Die Dissertation untersucht den Schulversuch Ethik/Philosophie , der an 37 Berliner Schulen von 1994-2006 durchgeführt wurde. Erprobt wurde in den Klassen 7-10 das Konzept eines philosophisch orientierten Ethikunterrichts. Der erste Teil beschäftigt sich mit den bildungspolitischen Grundlagen und Rahmen-bedingungen des Religions- und Ethikunterrichts in der Berliner Schule. Skizziert wird das sogenannte Berliner Modell in seiner Entstehung und mit seinen zeitgeschichtlichen Hintergründen. Anschließend wird die bildungspolitische Diskussion wie sie in den letzten zehn Jahren intensiv im Bundesland Berlin zu den Möglichkeiten ethischer Grundbildung in der Schule geführt wurde zusammengefasst. Im zweiten Teil wird die Konzeption und Implementierungsstruktur des Berliner Schulversuchs Ethik/Philosophie vorgestellt. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Erprobung des Faches Ethik/Philosophie aus Sicht der am Schulversuch beteiligten Schulen. In diesem Zusammenhang wurden die Berichte der Schulen und die Befragungen der Lehrer und Schulleiter zu den Entwicklungen des Schulversuchs ausgewertet. Im vierten Teil steht der Unterricht im Schulversuch im Mittelpunkt. 45 Hospitationen bilden die Basis der unterrichtlichen Analyse. 12 ausgewählte Stundenbilder ermöglichen einen Einblick in den Unterricht. Um den Ethikunterricht fachwissenschaftlich diskutieren zu können, wird ein Beobachtungsleitfaden für die Unterrichtsanalyse entwickelt. Die sich anschließende Analyse des beobachteten Unterrichts zeigt typische Unterrichtsverläufe und methodische Probleme. Der fünfte Teil wendet sich den Schülerinnen und Schülern und ihren Erfahrungen zu, die sie mit dem neuen Fach in den einzelnen Versuchsschulen sammeln konnten. So sind einzelne Lerngruppen im Rahmen von Gruppendiskussionen befragt worden. Dabei zeigte sich, dass das Fach Ethik für die meisten Schüler große Bedeutung hat, weil es ihnen hilft, über vielfältige Fragen und Probleme des Lebens nachzudenken. Im sechsten Teil wird ein abschließendes Fazit unter Berücksichtigung aller Untersuchungs-ergebnisse gezogen. Dabei steht die Beantwortung der Frage im Mittelpunkt, ob ein philosophisch orientierter Ethikunterricht theoretisch und praktisch entfaltet werden konnte. Es kann festgestellt werden, dass in curricularer Hinsicht ein philosophisch orientierter Ethikunterricht weiterentwickelt werden konnte. Allerdings wurden erhebliche Defizite bei der praktischen Umsetzung im Unterricht festgestellt. Aus Sicht der Lehrkräfte war der Schulversuch von seinen Rahmenbedingungen her nur unzureichend ausgestattet. Eine große Zahl von Schülerinnen und Schülern hat das gemeinsame Nachdenken als neue Möglichkeit und Chance im Raum der Schule entdeckt. Ein Teil der Schüler hat jedoch die Möglichkeit genutzt und hat das freiwillige Fach abgewählt. Der Schulversuch mündet in die Einführung eines Pflichtfaches Ethik im Bundesland Berlin für alle Schülerinnen und Schüler ab Klassenstufe 7 zu Beginn des Schuljahres 2006/07.
This dissertation examines the experimental course in Ethics/Philosophy , implemented in thirty-seven Berlin schools from 1994-2006. In this trial, the concept of a philosophy-based ethics education in grades 7-10 was put to the test. The first section deals with the political and educational framework of religions and ethics education in the Berlin school. Here, the formation and contemporary historical background of the so-called Berlin Model is outlined, followed by a summary of the discussion on politics and education. The summary emphasizes the way in which the discussion led to the possibility of basic ethics education in some schools in the state of Berlin. The second section introduces the conception of the Berlin School Experiment and explains the structure of its implementation. The third section examines the subject of ethics/philosophy from the viewpoint of the schools participating in the Berlin School Experiment. The school reports and questionnaires from the teachers and school administrators are then evaluated for further developments of the School Experiment. In the fourth section, the focus is the actual execution of lessons in the School Experiment. The basis for lesson analysis was laid by forty-five observation units. Twelve selected sample lessons let us have a glimpse into the classroom. In order to discuss the ethics lessons from a scientific point of view, an observationguide for lesson analysis is developed. The concluding analyses of the observed lessons show typical lesson plans and methodical problems. The fifth section turns to the students and the experiences they had with this new subject in their individual schools. Students were interviewed in the setting of small discussion groups. In these interviews it was apparent that the new subject, ethics/philosophy, has a significant meaning for most of the students. It helps them to reflect upon and evaluate multifaceted questions and life-problems. The sixth section presents a conclusive summary of the Experiment in consideration of all examination results. Here, the answer to one question is the heart of the issue: can a philosophy-oriented ethics education be theoretically and practically developed? The author shows that, in regard to curriculum, this philosophy-oriented ethics education can be implemented; this, though, inspite of the knowledge that considerable deficits do exist concerning the practical implementation in the classroom. In the teachers view, the basic conditions of the School Experiment were provided only unsatisfactorily. A large number of students discovered that the joint reflections are a new possibility and chance for their education. Some students, however, used the opportunity and gave up their elective course. The School Experiment has led to the introduction of obligatory ethics education in the state of Berlin for all students in the 7th grade and above. This will be realized from the beginning of the 2006/7 school year.