Mittels einer direkten Befragung von 300 Hundehaltern in Berlin und Brandenburg, im Jahr 2001, wurden empirische Daten über das Verhalten der Hundehalter und deren Hunde erhoben. Aus den codierten Antworten des Fragebogens wurde ein Score für drei Leinenklassen entwickelt. Mittels dieser Leinenklassen („wenig eingeschränkt“, „häufig eingeschränkt“ und „stark eingeschränkt“) wurden die Hunde je nach Ein-schränkung durch die Hundeleine und nach sozialen Kontakten kategorisiert. Die Lei-nenklassen wurden innerhalb der erhobenen Parametern untersucht. Daraus resultie-rend wurden Unterschiede festgestellt, teilweise auch signifikant, inwieweit Hundehalter und deren Hunde unter den drei Leinenklassen abweichende Verhaltensweisen auf-wiesen. So ergab sich im Hinblick auf die Hundehalter, dass Berliner Halter ihre Hunde seltener stark einschränkten als die Potsdamer und die in ländlicher Umgebung lebenden Bran-denburger. Die Halter kleinerer Hunde (<40 cm) führten ihre Tiere öfter „häufig und stark eingeschränkt“ als die Halter größerer Hunde (>40 cm). Das Durchschnittsalter der Hundehalter bei den kleineren Hunden, die „häufig und stark eingeschränkt“ geführt wurden, lag höher. Weibliche Halter führten ihre Tiere eher „wenig eingeschränkt“, während die Hunde der Leinenklassen „häufig und stark eingeschränkt“ eher männliche Halter hatten. Die Halter kastrierter Rüden und kastrierter Hündinnen führten ihre Tiere relativ weniger „stark eingeschränkt“ als die Halter der unkastrierten Rüden und Hündinnen. Ebenso wurden Hunde, die ein Gehorsamkeitstraining erfahren hatten, eher „wenig eingeschränkt“ geführt als die Hunde ohne Training. Die Halter der „häufig und stark eingeschränkten“ Hunde griffen auch eher zu aversiven Strafmethoden (z.B. Nacken-schütteln und Schlagen) als die weniger einschränkenden Halter. Ähnliche Zusammenhänge ließen sich bei der Betrachtung der Zeitspanne, in der die Hunde allein gelassen wurden, erkennen: Hunde, die täglich mehr als vier Stunden allein gelassen wurden, wurden überproportional stärker eingeschränkt geführt als die Hunde der anderen Leinenklassen. Je länger die tägliche Spazierzeit im Durchschnitt war, desto weniger wurden die Hunde eingeschränkt geführt. Hunde die bei Unterneh-mungen eher nicht mitgenommen wurden, fanden sich auch überproportional häufig in der Leinenklasse „stark eingeschränkt“. Stärker im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage, welche Zusammenhänge zwischen Leinenklassen-Zugehörigkeit und Hundeverhalten, mit und ohne Leine, fest-stellbar sind. Auch hier zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen Hunden der Lei-nenklassen „stark eingeschränkt“ und „wenig eingeschränkt“. So trat territorial bedingte Aggression relativ häufiger bei den stark eingeschränkten Hunden auf, z.B. wenn der Hundehalter versuchte ihnen das Futter wegzunehmen, bzw. wenn Menschen zu Hause auf Besuch kamen. Hunde, die der Leinenklasse „stark eingeschränkt“ zugeordnet waren, zeigten relativ häufiger drohendes Verhalten (z.B. mit Knurren und Bellen) gegenüber Artgenossen im angeleinten Zustand wie auch freilaufend, und es kam häufiger zu Raufereien bzw. Beißereien mit Artgenossen gleichen Geschlechts als bei den weniger eingeschränkt geführten Hunden. Hunde, die „wenig eingeschränkt“ geführt wurden, liefen freundli-cher auf Artgenossen zu als Hunde, die „stark eingeschränkt“ geführt wurden. „Häufig und stark eingeschränkt“ geführte Hunde zeigten in Auslaufgebieten öfter „übertragenes Jagdverhalten“ sowie Angst vor Kindern, wenn diese Hunde freilaufend waren. Dagegen war bei den „wenig eingeschränkten“ Hunden relativ häufiger Angst vor bestimmten Dingen feststellbar. Das Anbellen von Menschen auf Spaziergängen fand häufiger bei Hunden, die ange-leint waren, als bei unangeleinten Hunden statt. Versuchten Personen mit dem Hund Kontakt aufzunehmen, so knurrten Hunde häufiger Menschen an, wenn sie angeleint waren, als wenn sie freilaufend waren. Verhielten sich die Personen auffällig, so knurr-ten angeleinte Hunde häufiger als freilaufende Hunde. Diese Untersuchungsergebnisse legen die Wertung nahe, dass Hunde der Leinenklasse „wenig eingeschränkt“ seltener gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten zeigen als die Hunde, die den anderen Leinenklassen zuzuordnen sind. (Dem scheint der Befund zu widersprechen, dass an 16 genannten Beißvorfällen gegenüber Menschen auf Spa-ziergängen 11 Hunde der Leinenklasse „wenig eingeschränkt“ beteiligt waren. Inwieweit hier ein auf Grund unzureichenden Zahlenmaterials nicht verallgemeinerbares Zu-fallsergebnis vorliegt, musste offen bleiben.) Auch das Verhalten der Hundehalter spielte eine nicht unerhebliche Rolle. Hundehalter, die ihre Hunde weniger einschränkten, beeinflussten ihre Tiere auf den Spaziergängen auch weniger bei deren Sozialkontakten, so dass sie diesen artgemäßer nachgehen konnten und innerartlich unbeeinflusster agieren konnten. So zogen diese ihre Hunde bei Sozialkontakten auch seltener an der Leine zurück. Bei der Erziehung wandte der Halter der „wenig eingeschränkten“ Hunde eher als Bestrafungsmethode das Ignorieren an. Dagegen hatten die Hunde, die überwiegend „stark eingeschränkt“ geführt wurden, weniger Sozialkontakte mit Artgenossen. Diese Hunde waren häufiger mehr als vier Stunden täglich allein und wurden darüber hinaus auch noch weniger spazieren geführt als die Hunde der Leinenklasse „wenig eingeschränkt“. Die Halter hatten mit ihren Hunden weniger Gehorsamkeitstrainings durchgeführt. Die Hunde zeigten häufiger aggressive Verhaltensweisen als die weniger eingeschränkten Hunde, insbesondere wenn sie an der Leine geführt werden. Insgesamt ergibt sich, dass aggressive Verhaltensweisen von Hunden nicht nur von der Leinenführung abhängig sind. Das Verhalten der Hundehalter gegenüber ihren Tieren, die Sozialkontakte der Hunde und auch die Möglichkeiten, Hunde frei laufen zu lassen, beeinflussen insgesamt das Verhalten der Hunde. Insofern muss vermehrt über die Öffnung von mehr und besser verteilten Freilaufflächen im Stadtgebiet nachgedacht werden. Auch die generelle Leinenpflicht wird durch die vorliegenden Untersu-chungsergebnisse in Ergänzung der bisherigen Kritik zusätzlich in Frage gestellt; denn sie allein reduziert nicht die problematischen Vorfälle mit Hunden (Allein 7 der 16 von dieser Untersuchung erfassten Beißvorfälle gegenüber Menschen auf Spaziergängen, ereigneten sich an der Leine!)
Empirical data about the behaviour of 300 dogs and their owners were collected in 2001 by interviewing dog owners. A score for three leash classes was developed from the coded answers of the questionnaire. Using these leash classes ("less restricted", "fre-quently restricted" and "heavily restricted") the dogs were categorized according to the degree of restriction and social contact. The leash classes were related to the data collected. The results showed tendencies, some of which were significant, which related to the extent to which dog owners and their dogs exhibited behaviour which deviated among the three leash classes. It was shown that Berlin dog owners restrict their dogs less than those in Potsdam and in the rural areas of Brandenburg. The smaller dogs (< 40 cm) were more often "frequently restricted" and "heavily restricted" by their owners than bigger dogs (>40 cm). The average age of dog owners was higher for dogs which were smaller and were frequently and heavily restricted. Female dog owners tended to be less restrictive with their dogs while the male owners were "frequently restrictive" and "heavily restrictive." The owners of castrated male and female dogs tended to be less "frequently restricted" than the owners of dogs which had not been castrated. Dogs tended to be "less restricted" if they had gone through an obedience training than the dogs without this training. The owners of dogs which were "frequently restricted" and "heavily restricted" were more inclined to use aversive methods of punishments (hitting the dog and shaking his neck) than the owners of dogs which were "less restricted." Similar correlations can be found in relation to the time which dogs were left alone: Dogs which were left alone for more than four hours a day were disproportionately more "heavily restricted" than other dogs. The longer dog owners walked their dogs every day, the less the dogs were restricted. Dogs which were not taken along when their owners went out were disproportionately more frequently in the leash class "heavily restricted”. An important aspect of the research was the question as to what relationship could be established between leash classes and behaviour, with and without the leash. Here too significant differences could be found between dogs of the leash class "less restricted" and "heavily restricted". Aggression related to a dog's territory occurred more frequently among the "heavily restricted" dogs when, for example, the dog owner tried to take away his food or when people visited the owner. Dogs in the leash class "heavily restricted" showed threatening behaviour more frequently (growling, barking) towards other dogs both when they were on the leash and when they could run freely. There were more instances of fights and biting among "heavily restricted" dogs of the same sex than with those which were "less restricted". Dogs which were "less restricted" were friendlier towards other dogs than those which were "heavily restricted." "Frequently and heavily restricted" dogs more often showed "transferred hunting behaviour" and fear of children when they could run freely without a leash. In contrast to this the dogs which were "less restricted" were more often afraid of certain things. Dogs which were on the leash barked at people more frequently during walks than those which were not on a leash. Dogs growled at people who wanted to establish contact with them more often if they were on a leash than if they were not. Dogs also growled at people who showed unusual behaviour more frequently when they were on a leash than dogs who could run around. The results of this research indicate that dogs which are "less restricted" show socially undesirable behaviour less frequently than dogs of the other leash classes. (The fact that 11 of 16 of the dogs involved in an incident of biting people during walks were in the leash class "less restricted" would seem to contradict this finding. It remains unclear as to whether this finding was the result of an insufficient number of cases which were investigated). The behaviour of the dog owners plays a considerable role. Owners who restrict their dogs less during walks also influence their animals less in their social contacts, so that they can respond to other dogs in a way natural to their species. These dog owners put their dogs back on the leash less often when they came into contact with other dogs. The owners of the "less restricted" dogs tended to punish their dogs by ignoring them. In contrast to this, the dogs which were mostly "heavily restricted" had less social contact with other dogs. These dogs were often alone for more than four hours a day and were taken for walks less often than dogs of the leash class "less restricted." The owners gave their dogs less obedience training. The dogs showed aggressive behaviour more often than the "less restricted" dogs, particularly when they were put on a leash. It was shown that aggressive behaviour of dogs does not only depend on whether it is on a leash. The behaviour of the owners towards their dogs, the social contacts of the dogs and the possibility to run around without a leash influence the behaviour of dogs. Therefore the opening of more areas where dogs can run around in the city should be considered. In addition the necessity of laws which require dog owners to keep their dog on a leash is not supported by this research. This restriction alone does not reduce the number of cases where dogs create problems (Dogs were on a leash in 7 of the 16 cases where dogs have bitten people during walks.)