Die Pfadabhängigkeitstheorie hat seit ihrer Entwicklung eine immense Erweiterung ihres Anwendungsgebietes erfahren. Mitte der 80er Jahre noch zur Erklärung von Sonderphänomenen in der neoklassischen Ökonomie erfunden, hat sich die Theorie inzwischen zu einem über die Wirtschaftswissenschaften hinausgehenden Ansatz zur Erklärung der Dialektik von Kontinuität und Wandel auch in der Zukunftsforschung etabliert. Dabei ist jedoch die konzeptionelle Weiterentwicklung der Theorie zu großen Teilen auf der Strecke geblieben – die Differenziertheit der Theorie wird ihren komplexen Anwendungsgebieten nicht gerecht. Auch ist keine klare Linie zu erkennen, dass sich spätere Autor*Innen auf frühere beziehen und deren Beiträge und Kritik nutzen. Diese Arbeit ist der Versuch einer Aufarbeitung. Dafür werden die Beiträge der deutschsprachigen Diskussion zur Theorie gesichtet, geordnet und kritisiert, um anschließend einen eigenen Beitrag anzuschließen. In Anlehnung an Jürgen Beyer, der in seiner Publikation „Pfadabhängigkeit ist nicht gleich Pfadabhängigkeit!“ vorschlägt, die stabilitätssichernden Effekte der Theorie zu differenzieren, wird vorgeschlagen, auch die Pfade und deren Pfadzusammenhänge zu differenzieren. Dafür wird das Vokabular von drei weiteren Konzepten fruchtbar gemacht, die sich mit Wandel auseinandersetzen: die Causal Layered Analysis von Sohail Inayatullah, die Multi-Level-Perspective nach Frank Geels und die longue durée von Fernand Braudel. Die Arbeit schließt mit ersten Anwendungsexperimenten der neu sortierten und differenzierten Pfadabhängigkeitstheorie.