In diesem Working Paper argumentiere ich, dass die Art und Weise, wie Gemeinschaften Strategien der Auseinandersetzung ausüben, durch das vermittelt werden, was ich als „Vorstellungen über den Untergrund“ bezeichne: Wie Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften sich den Untergrund und dessen Gewinnung vorstellen und diesen Bedeutung zuschreiben. Ich nähere mich dem Untergrund als einem Ort, an dem und durch den die Strategien der Auseinandersetzung Gestalt und Inhalt annehmen sowie gleichzeitig als Ressource, die durch solche (politischen) diskursiven und praktischen Aktivitäten produziert wird. Dabei untersucht dieser Artikel Strategien der Auseinandersetzung als eine Aushandlung von Rechten zwischen politischen Subjekten und dem Staat, welche durch Vorstellungen über den Untergrund vermittelt wird. Strategien der Auseinandersetzung werden auf zwei Arten durch Vorstellungen über den Untergrund vermittelt: Erstens sind Konflikte und Auseinandersetzungen um Ressourcen oft in unterschiedlichen Ideen und Vorstellungen von Ressourcennutzung und dem Untergrund verankert. Natürlichen Ressourcen können als indigenes Territorium, als Teil der Lebensgrundlage, in Bezug auf Biodiversität sowie als Kombination davon Bedeutungen zugeschrieben werden. Solche Bedeutungen stehen im Widerspruch zu den monetären Wertzuschreibungen, auf denen die meisten Rohstoffprojekte basieren. Zweitens verursachen Rohstoffprojekte Konflikte über die Verteilung sowie über Anerkennung und Teilhabe. Dabei geht es nicht nur um die ökologischen Folgen der Untergrundgewinnung, sondern auch - wenn nicht sogar in erster Linie - um Macht, Demokratie und Staatsbürgerschaft. Diese Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit werden, wie ich zeigen werde, auch durch Vorstellungen über den Untergrund geformt. Der Artikel stützt sich dabei auf Forschung zu Widerstand, Staatsbürgerschaft und Untergrundgewinnung in Lateinamerika, den Philippinen und den Niederlanden seit 2010.
View lessUsing case studies drawn from the authors' own and others’ research, this working paper describes and compares some of the ways land conflicts reflected, intensified or reshaped struggles over authority within and between families, local communities, institutions and states in post-colonial Africa. In the past, many Africans gained access to land through membership in a social group, rather than freehold ownership. In recent decades, with rising demand for land, urgent questions arose about land tenure and debates over land transactions often turned on issues of authority. Who was entitled to sell, lease, mortgage or bequeath land or land use rights to others, and who could decide? Coinciding with Africans’ struggles to work out the conditions of their own self-government following the end of colonial rule, rising competition over land intersected with conflicts over authority and obligation at all levels of social interaction. This essay will focus on processes of ‘privatisation from below’, asking how smaller-scale commercial acquisitions figure as sources of wealth and/or threats to livelihood in different economic and political contexts.
View lessSeit den 1980er Jahren lässt sich weltweit eine neoliberale Restrukturierung der Landwirtschaft beobachten. Die Kontrolle über, der Zugang zu und die Nutzung von Land änderten sich zugunsten eines agrarindustriellen Modells der Landwirtschaft. Wenig bekannt ist, wie sich diese Transformation auf Arbeit und die Verhandlungsmacht von Arbeiter*innen und Gewerkschaften auswirkt. In diesem Working Paper wird dieser Frage anhand der Transformation des Zuckerrohrsektors im Bundesstaat São Paulo (Brasilien) ab 2002 nachgegangen. Der Sektor ist zunehmend von einer Internationalisierung, Konzentration und Expansion der Produktion sowie der Mechanisierung der Zuckerrohrernte gekennzeichnet. Den theoretischen Rahmen bildet der Machtressourcenansatz. Die Transformation des Sektors führte zu erhöhter Arbeitslosigkeit, neuen Formen der Kontrolle, einer Fragmentierung von Arbeiter*innen und internen Konflikten zwischen Gewerkschaften, was das Handlungsvermögen aller Arbeiter*innen und Gewerkschaften schwächte. Die Analyse zeigt allerdings auch, dass die Mechanisierung der Zuckerrohrernte die Verhandlungsmacht von Arbeiter*innen und Gewerkschaften nicht einheitlich schwächte; Maschinenfahrer*innen und Transportgewerkschaften konnten neue Machtressourcen erschließen.
View lessIm Kontext großflächiger Kommodifizierung von Land in Subsahara-Afrika – kritisch als land grabbing bezeichnet – kommt es vermehrt zu Konflikten. In vielen Fällen sind traditionelle Autoritäten zentrale Konfliktakteure. Während sich zahlreiche Studien mit traditionellen Autoritäten als Mediatoren und Konfliktschlichtern2 befassen, thematisieren wenige die Rolle traditioneller Autoritäten als beteiligte Konfliktakteure. Hiermit befasst sich dieses Working Paper anhand einer Fallstudie zu Konflikten um das agrarindustrielle Projekt ScanFarm in Ghana. Ich gehe der Frage nach, inwiefern die Macht traditioneller Autoritäten von Bedeutung für die Entstehung und den Verlauf von Konflikten um land grabbing ist. Dafür analysiere ich das Handeln traditioneller Autoritäten in Konflikten um Land mithilfe von Steven Lukes (1974, 2005) Konzept der sichtbaren, unsichtbaren und internalisierten Macht. Die Gruppe traditioneller Autoritäten, die für die Verwaltung von Land zuständig sind, ist durch Heterogenität und Hierarchien gekennzeichnet. Ich argumentiere, dass diese Hierarchien für die alltägliche Landnutzungspraxis zwar bedeutungslos sind, in Konflikten um land grabbing jedoch relevant werden. Die auf diesen Hierarchien beruhenden Machtverhältnisse bestimmen in Konflikten um land grabbing, wer über die Fähigkeit verfügt territoriale Kontrolle auszuüben. Das Zusammenspiel der drei von Lukes vorgeschlagenen Machtdimensionen bestimmt diese Fähigkeit maßgeblich.
View lessIn Lateinamerika setzen Protestakteure im Rahmen von Konflikten um Bergbau zunehmend direktdemokratische Verfahren als Mittel des Protests ein. Seit 2002 fanden in sechs Ländern der Region 91 lokale „Volksentscheide“ (consultas populares) statt. Unter welchen Bedingungen es zum Einsatz solcher Verfahren kommt und welche politischen Effekte sie haben, ist Gegenstand des vorliegenden Working Papers. Die Analyse basiert auf eigenen Forschungen zur Mobilisierung von consultas in Kolumbien und bestehenden Fallanalysen. Gezeigt wird, dass sich der Einsatz direktdemokratischer Verfahren in Anti- Bergbauprotesten durch ein Zusammenspiel aus langfristigen politisch-institutionellen Wandelprozessen (Institutionalisierung politischer Rechte und Verfahren direkter Beteiligung), kurzfristigen Veränderungen struktureller Kontextbedingungen (lokale Regierungswechsel, Gesetzesänderungen, neue Allianzen) sowie (in-)direkten Mechanismen der Verbreitung erklärt. Politische Effekte von consultas zeigen sich in Bezug auf Projektverläufe (Änderung, Verzögerung von Projektplänen), strukturelle Kontextbedingungen (Machtverhältnis zwischen nationalen und lokalen Regierungen, Partizipation in bergbaupolitischen Entscheidungen), Mobilisierung, Bewusstseinsbildung sowie politisches Agendasetting.
View lessKonflikte um großflächige Landtransformationen zugunsten von Bergbau und Agrarindustrie haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Dieser Artikel untersucht die diskursive Dimension dieser Konflikte. Im Zentrum steht die Frage nach dem Erfolg oder Misserfolg von framing Strategien sozialer Bewegungsakteure. Ob framing Strategien erfolgreich sind oder nicht lässt sich einerseits anhand von diskursiven Gelegenheitsstrukturen (DOS) erklären. Andererseits beeinflussen die Konstruktion ihrer Zukunftsvisionen und Fähigkeiten unterschiedlicher Bewegungsakteure, sowie ihrer Gegenspieler_innen, inwiefern Bewegungsakteure sich mit ihren Forderungen durchsetzen können. Empirisch wird ein Konflikt um eine Goldmine mit einem Konflikt um ein agrarindustrielles Projekt im Senegal verglichen. Dieser Vergleich zeigt, dass DOS unterschiedlich ausgestaltet sind, abhängig vom Zweck der Inwertsetzung von Land, also für Bergbau oder Agrarindustrie. Gleichzeitig gibt es Gemeinsamkeiten in den Diskursen, in Bezug auf die Abwägung von sozialen und ökologischen Risiken. Diese übergreifende Struktur der Diskurse kann jedoch von unterschiedlichen Akteuren nicht gleichermaßen genutzt werden. Der Artikel leistet einen Beitrag zum Verständnis der Bedeutung von Diskursen und framing Strategien in Konflikten um großflächige Landtransformationen. Gleichzeitig werden Stärken und Schwächen eines theoretischen Rahmens aufgezeigt, der DOS und framing kombiniert.
View lessIndustrial mining is currently one of the fastest growing sectors of the world economy, particularly in the Global South. The present mining boom is, however, accompanied by numerous conflicts: conflicts over labour relations, over territorial control and access to water and land resources, over the effects on local livelihoods, on gender relations and ecological systems, and over the distribution of profits and tax revenues. In this paper, a typology of mining conflicts is developed, starting with existing case studies of current conflicts over industrial mining in sub-Saharan Africa and building on my own research in Burkina Faso. In contrast to existing typologies, the one presented here is based not on the subjects of the conflicts but on actor constellations: conflicts between trade unions and mining companies; between civil society organisations on the one hand and the state and mining companies on the other; and between artisanal miners and mining companies. I argue that historically shaped socio-ecological and socio-economic conditions, namely the existing land usages, have a crucial effect on the actors and actor constellations in conflicts over mining, and that different actors have different means of engaging in conflict at their disposal, and thus rely on different repertoires of contention when engaging in collective conflicts.
View lessIn diesem Beitrag wird ein Analyserahmen entworfen, um Konflikte um Land, die im Zusammenhang mit strukturellen Transformationsprozessen und Krisen stehen, der empirischen Untersuchung zugänglich zu machen. Basierend auf einem handlungsorientierten Konfliktbegriff und Bourdieus Feldbegriff wird das Konfliktfeld (field of conflict) als Analyserahmen vorgeschlagen. Ziel ist es, vereinfachende Ursache- Wirkungserklärungen, die Konflikte um Land als ‚lokale‘ Reaktionen auf ‚globale‘ Krisen fassen, zu überwinden. Das Konfliktfeld besteht aus vier relational aufeinander bezogenen Elementen: Strukturveränderungen; Akteure und ihren Positionen im Feld; der Rolle des Staates und den durch staatliches Handeln definierten Regeln, die das Konfliktfeld kennzeichnen und ihm seine je eigene Logik verleihen; Narrative, mittels derer Akteure Veränderungen Bedeutung zuweisen und dominante Bedeutungen herausfordern.
View lessIn jüngster Zeit rückte die Bedeutung von Expert_innenwissen für Landpolitik vermehrt ins Blickfeld der akademischen Debatte. Bislang wird hierbei jedoch die Rolle von Expert_innenwissen bei der Transformation von Kontrolle über, Zugang zu und Besitz von Land oftmals übersehen. Ziel dieses Beitrags ist daher, die Besonderheiten und die Bedeutung gegenwärtiger Kartographierung von Land hinsichtlich dessen Kommodifizierung durch Unternehmen und staatliche Akteur_innen herauszuarbeiten. Ich analysiere, wie remote mapping practices die Transformation von Landregimen beeinflussen. Die zentrale Forschungsfrage lautet wie und inwieweit Landvermesser_innen und deren Kartierungspraktiken für die Katasterämter die Kommodifizierung von Land erleichtern und legitimieren und gleichzeitig de jure und de facto zur Veräußerung von Land von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern beitragen.
View lessDespite deeply engrained images of female domesticity and conventional gender norms, women are increasingly joining land struggles in Cambodia. Based on extensive ethnographic fieldwork, my findings suggest that land rights activism in Cambodia has undergone a gendered re-framing process. Reasoning that women tend to use non-violent means of contestation and are less prone to violent responses from security personnel, nongovernmental organizations push women affected by land grabs and eviction to the frontline of protests. Moreover, female activists are encouraged to publicly display emotions such as sorrow and pain, in sharp contrast with the notion of feminine modesty. I critically question the women-to-the-front strategy and, drawing on Sara Ahmed's politics of emotions, show the adverse risks for female activists. Following that, I argue that the instrumentalization of female bodies and emotions in land rights protests perpetuates gender disparities instead of strengthening female agency in Cambodian society or opening up political space for women.
View lessIm Kontext des großflächigen Wandels von Zugang und Nutzung von Land – kritisch als land grabbing bezeichnet – kommt es vermehrt zu Konflikten zwischen Landnutzer_innen und Investoren. In diesen Prozessen der „Inkontrollnahme“ ist der Staat auf vielfältige Weise involviert. Empirische Studien zum Staat verweisen zwar auf die Vielseitigkeit und Widersprüchlichkeit staatlichen Handelns; sie beschäftigen sich aber nur in seltenen Fällen mit Konflikten um Land und lassen darüber hinaus die Komplexität des staatlichen Gefüges oftmals unberücksichtigt. In diesem Working Paper analysiere ich anhand einer Fallstudie zum Handeln zehn staatlicher Akteure in einem Konflikt um die Ausweitung der Sojaproduktion im Norden Brasiliens, wie diese Akteure Konflikte um Land beeinflussen. Ich argumentiere, dass das Handeln der unterschiedlichen staatlichen Akteure einzeln und in Beziehung zueinander analysiert werden muss, um die Rolle des Staates in Konflikten um Land besser zu verstehen. Um die Widersprüche staatlichen Handels zu erklären, greife ich auf Pierre Bourdieus Verständnis von Staat als ein Feld zurück. Diese gehen auf unterschiedliche Interessen, Kompetenzen und Zuständigkeiten zurück und strukturieren sich entlang verschiedener gegensätzlicher Anordnungen. Diese Komplexität staatlichen Handelns hat maßgeblichen Einfluss auf den Konfliktverlauf sowie dessen Dauer.
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