Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Einfluss der oralen Zufuhr von Milch und unterschiedlich zusammengesetzten Elektrolyttränken auf den intraluminalen pH-Wert und der Elektrolytkonzentrationen im Labmagen zu untersuchen. Gleichzeitig sollten die Auswirkungen der verabreichten Diättränken auf die Parameter des systemischen Säuren-Basen-Status (SBS) im Blut ermittelt werden. Dazu wurde bei acht Kälbern im Alter von 19-38 Tagen eine Plastkanüle in den Labmagen operativ eingesetzt. Nach der Tränkung der Kälber mit Milch bzw. Elektrolyttränke wurden in den über die Kanüle entnommenen Labmageningesta der intraluminale pH-Wert, die Fläche unter der pH-Wertkurve (AUC) sowie die [SID3] bestimmt. Zur Beurteilung des systemischen SBS wurden unmittelbar vor jeder Tränkung und 2 h postprandial (pp) im arteriellen sowie venösen Blut die traditionellen Henderson-Hasselbalch- Parameter und die Variablen des aktuelleren Stewart-Modells erfasst. Im Anschluss an die Milchfütterung stieg der intraabomasale pH-Wert von 2,00 ± 0,44 (nüchtern) innerhalb von 30 min auf Werte bis 4,70 ± 0,41 an und sank innerhalb von 4 h postprandial kontinuierlich wieder auf pH=2,43 ± 0,37 ab. Die Fläche unter der pH-Wertkurve (AUC) für die Milchtränke betrug 912 ± 75. Die in Milch zubereiteten bikarbonatfreien Diättränken A und B führten nach ihrer Verabreichung an die Kälber zu signifikant basischeren Auslenkungen des pH-Wertes in den Labmageningesta. Dabei wurde bei Diättränke A ein pH-Anstieg von 1,93 ± 0,22 auf 5,64 ± 0,23 festgestellt (AUC=1166 ± 17), die Diättränke B verursachte nach ihrer Fütterung eine maximale pH-Auslenkung von 2,12 ± 0,57 (nüchtern) auf 5,34 ± 0,31 (AUC=1108 ± 89). Die in Wasser hergestellten bikarbonathaltigen Diättränken führten postprandial zu den transient stärksten Anstiegen des Labmagen-pH auf Werte bis 6,58 ± 0,30 (Tränke C), 6,80 ± 0,30 (Tränke D) und 6,71 ± 0,17 (Tränke E). Auch das Gemisch aus gleichen Teilen Milch und Diättränke C bzw. D verursachte gegenüber der Milchtränke transient höhere pH-Auslenkungen auf 6,22 ± 0,19 (C-1) und 6,22 ± 0,29 (D-1). Die AUC- Werte unterschieden sich mit 1118 ± 45 (Tränke C), 1159 ± 120 (Tränke D), 1117 ± 90 (Tränke E) sowie 1127 ± 45 (Tränke C-1) und 1062 ± 138 (Tränke D-1) signifikant von den Befunden nach Milchtränke, jedoch nicht von den Resultaten nach Verabreichung der bikarbonatfreien Diättränken. Im Nüchternzustand der Kälber wies der stark saure Labmageninhalt mit -61 bzw. -68 mmol/l negative, d. h. saure Werte für [SID3] auf. Nach der Milchtränke verringerten sich die negativen Befunde im Zeitraum von 1-2 Stunden in Richtung Null. Der Zusatz einer Elektrolyttränke ohne Bikarbonat (Tränke B) zur Milch führte nach der Tränkung zur Zunahme der [SID3] in den Labmageningesta bis in den positiven Bereich. Diese [SID3]-Befunde sind beachtenswert, da bisher keine vergleichbaren Ergebnisse in der Literatur vorliegen. Systemisch betrachtet waren zum Zeitpunkt 2 h postprandial nach der Verabreichung der verschiedenen Tränken geringe, teilweise signifikante basische Reaktionen im arteriellen und gleichermaßen im venösen Blut der Kälber nachweisbar. Für die Befunde des PCO2 ergaben sich keine von den unterschiedlichen Fütterungen abhängigen Veränderungen. Zusammen mit dem Anstieg der Henderson-Hasselbalch-Parameter pH, [HCO3-] und [BE] kam es auch zu nachweisbaren, teilweise signifikant angestiegenen Werten für die Stewart-Variable [SID3] (bei allen Elektrolyttränken) und zu einem verringerten [Atot] (bei Diättränken B, D, E, C-1 und D-1) im Blut der Kälber. Die zeitgleich zwar gering, oft jedoch signifikant aufgetretenen Anstiege für [HCO3-], [BE] und [SID3] sowie abfallende Befunde für [Atot] sind Ausdruck einer metabolisch bedingten alkalischen Veränderung im Blut. Die postprandial im Blut der Kälber festgestellte basische Flut war nach Gabe der bikarbonathaltigen Diättränken relativ am deutlichsten ausgeprägt. Die postprandialen intraabomasalen pH- Werte der in Wasser gelösten Diättränken kehren im Vergleich zur Fütterung von Milch schneller zu ihren Ausgangsbefunden zurück. Offenbar führt dieser zügige pH-Abfall zu einer verkürzten Transitzeit von Elektrolyttränken gegenüber der Milchtränke im Labmagen gesunder Kälber. Daher erreichen die Elektrolytlösungen, die in Wasser gelöst wurden, im Vergleich zur Milch zeitlich früher den Dünndarm als Ort ihrer Absorption.
The aim of this study was to test the effect of suckling milk or different oral electrolyte solutions on abomasal luminal pH and the electrolyte concentration in abomasum of calves. Simultaneously the effect of the administered solutions on the acid-base-parameters of blood was determined. Eight healthy calves aged 19-38 days were surgically instrumented with an abomasal body cannula. Samples of abomasal content were obtained via the cannula before and after feeding. Abomasal luminal pH was monitored continuously every 15 minutes for four hours. The area under the pH/time-curve (AUC) and the strong ion difference (SID) were also determined. Pre-prandial and 2 hours postprandial, an arterial and venous blood samples were taken for the estimation of the acid-base-status using the Henderson-Hasselbalch- parameters and the Stewart-Variables. Milk feeding caused an increase of the abomasal luminal pre-prandial pH (mean ± SD) from a basal value of 2,00 ± 0,44 to a peak value of 4,70 ± 0,41 thirty minutes after feeding and a subsequent decrease to 2,43 ± 0,37 (four hours postprandial). The area under the pH/time- curve of milk feeding was 912 ± 75. Feeding electrolyte solutions A and B lacking bicarbonate mixed with milk resulted in a significantly higher alkaline pH of the abomasal fluid. Electrolyte solution A induced an increase of abomasal pH (mean ± SD) from 1,93 ± 0,22 to 5,64 ± 0,23 (AUC=1166 ± 17), OES B caused an increase of pH (mean ± SD) from 2,12 ± 0,57 (fasting) to 5,34 ± 0,31 (AUC=1108 ± 89). After feeding containing bicarbonate electrolyte solutions mixed with water, the abomasal luminal pH showed the largest transient pH-increase (mean ± SD) to 6,58 ± 0,30 (OES C), 6,80 ± 0,30 (OES D) and 6,71 ± 0,17 (OES E). In comparison with milk feeding the mixture of equal parts of milk and OES C and D caused a higher transient pH-value (mean ± SD) of 6,22 ± 0,19 (C-1) and 6,22 ± 0,29 (D-1). The AUC-Values of 1118 ± 45 (OES C), 1159 ± 120 (OES D), 1117 ± 90 (OES E) as well as 1127 ± 45 (OES C-1) and 1062 ± 138 (OES D-1) differed significantly from milk. There were no significant differences between OES with or without bicarbonate. Strong acid abomasal content in fasting calves has [SID3] acid values of -61 and -68 mmol/l. After ingestion milk the low [SID3]-values decreased towards 0 over 1-2 hours. Milk with oral electrolyte solution without bicarbonate induced an increase of the abomasal luminal [SID3] into the positive range. Comparable values in the literature are lacking. Both milk and electrolyte solution caused a partially significant alkaline reaction in arterial and venous blood samples of calves. PCO2 did not change. In conjunction with the increase of Henderson-Hasselbalch-parameters, pH, [HCO3-] and [BE] there was partially significant evidence for increased values of the Stewart-Variable [SID3] (all OES) as well as decreased [Atot] (OES B, D, E, C-1 and D-1) in blood samples of calves. The simultaneous increase of [HCO3-], [BE] and [SID3] and the decrease of [Atot] were small but significant. These alkaline reactions in blood were caused by the alkaline metabolic changes. The postprandial alkaline tide in venous and arterial blood of calves was significantly higher in the group fed electrolyte solution containing bicarbonate. The postprandial abomasal luminal pH-values measured after feeding electrolyte solution mixed in water, returned faster to their basic pH-values compared to milk-feeding. This efficient decrease of pH induced a shorter transit time of electrolyte solution in abomasum of calves than milk feeding. Oral electrolyte solution mixed in water reach the small intestine, the place for absorption, earlier than feeding milk.