Der hier vorgeschlagene Ansatz zu einer pragmatischen Theorie des Fernsehens untersucht die im Fernsehen verwendeten Strategien, die Beziehungen zum Zuschauer herstellen sollen. Dabei wird systematisch der Fernsehtext als Ausgangspunkt genommen, in der Annahme, daß die gegebenen Verfahren der Bezugnahme auf die Zuschauer zu analysieren sind, ehe nach der empirischen Praxis des Gebrauchs der Texte gefragt werden kann.
Um eine Analyse solcher Verfahren zu ermöglichen, ist der Status der in den Fernsehtexten auftretenden Personen zu klären. Hierfür wird auf das Konzept der persona zurückgegriffen, die Züge der `Person´ und der `Figur´ aufweist. Mit Hilfe dieses Konzepts ist es möglich, die scheinbar interpersonellen Beziehungen zwischen performer und Zuschauer zu verstehen. Gleichzeitig kann mit dem Modell der persona die auktoriale Funktion von Fernsehperformern innerhalb ,,ihrer" Texte beschrieben werden.
Die Verfahren der Bezugnahme von Texten auf Zuschauer werden heuristisch in drei Klassen unterteilt:
1\. Zuweisung einer Zuschauerposition ,,im" Text. Hier wird ein Konzept impliziter Zuschauer vorgeschlagen, das in der Literatur- und Filmtheorie verbreitete Modelle präzisiert und für die Fernsehwissenschaft nutzbar macht. Neben Phänomenen wie dem Live-Charakter des Fernsehens oder der stellvertretenden Funktion des Studiopublikums wird dabei eine bisher unbeachtete Strategie des Fernsehens in den Blick genommen: Die Zuweisung einer auktorialen Rolle an den Zuschauer.
2\. Adressierung `Adressiertheit´ wird häufig als triviale Eigenschaft aller Texte aufgefaßt. Dagegen ist zu betonen, daß Adressierung eines der vielseitigsten Verfahren darstellt, die den Fernsehtexten bei ihrer Aufgabe zur Verfügung steht, den Zuschauer in das kommunikative Geschehen einzubeziehen. Adressierungen versuchen den Zuschauer auf einen Status als Teilnehmer an der Fernsehkommunikation festzulegen und damit einen kommunikativen Kontrakt mit ihm zu schließen.
3\. Herstellung einer gemeinsamen Kommunikationssituation. Situationstheoretische Überlegungen sind innerhalb der Fernsehwissenschaft bisher rar. Hier wird mit der Dichotomie `profilmisch´/`afilmisch´ sowie dem Konzept des Rahmens ein Instrumentarium für eine Situationstheorie des Fernsehens zur Verfügung gestellt, das es erlaubt, die Konstruktion und die Repräsentation von Situationen zu untersuchen.
This dissertation is suggesting a new approach for a pragmatic theory of television. It concentrates on a systematic description of specific text strategies with the function of building a relation between text and audience. It is assumed that a better understanding of these strategies will be helpful for further empirical research.
Firstly it is necessary to clarify the status of the performers. The reference to the concept of ´persona´, which has the features of a ´person` and a ´character´, makes this tangible. It enables to understand the phenomenon of the seemingly interpersonal relationships between performer and audience. At the same time the ´persona concept´ enables to describe the auctorial function of TV performers within their (own) texts.
The textual procedures of reference to the audience are divided heuristically into three categories:
1\. Assigning a position for the audience ´inside´ the text. Withdrawn from Literature and Film Studies, the concept of an implied spectator is specified and utilized for Television Studies. Besides the phenomenon of live characteristic and the substitute characteristic of the studio audience, an up to this time ignored strategy of television is focussed: The assignment of an auctorial function to the spectator.
2\. Addressing the audience. Addressing strategies are often seen as trivial features of texts. But it is important to stress the multitude devices of how television operates in engaging the audience into communicative situations. These strategies are putting the spectator into the position of a ratified participant of the interaction and they are creating a communicative contract with him.
3\. Creating a joint communicative situation. Up to this point reflections about the theory of situations are rare in Television Studies. This approach offers an instrument for further studies in this direction. With the dichotomy of ´profilmique - afilmique´ as well as the concept of frame this dissertation enables to study the construction and representation of situations in television texts.