Das Bundeskabinett hat am 26. Juli 2000 den vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgelegten Zwischenbericht zum nationalen Klimaschutzprogramm verabschiedet und seine Absicht bekundet, die Förderung der Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) gesetzlich zu regeln. Bis Ende 2000 will die Bundesregierung Eckpunkte einer Quotenregelung zum Ausbau der KWK vorlegen. Ziel ist eine Minderung der CO2-Emissionen in einer Größenordnung von 10 Mio. Tonnen bis 2005 bzw. 23 Mio. Tonnen bis 2010. Das Gesetzgebungsverfahren soll spätestens Mitte 2001 abgeschlossen werden. Derzeit sind Entwürfe in Vorbereitung, die ein Fördermodell auf der Basis eines Zertifikatshandels aufbauen sollen. Damit soll ein marktorientiertes Instrument zur Mengensteuerung in der Umweltpolitik aufgegriffen werden, das aus einer intensiven akademischen Debatte hervorgegangen und in jüngster Zeit bereits häufiger praktisch angewendet worden ist. International bestehende Erfahrungen und zahlreiche detaillierte Entwürfe zu geplanten Modellen legen es nahe, diese für die Gestaltung der rechtlichen und institutionellen Verankerung eines KWKZertifikatemodells nutzbar zu machen. Aus ihnen lassen sich Rückschlüsse auf die Erfolgsbedingungen eines funktionsfähigen Handelssystems ziehen, und wichtige Hinweise auf Detailfragen der Gesetzesgestaltung und Implementation sowie die Rahmengestaltung des Handelsmarktes ableiten. Die Modelle des Zertifikatshandels finden in unterschiedlichen Politikfeldern Anwendung. Sie betreffen u.a. die Regulierung klassischer Luftschadstoffe über Emissionsrechtehandel, der mit großen Variationen auf regionaler und nationaler Ebene und am ausgeprägtesten in den USA anzutreffen ist. Aber auch internationale Wirkungsbereiche sind in der Diskussion: gegenwärtig wird u.a. von Großbritannien ein Zertifikatsystem für Treibhausgasemissionen ausgearbeitet, das mittelfristig den Handel über die Grenzen hinweg vorsieht. Grundlage dieser Systeme ist jeweils eine festgelegte Emissionsobergrenze, über die hinaus keine Zertifikate in Umlauf gebracht werden. Funktion des Zertifikatsmarktes ist jeweils die effizienteste Verteilung dieser Höchstmenge unter den Emittenten (Höchstmengensteuerungsmodell oder engl. „cap and trade“). Ein weiterer Anwendungsbereich ist der Stromsektor, wo sich aufgrund der Liberalisierung der Märkte traditionelle Preissteuerungsansätze zur umweltpolitisch gewünschten Förderung von emissionsarmen Erzeugungstechniken (oder zur Verwirklichung sozialpolitischer Ziele) nicht mehr im gewohnten Umfang weiterführen oder durchsetzen lassen. Deshalb sollen die notwendigen Zusatzkosten nicht mehr über feste Einspeisevergütungen sondern durch handelbare Zertifikate, etwa für grünen oder KWK-Strom, gedeckt werden. Indem Stromverbraucher oder Verteiler zum Erwerb einer festgesetzten Anzahl an Zertifikaten verpflichtet werden, soll ein Mindestanteil der regulierten Energieträger an der Stromerzeugung gesichert werden (Mindestmengensteuerung). Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf vier Zertifikathandelsmodelle: den SO2-Emissionshandel in den USA,1 das Handelsmodell für Klimagasemissionen, das ab April 2001 in Großbritannien beginnen soll1 sowie die Handelssysteme für grünen Strom, die in den Niederlanden2 und Dänemark2 etabliert bzw. durch das Parlament verabschiedet wurden. Die Darstellung gibt jeweils einen zusammenfassenden Überblick über die Grundzüge der Modelle. In den sich anschließenden analytischen Teilen werden einzelne Aspekte genauer beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frühphase der Implementation, auf der Gestaltung des Zertifikatshandels sowie auf einer Bewertung der ökonomischen Effizienz und ökologischen Treffsicherheit des Systems insgesamt. Auf dieser Grundlage sollen in einem letzten Kapitel Kriterien für die Ausgestaltung von Mengenssteuerungssystemen abgeleitet werden.