Im Militärritual präsentiert sich der moderne Nationalstaat, indem er sein Gewaltpotential rituell zur Schau trägt. Die Arbeit fragt Wie funktionieren Militärrituale? und Warum gibt es sie? (und: Wie spielt beides ineinander?). Eine Auseinandersetzung mit sozialwissenschaftlichen Ritualsbegriffen einerseits und dem Gewaltmonopol des modernen Nationalsstaates andererseits stehen im Zentrum des theoretisch erarbeiteten Kontextes, ohne den Militärrituale als soziopolitische Phänomene nicht zu verstehen sind. Die empirische Darstellung der Militärrituale findet anhand einer Typologie statt. Nacheinander werden vorgestellt: das Wachbataillon als Spezialtruppe für Militärrituale in einem einleitenden Exkurs; das Gelöbnis als militärisches Initiationsritual mit einem Exkurs zur Rolle der Kirche; Staatsempfänge als protokollarische Imponierrituale; Wache und Staatsbegräbnis als Ehren- und Trauerrituale; Kranzniederlegungen als Erinnerungs- und Gedenkrituale und schließlich der Große Zapfenstreich. Militärrituale verweisen auf die Möglichkeit und Bereitschaft der Verteidigung staatlicher Souveränität bzw. Herrschaftsansprüche (neuerdings menschenrechtlich kaschiert) mit militärischen Mitteln. Sie verweisen auf die sogenannte ultima ratio staatlich-politischer Logik, die doch oft schon vor gewaltfreien Alternativen zum Einsatz kommt: militärisch organisierte Gewaltanwendung. Die Arbeit widmet sich schließlich der Protestbewegung gegen öffentliche Militärauftritte, die die pazifistische Kritik der Friedensbewegung umfaßt und sich in ihren Formen bis hin zum aktionsorientierten Widerstand erstreckt, beispielsweise der GelöbNix-Bewegung. Kritik am Militärritual führt nicht zwangsläufig zu einer Kritik an Militär. Es zeigt sich, dass unterschiedliche Positionen zu Militärritualen in Abhängigkeit zu den jeweils zugrundeliegenden gesamtgesellschaftlichen Analysen stehen, die bei den Akteure wirksam sind.
In military rituals modern nation states present themselves by showing their monopoly on violence in a ritualized manner. This work asks How are military rituals working? and Why do they exist? (and: How influences one answer the other?). A discussion of notions of ritual in social sciences on one hand and of the modern nation states monopoly on physical force on the other are the theoretical core and the context which is needed to understand military ritual as a socio-political phenomenon. The empirical description of military ritual is structured by a typology. Five basic types are presented, analyzed, and interpreted: the "Wachbataillon" as german military special force in an introducing excursus; the pledge of recruits as a ritual of initiation with an excursus about the role of the church; the "Staatsempfang" as a ritual of protocol and impression; honor guards and state funerals as rituals of honor and grief; wreath givings as rituals of memory and history construction; and finally the "Großer Zapfenstreich" as a particular German military ritual. Military rituals symbolize the possibility and preparedness for the defense of state sovereignty resp. of the claims of power (lately mantled by human rights issues). They symbolize the so called ultima ratio of state logic that often is used instead of non-violent alternatives: military organised use of violence. This work finally attends to protest movements agains public military rituals that span different forms from pacifist critics to direct resistance actions i.e. the "GelöbNix" campaign. I argue that criticising military rituals does not necessarily lead to criticising military (or even state or capitalism) in general. Different positions concerning military ritual depend on the underlying socio-political perspective of the protesters.