In dem Beitrag werden zwei ältere, bislang unentdeckte Mythenversionen rekonstruiert, die die “barbarischen” Amazonen als Einwanderinnen, Ahnfrauen und Gründungsheroinen in positiver Konnotation vorführen. Im Zentrum steht zum einen die am Ende des 6. Jahrhundert v. Chr. beliebte Erzählung von Theseus und Antiope, die mit alten Kultmalen in Athen in Verbindung gebracht werden kann. Zum anderen sind Ergebnisse neuerer Grabungen im Artemisheiligtum von Ephesos zu nennen, wo Befunde früharchaischer Zeit (7. Jahrhundert v. Chr.) ebenfalls Anlass für die Entstehung einer älteren Gründungslegende geliefert haben könnten.
Ihre Funktion als identitätsstiftende Migrationsmythen wurde im 5. Jahrhundert v. Chr. unter Einfluss der Perserkriege und der daraus resultierenden hegemonialen Interessen Athens aufgegeben und von der Griechen-Barbaren-Dualität überlagert. Dies gelang deshalb so gut, weil die alten Raumbezüge nun nicht mehr präsent waren.