In modernen demokratischen Gesellschaften ist massenmediale Öffentlichkeit die zent-rale Vermittlungsinstanz zwischen politischem System und Bürgern. Damit erlangen die Medien im Hinblick auf das vielfach konstatierte Öffentlichkeitsdefizit der EU eine besondere Bedeutung. Den nationalen Medien wird in diesem Zusammenhang jedoch häufig vorgeworfen, hauptsächlich über nationale Themen und Akteure zu berichten und dabei die europäische Ebene zu vernachlässigen. Auch wird kritisiert, dass die Medien bevorzugt über ressourcenstarke, prominente oder politisch einflussreiche Ak-teure berichten würden, was dem demokratietheoretisch elementaren Anspruch eines gleichberechtigten Zugangs zu Öffentlichkeit entgegenstehe. Vor diesem Hintergrund erscheint das Internet als ein von seiner genuinen Struktur her transnationales Medium geradezu prädestiniert, die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit zu befördern. Zusätzlich könnte der inhärente nicht-hierarchische Charakter der Internettechnologie die Entwicklung zu demokratischeren Formen von massenmedialer Öffentlichkeit ein-leiten und somit zu einer stärkeren Legitimation des politischen Prozesses auf nationa-ler als insbesondere auch auf europäischer Ebene führen. Auf empirischer Ebene wur-de das Internet bisher meist nur als eine Ansammlung einzelner, unvermittelt neben-einander stehender Webseiten untersucht. Diese eingeschränkte Betrachtungsweise kann das Potential des Internet, wirklich neue Formen von Öffentlichkeit herauszubil-den, jedoch nur sehr begrenzt erfassen. In dieser Arbeit wird spezifiziert, welche neuen Formen von Öffentlichkeit im Internet entstanden sind, die mehr sind als nur Online-Versionen von Offline- Öffentlichkeiten. Dabei werden zwei zentrale Selektionsmecha-nismen identifiziert, die internetspezifische Informations- und Kommunikationsräume aufspannen: vertikale hierarchische Selektion durch Suchmaschinen und horizontale Netzwerkselektion durch Hyperlinks. Diese beiden Formen von Online-Öffentlichkeit werden auf ihre strukturellen Merkmale hin untersucht, wobei zwei Fragen forschungs-leitend sind: Führt das Internet (1) zu einer Demokratisierung und (2) zu einer Europäi-sierung massenmedialer Öffentlichkeit? Die Untersuchung ist ländervergleichend (DE, ES, FR, IT, NL, UK, CH) angelegt und konzentriert sich exemplarisch auf sechs Politik-bereiche (Geld-, Agrar-, Immigrations-, Truppenstationierungs- und Rentenpolitik sowie EU Integration). Zusätzlich wird die Zeitungsberichterstattung in den Untersuchungs-ländern als Vergleichsstandard herangezogen. Im Ergebnis zeigt sich, dass beide Formen von Online-Öffentlichkeit klare hierarchische Aufmerksamkeitsstrukturen auf-weisen, die sich kaum von denjenigen unterscheiden, die in Zeitungen zu finden sind. Zudem konzentrieren sich beide Formen von Online-Öffentlichkeit zum Teil sogar noch stärker als die Zeitungsberichterstattung in erster Linie auf die nationalen Kommunikationsräume. Die massenmedialen Aufmerksamkeitsstrukturen im Internet haben sich zum Zeitpunkt der Untersuchung weitgehend denjenigen herkömmli- cher massenmedialer Öffentlichkeiten angeglichen.
In modern democratic societies, mass media public spheres constitute the main com-municative point of reference between the political system and the citizens. This heightens the relevance of media in relation to the often- mentioned deficit of a public sphere in the European Union. In this context, national media are criticised for reporting on home affairs too much, concentrating on national subjects and actors and thus ig-noring the European level. Further critical notice is taken in relation to the national me-dia s presumed tendency to preferably feature actors with large resources, prominence or political influence. This would speak against basic requirements of democratic theory that is built on the claim for equal access to the public sphere. Here, the internet, mainly due to its genuine transnational structure, appears as destined to alter this hier-archical tension and to foster the development of a European public sphere. The inher-ent non-hierarchical character of the internet technology would allow for the establish-ment of more democratic forms of mass media public spheres and would thus increase the legitimacy of political processes on the national and especially the European level. So far, the internet has empirically mainly been analysed as a mere collection of single non-connected websites. This limited perspective, however, cannot map out the com-plexity and the true potential of the internet to generate new forms of the public sphere. In this thesis it is specified which new forms of the public sphere have emerged in the internet. New forms are understood as ways of public communication that go beyond the mere online version of an offline public sphere. Two central selection mechanisms are identified to reach this goal. Both are specific to the internet and frame spaces of information and communication: vertical hierarchic selection through search engines and horizontal network selection through hyperlinks. Both forms of the internet specific public spheres are analysed in relation to their structural characteristics. Two main question guide the research interest: Does the internet lead to (1) democratisation and to (2) Europeanisation of mass media public spheres? The thesis compares seven countries as case studies and focuses exemplarily on six policy areas: money, agricul-ture, immigration, troop deployment, pensions, and EU integration. Additionally, the offline media constituted by the daily quality press are taken into account as the com-parative medium for the online discourses. The results show that both forms of online public spheres have clear hierarchic attention structures that do not differ much from the ones found in the daily press. Furthermore, both forms of online public spheres concentrate primarily and partially even to a stronger degree than the offline discour-ses on national communicative spaces. The attention patterns of mass media in the internet have at the time of this thesis samples mostly converged with those of offline public spheres.