wollen. Die Kernbegriffe des Glossars selbst wurden dann auf einer Klausurtagung des SFB 700 im Januar 2007 sowie auf späteren Jours Fixes während des Sommersemesters diskutiert. Außerdem fließen hier die Ergebnisse der Eröffnungskonferenz des SFB 700 ein, die im Februar 2007 stattfand. Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den vielfältigen Diskussionen sei herzlich gedankt. Der hier vorliegende Text wird vom Teilprojekt A1 des SFB 700 verantwortet und versteht sich – wie gesagt – als Serviceleistung an den Sonderforschungsbereich und darüber hinaus.
Weniger anzeigenWie viel Recht in Good Governance und seinen Verwendungen steckt, ist aus der Sicht des Entwicklungs- (verwaltungs-) rechts eine durchaus nahe liegende Frage. Good Governance dient heute als Maßstab für die Qualität der Regierungsführung eines Staates und als Standard, zu dessen Wahrung sich Staaten im Zuge der Enwicklunsgzusammenarbeit verpflichten. Die Verwendung von Good Governance ist zunächst eine politische Praxis und keine Rechtsanwendung, auch wenn der normative Standard mit einer Vielzahl von Regelungen des Völkerrechts und der Rechtsordnungen der Geber- wie der Empfängerstaaten übereinstimmt. Dass die Verwendung von Good Governance jedoch keineswegs in einem rechtsfreien Raum erfolgt, sondern dass sich vielmehr aus allgemeinen Regelungen des Völkerrechts und dem Statutenrecht der Verwender Maßstäbe zur Bewertung seiner Rechtmäßigkeit ergeben, zeigt dieser Beitrag. Er wirft außerdem die Frage auf, inwieweit die rechtlich eingebettete Praxis der verschiedenen Verwendungen von Good Governance zur Verrechtlichung eines Teilbereichs der internationalen Beziehungen beitragen können.
Weniger anzeigenDas vorliegende Working Paper versteht unter Governance eine Perspektive auf Regieren: Governance dient der intentionalen Handlungskoordination unter einer Mehrzahl von Akteuren durch kollektiv bindende Entscheidungen. Der Mehrwert des Governance-Begriff s liegt in der Betonung der Kontingenz der Modi des Regierens und der beteiligten Akteure. Wir argumentieren, dass der Governance- Begriff schwach normativ ist. Der „dichte Begriff “ des Regierens meint stets eine regelgeleitete Verteilung von Gütern im Unterschied zu Übeln. Jedes Regieren, das diesen Namen verdient, garantiert ein Mindestmaß an Erwartungssicherheit hinsichtlich überlebenswichtiger und Sozialität überhaupt ermöglichender Sachverhalte für eine defi nierte Gesamtheit von Regelungsadressaten. Die Übertragbarkeit dieses Governance- Begriff s auf Räume zerfallen(d)er Staatlichkeit ist aus zwei Gründen fraglich. Zum einen fehlt hier eine Instanz, die die Inklusion aller Betroff enen in die Governance-Leistungen letztverantwortlich garantieren kann, zum anderen ist in fragmentierten Gesellschaften umstritten, wer überhaupt dem Kreis der Regelungsadressaten angehört. Hieraus erwachsen normative und handlungstheoretische Probleme.
Weniger anzeigenDer im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit: Neue Formen des Regierens?“ entstandene Beitrag entwickelt Kriterien für die Vergleichbarkeit von Governance unter verschiedenen soziokulturellen wie historischen Bedingungen. Zunächst wird vorgeschlagen, den Governance-Begriff auf empirisch ermittelbare Faktoren (Governance-Leistungen, -Akteure, -Handlungsmodi) zu beschränken, die sich in einem Mapping abbilden lassen. Da dieses Vorgehen Auslassungen im Bereich der normativen Bewertung und Bewertbarkeit mit sich bringt, wird als weiterer Analysefaktor der Begriff des Governance-Raums vorgeschlagen. Mit diesem Begriff lassen sich all die gesellschaftlichen Bedingungen erfassen, unter denen Governance-Leistungen erbracht werden, die einer spezifischen Form von Governance ihre besondere Prägung verleihen. Die Governance-Forschung kann dadurch ihr Potenzial im Bereich der vergleichenden Regierungsanalyse erweitern, ohne dass auf die mitgedachten normativen Maßstäbe verzichtet werden müsste. Das Forschungsprogramm des SFB 700 legt diese theoretische Erweiterung sogar nahe, wenn es nach Governance „in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ und nicht lediglich „unter den Bedingungen begrenzter Staatlichkeit“ fragt und den Raum-Bezug von Governance damit explizit herstellt.
Weniger anzeigenDer Beitrag befasst sich mit den verschiedenen methodischen Ansätzen der Rechtswirkungsforschung und stellt diese dar. Vor dem Hintergrund von Räumen mit unterschiedlich stark entwickelter Staatlichkeit plädiert der Verfasser für einen partiellen Perspektivenwechsel. Wirkungsforschung sollte nicht allein aus einer instrumentellen Sicht des Normgebers betrieben werden, sondern (ergänzend) die motivationale Wirkungen von Recht für das Handeln von Akteuren in sozialen Feldern untersuchen. Damit sollte eine Erweiterung des Rechtsbegriffs auch auf nicht-staatliche Rechtsformen einhergehen.
Weniger anzeigenZusammenfassung Das vorliegende Arbeitspapier untersucht Wirkungszusammenhänge von transnationalen Konstellationen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure mit der Erzeugung von Sicherheit sowie Entwicklung als Governance-Leistung in Nordost-Afghanistan. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Frage, wie die afghanische Bevölkerung Veränderungen der eigenen Sicherheit sowie lokale Entwicklungsherausforderungen über die letzten Jahre wahrgenommen hat. Das Papier besteht aus zwei Teilen. Zunächst erläutert der Autor im Rahmen einer Fallstudie die relevanten internationalen, nationalen und lokalen Akteurskonstellationen in der Zielregion und bettet die Ergebnisse der quantitativen Befragungen ein in den Kontext der qualitativen Untersuchungsergebnisse zu lokalen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Anschließend wird detailliert das methodische Vorgehen erläutert, welches auf kreuzperspektivischer Analyse der quantitativ und qualitativ erhobenen Daten gründet. Die Analyse zeigt, dass im heutigen Afghanistan Sicherheit und Entwicklung als Ergebnis transnationaler Governance entstehen können. Diese Governance-Leistungen sind auf die lokale Ebene beschränkt; sie erreichen nicht die regionale oder gar die nationale Ebene. Die Untersuchung zeigt allerdings auch, dass transnationale Governance- Leistungen im Unterschied zur strategischen Zielsetzung der internationalen Interventen gerade die nationalen und sub-nationalen staatlichen Institutionen schwächen und deren Legitimität beeinträchtigt, die durch die Intervention aufgebaut und gefestigt werden sollen.
Weniger anzeigenTransitional Justice steht für Bemühungen, die Vergangenheit eines gewaltsamen Konflikts oder eines Regimes aufzuarbeiten, um in einer gespaltenen Gesellschaft den Übergang zu Sicherheit und Frieden zu fördern. Vor dem Hintergrund der steigenden Popularität des Konzepts untersucht das Arbeitspapier, ob die ihm zugrunde liegenden Normen und Instrumente in der Tat uneingeschränkt zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den Konfliktparteien beitragen. Im Zentrum der Analyse steht die Wirkung der normativen Eckpfeiler Gerechtigkeit und Wahrheit, sowohl in konzeptioneller als auch in praktischer Hinsicht, und es wird aufgezeigt, dass ihr Einfluss auf Nachkriegsgesellschaften durchaus ambivalent und keineswegs zwingend friedensfördernd ist. Basierend auf diesen ernüchternden Einblicken schließt das Arbeitspapier mit dem Appell, Transitional Justice als ein politisches Konzept zu betrachten und seiner Anwendung mit kritischer Achtsamkeit gegenüber zu stehen.
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