Governance ist zu einem zentralen Thema sozialwissenschaftlicher Forschung geworden. Dabei besteht Übereinstimmung, dass politische Gemeinwesen bestimmte Leistungen in den Bereichen Herrschaft, Sicherheit und Wohlfahrt erbringen sollen. In den Debatten wird aber oft „effektive Gebietsherrschaft“ als Kernelement moderner Staatlichkeit stillschweigend vorausgesetzt, und die Forschung konzentriert sich auf die OECD-Welt. In globaler sowie historischer Perspektive sind autoritative Entscheidungskompetenz und Gewaltmonopol des Staates jedoch die Ausnahme, nicht die Regel. Ein Blick auf die Länder des Südens, „zerfallen(d)e Staaten“ in den Krisenregionen der Welt oder ehemalige Kolonien bestätigt dies. Hier wird politisch gesteuert, ohne dass die vielfältigen Verfahren demokratischer und rechtsstaatlich organisierter Wohlfahrtsstaaten verfügbar wären. Der SFB 700 fragt daher nach den Bedingungen von Governance in diesen Räumen begrenzter Staatlichkeit: Wie und unter welchen Bedingungen werden Governance-Leistungen in den Bereichen Herrschaft, Sicherheit und Wohlfahrt in Räumen begrenzter Staatlichkeit erbracht, und welche Probleme entstehen dabei? Die SFB-Teilprojekte untersuchen, wie dort regiert wird und welche Probleme dabei entstehen. Dabei gehen wir davon aus, dass sich in Räumen begrenzter Staatlichkeit „neue“ Formen des Regierens herausbilden, die vorwiegend „weiche“ Steuerungsformen nutzen, auf vielfältigen Kooperationsformen zwischen staatlichen und nicht- staatlichen Akteuren basieren und durch eine Verschränkung von globalen, nationalen und lokalen Ebenen charakterisiert sind.