Unberechtigterweise ist die Erforschung der Emigration in die Türkei in den letzten 20 Jahren unterbewertet gewesen, denn die Türkei hat nicht nur einen qualitativ beachtlichen Teil der vertriebenen Wissenschaftler in den 30er Jahren aufgenommen, an ihr lassen sich auch die ganz spezifischen Verhältnisse eines Landes an der Schwelle zur westlichen Moderne studieren. Die widersprüchliche türkische Politik dieser Zeit gehört zu den Rahmenbedingungen der Beschäftigung mit diesem Thema. Indem die kemalistische Führung des Landes die Emigranten teilweise als "akademische Entwicklungshelfer" einsetzte, kam es nach 1933 zu einer mehr oder weniger geplanten Kultursynthese. Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit den Auswirkungen und der Dauer dieser Synthese. Außer der Darstellung der Geschichte der deutschen Emigration in der Türkei, ist sie eine Abhandlung über Modernisierungsstrategien, die Instrumentalisierung der Wissenschaft und Wissenschaftlern, die Repression von Intellektuellen, aber auch über die deutsch-türkischen Beziehungen des 20. Jahrhunderts. Nach einer Beschreibung des Aufbaus, der Arbeitsweise und der Begriffsklärung, beschäftigt sich die Dissertation mit historisch-politischen Zusammenhängen unter dem Aspekt der deutsch-türkischen Beziehungen dieser Zeit. Das dritte Kapitel beschreibt Wissenschaftsdisziplinen, die von emigrierten Deutschen in der Türkei auf- oder ausgebaut wurden. Vertreter einzelner Fächer, ihr Wirkungskreis und Werdegang, auch nach ihrer späteren Rückkehr in die Bundesrepublik, werden dargestellt. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit 4 ausgewählten, sehr unterschiedlichen Personen. Anhand ihrer Karrieremuster, Disziplingeschichten und persönlichen Erfahrungen wird eine politisch brisante und widersprüchliche Phase untersucht. Das vorletzte Kapitel erwähnt die namenlosen und unterprivilegierten Flüchtlinge: allen voran Juden aus dem Balkan. Das Schlußkapitel stellt die Frage, ob Modernisierung tatsächlich das Ende der Repression bedeutet. Die Beschäftigung mit der Geschichte der Türkei ist gerade hier von Tabuisierung mitbestimmt. Will man jedoch aus der Geschichte lernen, sind auch Fragen zur Kontinuität der Repression und zu Disharmonien aufzuklären. Es gibt in jedem System einen neuralgischen Punkt, der bei Berührung Kontraktion und Implosion hervorruft.
Without justification the study of the emigration into Turkey was underestimated in the last 20 years, because Turkey took up not only a qualitatively considerable part of the refugees scientists in the 30's. but at it can also be studied the completely specific conditions of a country at the threshold to the western modern trend. The contradictory Turkish policy of this time belongs to the basic conditions of the occupation with this topic. As the kemalistic guidance of the country used the emigrants partly than "academic development aids", it came after 1933 to a more or less planned culture synthesis. The available thesis concerns itself with the effects and the duration of this synthesis. Except the representation of the history of the German emigration in Turkey, it is a paper over modernization strategies, the instrumentalization of the science and scientists, the repression of intellectual ones, in addition, over the German-Turkish relations of the 20. Century. After a description of the structure, the mode of operation and the term clarifying, the thesis concerns itself with historical-political connections under the aspect of the German-Turkish relations of this time. The third section describes science disciplines, which were brought up or were developed by emigrated Germans in Turkey. Representatives of special sciences , their sphere of activity and career/development, also after their later return to the Federal Republic, are explained. The fourth section is occupied with 4 selected, very different persons. On the basis of their career samples, discipline stories and personal experiences a politically explosive and contradictory phase is examined. The last but one section mentions the nameless and underprivileged refugees: everything in front Jew from the Balkans. The conclusion section asks the question whether modernization actually means the end of the repression. The occupation with the history of Turkey is here contributed of taboos even. If one wants to learn however from history, also questions are to be cleared up for the continuity of the repression and to discords. There is a neuralgic point in each system, which causes contraction and implosion during contact in each system. I see my work in this connection as a beginning.