Eines der deutlichsten Kennzeichen der Musik des 20. Jahrhunderts ist der Eklektizismus. Die Verwendung von Musikarten und -stilen jedweder Richtung hat ihren Ursprung zwar in der Kunstmusik des 19. Jahrhunderts - und wurde etwa von Claude Debussy, Igor Strawinsky, Paul Hindemith und zahlreichen anderen Komponisten in einigen ihrer Werke umgesetzt -, doch machten sich im Laufe des 20. Jahrhunderts auch Jazz- und Rockmusiker unter anderem Kompositionen der traditionellen Kunstmusik zunutze. Die vorliegende Arbeit zeichnet diese Strömung innerhalb der Rockmusik - die unter den Bezeichnungen Baroque Rock, Classical Rock oder Klassikrock bekannt ist - zunächst chronologisch von etwa 1965 bis 1980 nach und erläutert nach einer ausführlichen theoretischen Begriffsklärung anhand zahlreicher ausgewählter Beispiele etwa der Rock-Bands The Nice, Emerson, Lake and Palmer und The New York Rock and Roll Ensemble die Faktur der Zitate, Arrangements und Bearbeitungen. Es zeigt, sich, dass die stillschweigend gesetzte Prämisse der Verwendung von vorhandener Kunstmusik - nämlich dass dem Hörer das Zitat, seine Herkunft und seine Bedeutung in seinem ureigenen Umfeld, bekannt sein sollte -, keineswegs erfüllt sein muß: der jeweilige "unkundige" Rock-Hörer erlebt diese Musik komplett als Rockmusik. Es gibt daneben, über das tatsächliche Zitieren, über das Stilzitat oder entsprechende Instrumentierung hinaus aber auch weitere Berührungspunkte von Rockmusik und Kunstmusik. Dabei handelt es sich einerseits um Kompositionstechniken - wie etwa das "Chaconne-Modell" oder das Fugato -, andererseits um Paraphrasen, für die beispielsweise Musik von Johann Sebastian Bach (Aria der Suite in D) bis Gustav Holst (The Planets) als Vorbild gesehen wurde. Aber auch andere Elemente der europäischen klassisch-romantischen Bildungstradition entfalten Wirkung in der Rockmusik. So sind besondere Kapitel dem Progressive oder Symphonic Rock in der Nachfolge britischer Komponisten des 20. Jahrhunderts, der Frage, ob es Kontrapunkt in der Rockmusik gibt, der Notation von Rockmusik, der Rock-Avantgarde sowie der Benennung von Bands und Songs gewidmet. Die Diskographie enthält neben einigen Aufnahmen aus dem Jazz umfassend vor allem die Rock-Schallplatten, auf denen Zitate, Arrangements oder Bearbeitungen von traditioneller europäischer Kunstmusik zu finden sind; neben der jeweiligen Vorlage wird auch, so weit möglich, der jeweilige Bearbeiter genannt. Einige Biographien von Einzelmusikern und Bands, die in Bezug auf das Thema von Bedeutung sind, sind ebenfalls Bestandteil der Arbeit.
In rock and roll music there are numerous quotations, adaptions and arrangements of music by Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Modest Mussorgski and numerous other composers. This thesis tries to detect the reasons of this strange kind of rock and roll. Some of the roots of this music lie in the traditional european music, so in some compositions by Claude Debussy, Igor Stravinsky and Paul Hindemith, other in jazz music by Jean Wiéner, Django Reinhardt and Benny Goodman. After World War two it was especially the Modern Jazz Quartet and the french pianist Jacques Loussier (Play Bach), which arranged compositions by Johann Sebastian Bach and transferred it to Jazz - not to the amusement of the critics. This kind of transfer in rock and roll began round the year 1965 in some songs by The Beatles, especially In My Life and Yesterday, of course. Procol Harum, another british band of this time, paraphraded the Aria, part of the ouverture in D by J.S. Bach. Numerous Quotations of compositions by Bach, Peter I. Tchaikovsky, Jean Sibelius and other composers you can find in the work of british group The Nice, but also in the music of Jethro Tull, Fever Tree, Lake, Frumpy, The New York Rock and Roll Ensemble and Emerson, Lake and Palmer. Examples of this music are given in analysis, transcription and audio. On the other hand you will find many different elements of classical musical education like counterpoint, notation or the names, given to bands and songs, too. Some biographies and an extensive discography close the thesis.