Eines der griechischen Wörter für ‚Meer‘, ‚πόντος‘ (das zugleich ‚Kreuzen‘ und ‚Schwierigkeit‘ bedeutet), wurde seit archaischer Zeit für das Meer par excellence, den Pontos Euxeinos, verwendet. Von diesem Raum aus ging der Name zuerst auf die südöstliche Küste des Schwarzen Meeres und dann auf das Territorium des Reiches Mithridates Eupators und die römischen Provinzen Pontus über. Trotz dieser eindeutigen Chronologie bei der Verwendung des Namens Pontus für die genannten geographischen Gebiete weisen einige Inschriften Mehrdeutigkeiten auf. Eine als ‚Pontier‘ im Athen des 4. Jahrhunderts v. Chr. bezeichnete Person kann weder zu einem ‚pontischen‘ Volk noch zum Gebiet des mithridatischen Reiches gehört haben. Auch konnte eine ‚pontische‘ Frau des 2. Jahrhunderts v. Chr. aus dem Nordosten Kleinasiens oder aus Herakleia oder einer anderen Stadt des Schwarzen Meeres kommen. Ein junger Mann, gestorben in Rom zwischen dem 2. und dem 3. Jahrhundert, kam zwar aus der pontischen Provinz, aber sein Grabstein, der ihn als Landsmann des homerischen Helden Achilles darstellt, weckt Zweifelt an seiner Herkunft aus dem Schwarzmeerraum. In allen genannten Fällen ist das poetisch eingesetzte Adjektiv ‚pontisch‘ nicht nur als Hinweis auf eine unscharfe geographische Identität zu verstehen sondern beinhaltet darüber hinaus deutliche religiöse – maritime und erotische – Anspielungen.