Der zeitnahe Ausbau der Stromübertragungsnetze und ein optimierter Betrieb der Netze sind Bedingungen für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und die Fortentwicklung eines europäischen Energiebinnenmarktes. Wie jedoch vermieden werden kann, dass das Stromnetz zum „Flaschenhals der Energiewende“ wird, wird kontrovers diskutiert. Vor diesem Hintergrund befasst sich diese Arbeit mit der politischen Diskussion um eine einheitliche Übertragungsnetzgesellschaft in Deutschland im Zeitraum von Januar 2007 bis Oktober 2009. Hauptbestandteile des Konzeptes „Netz AG“ sind die Zusammenführung des Netzbetriebs in einer Regelzone unter einem Netzbetreiber sowie die Zusammenführung des Eigentums der bisherigen Netzgesellschaften in eine neue Gesellschaft. Von einer „Netz AG“ versprechen sich ihre Befürworter Synergieeffekte und damit Kostensenkungen, eine optimierte Netzausbauplanung und transparente Netznutzungsbedingungen. Bisher ist eine derartige Gesellschaft jedoch nicht zu Stande gekommen. Ziel der Arbeit ist es, zu erklären, welche Interessen und politischen Prozesse dazu beitrugen, dass die Idee einer deutschen ‘Netz AG’ bisher nicht verwirklicht wurde. Zur Beantwortung der Frage werden die Interessen der Akteure in Bezug auf die zukünftige Struktur der Übertragungsnetze erfasst und analysiert, welchen Einfluss diese auf Entscheidungen auf Bundesebene hatten. Zentraler Ausgangspunkt ist die Untersuchung, wie das Thema ‘Netz AG’ auf die Agenda rückte. Die Arbeit schildert einleitend die Entstehung der Diskussion vor dem Hintergrund der Liberalisierung der Stromnetze, erläutert die zentralen Argumente der Befürworter und Gegner sowie die diskutierten Ausgestaltungsoptionen einer Netz AG. Einer detaillierten Darstellung der Interessen der involvierten Akteure (Bundesministerien, politische Parteien, Übertragungsnetzbetreiber etc.) folgt die chronologische Analyse der Politikprozesse auf Bundesebene im Untersuchungszeitraum und die Erarbeitung von Faktoren, die Entscheidungen bedingten und die Schaffung einer ‘Netz AG’ bisher verhinderten. Insgesamt ergibt die Analyse, dass die unsichere und umstrittene Informations- und Problemlage, das Streben nach einer Konsenslösung sowie der Entscheidungsdruck auf die Regierung dazu beitrugen, dass eine ‘Netz AG’ bisher nicht zu Stande kam.