Der Artikel verfolgt die “Migration” der Gemeinde Muhammads aus ihrem tribal orientierten arabischen Milieu in die Textwelt der biblischen Tradition. In Auseinandersetzung mit der paganen Gesellschaftsordnung und ihrem Wertekanon ersetzte die koranische Gemeinde bereits während der mekkanischen Wirkungszeit des Propheten die vorherrschende Stammesloyalität durch ein spirituelles Treueverhältnis mit Gott. Biblische Figuren wurden zu Vorbildern, allen voran Abraham, der sich von seinem – dem Götzendienst anhängenden – Clan distanziert hatte. Nach ihrer Niederlassung in Medina fand sich die Gemeinde mit einem neuen, biblischen Clankonzept konfrontiert: demjenigen der Nachkommen Abrahams, die den Anspruch auf einen privilegierten Status aufgrund der “Verdienste der Väter” erhoben. In einem weiteren Verhandlungsprozess wird daher ein neues Bild von Abraham geprägt, den die Gemeinde als ausschließlich spirituelles Rollenmodell versteht, losgelöst von seinen genealogischen Nachkommen, vielmehr integriert in eine Gemeinschaft der Propheten, die in dieser Phase an die Stelle der physischen Vorfahren der Gemeinde getreten waren und als die wirklichen Ahnen der Gläubigen Anerkennung genossen.