In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems (GIS) das Risiko der Einschleppung der Bluetongue Disease (BTD) bewertet. Weiterhin wurden daraus folgend für den möglichen Fall einer Einschleppung Maßnahmen zur Unterbindung von BTD-Infektketten vorgeschlagen. BTD ist eine anzeigepflichtige Erkrankung der Liste A des Office In- ternational des ?pizooties (OIE), die durch das Bluetongue Virus (BTV), ein Orbivirus, ausgelöst wird. Empfänglich für diese Erkrankung sind Wiederkäuer. Vor allem bei Schafen und Wildwiederkäuern kann die Erkrankung mit hoher Morbidität und Mortalität einhergehen, bei Rindern verläuft eine Infektion meist klinisch inapparent. Die BTD kommt weltweit zwischen 30° südlicher und 50° nördlicher Breite, europaweit zwischen 35° südlicher und 45° nördlicher Breite vor. In Deutschland ist sie bisher nicht aufgetre-ten. Gnitzen der Gattung Culicoides sind zyklische Überträger des BTV und fungieren als Vektoren. In Südeuropa ist dies haupt-sächlich Culicoides imicola, eine Art, die bisher in Deutschland nicht heimisch ist. Hier sind andere Culicoides spp. ansässig, die unter Umständen auch zur Übertragung befähigt sind. So erhöhen bestimmte Temperaturen die Vektorkompetenz und die Vektorkapazität dieser Arten. Mit Hilfe eines GIS wurden in dieser Arbeit die klimatisch begünstigten Habitate der Vektoren in Deutschland kartographisch dargestellt. In den so ermittelten Risikozonen, die hauptsächlich am Rhein in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz liegen, besteht bei den augenblicklichen klimatischen Verhältnissen die Gefahr, dass nach Einschleppen infi-zierter Tiere ein Ausbruch der BTD stattfindet. Dies könnte vor allem in den warmen Sommermonaten (Juni bis August) geschehen. Ein Überwintern des BTV ist in der momentanen Situation unwahrscheinlich. Basierend auf diesen Untersuchungen wurde eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um prophylaktisch oder aber nach Eintreten des ýworst caseý unverzüglich tätig werden zu können. Diese Maßnahmen umfassen für die Risikozonen im wesentlichen die folgenden Punkte: 1\. In den Monaten Juni bis August sollten Wiederkäuer, die aus dem südlichen Europa an-geliefert wurden, möglichst nicht mehrere Tage am Schlachthof stehen, bis sie geschlachtet werden. 2\. Schlachthöfe in Risikogebieten sollten nicht in der Nähe von Feuchtgebieten liegen. Gnitzen sind durch Insektizide und andere geeignete Maßnahmen aus den Schlachthofgebäu-den fernzuhalten. 3\. Im Verdachtsfall müssen Wiederkäuer von 18:00 bis 8:00 Uhr aufgestallt werden, da die Vektoren abends und morgens am aktivsten sind. 4\. Der Import von Wiederkäuern aus den Schutz- bzw. Sperrzonen (Griechenland, Teile Italiens, Spaniens und Frankreichs) ist bereits verboten (Richtlinie 2000/75/EG des Rates, Artikel 9). Ausnahmen sind durch Entscheidung 2001/783/EG der Komission geregelt. Gelegentliche Kontrollen von Tieren aus dem südlichen Europa, z. B. mit Hilfe eines ELISA, können zusätzliche Sicherheit gewähren. 5\. Eine aktuelle Viehzählung im Risikogebiet kann Aufschluss darüber geben, wieviele Impfdosen in der Impfstoffbank der Gemeinschaft (Entscheidung 2001/433/EG der Ko-mission) vorrätig gehalten werden sollten. So kann im Falle einer Infektion schnell gehandelt werden. 6\. Die Temperaturentwicklung in den Risikozonen sowie deren Ausdehnung ist weiter zu verfolgen, um bei Auftreten von BTD schnell und sicher eine Schutz- und Kontrollzone entsprechend der geographischen Lage und ökologischen Faktoren, Witterungsverhältnissen, Vorkommen und Verteilung des Vektors nach genauer Erforschung der Epizootiologie (Richtlinie 2000/75/EG des Rates, Artikel 8) einrichten zu können. 7\. Genauere Untersuchungen über das Vorkommen von Culicoides spp. im Risikogebiet sollten durchgeführt werden. Für die Gebiete, die nicht innerhalb der Risikozonen liegen, sind derzeit keine besonderen Schutzmaßnahmen notwendig. Allerdings müssen die Veränderungen der Temperaturen und somit auch der Risikozonen beobachtet werden, so dass im Fall einer Einschleppung des BTV der Wissensstand im Hinblick auf eine mögliche Bekämpfung aktuell ist. Europaweit werden diese Maßnahmen über die o. g. Richtlinie 2000/75/EG des Rates gere-gelt, die im Jahr 2002 auch in nationales Recht übergehen soll. Die vorliegende Arbeit kann diesen Übergang unterstützen. Bei der zu erwartenden Klimaerwärmung wird sich das Risikogebiet stark vergrößern. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit an, dass es in den bisherigen Risikogebieten zu einem Ausbruch kommt. Dies liegt vor allem an den verbesserten Bedingungen für die heimischen Culicoides spp., aber auch an der Ausdehnung des Verbreitungsgebietes von C. imicola nach Norden. Eine konstante Aktualisierung des GIS sowie eine weitere Erforschung des Vorkommens der Vektoren ist daher wünschenswert.
The present work evaluates the risk of importing Bluetonge Disease (BTD) using a Geographic Information System (GIS). The conclusions of this evaluation were used to propose measures to stop the spread of BTD in case the disease is imported. BTD is a notifiable disease on list A of the Office International des ?pizooties (OIE). It is caused by an orbivirus, the blutongue virus (BTV). Ruminants are most susceptible. BTV infection has high rates of morbidity and mortality in sheep and wild ruminants, whereas in cattle it is subclinical. BTD occurs worldwide from latitude 30° south to 50° north, in Europe from latitude 35° south to 45° north. It has never ocurred in Germany. Culicoides biting midges are cyclic vectors of BTV, especially C. imicola in southern Europe, a species that is not yet indi-genous to Germany. Other local Culicoides spp. could act as vectors for BTV un-der certain circumstances. High temperatures increase vector competence and vector capacity of these species. The areas of Germany that are a favoured habitat due to their climate are presented in this work with maps using a GIS. In these high risk areas, mainly Baden-Württemberg, Hessen and Rheinland-Pfalz, there is a chance of an outbreak of the disease after importing infected animals. This could occur especially in the warmer summer months (June until August). Overwintering of BTV is unlikely. Based on this analysis some prophy-lactic measures are proposed as well as proposals for immediate measures in the "worst case". These measures are mainly the following: 1\. From June to August ruminants from southern Europe should not be held at a slaughterhouse for days before slaughter. 2\. Slaughterhouses in areas at risk should not be close to wetlands. Biting midges are to be kept out of the buildings using insecticides and other suitable measures. 3\. As soon as notification is given of suspected presence of BTD, ruminants must be kept inside from 6:00 p.m. to 8:00 a.m. because vectors are most active in the evening and morning. 4\. The import of ruminants from restricted areas (i.e. protection zones: Greece, parts of Italy, Spain and France) is already forbidden (Council Directive 2000/75/EC). Comission Decision 2001/783/EC permits movements of animals within and out of these zones under certain circumstances. Occasional checks of animals coming from southern Europe using an ELISA could give even more security. 5\. A count of animals in the risk areas can verify how many doses of bluetongue vaccine must be purchased and stocked at the Community bank by the Community (Commission Decision 2001/433/EC). This will make dealing with a case of infection quicker. 6\. The development of temperature in the risk areas and the expansion of the risk areas themselves should be monitored so as to be able to react quickly in case of an outbreak of BTD. The demarcation of a protection zone and a surveillance zone must take account of geographical, administrative, ecological and epizootiological factors connected with bluetongue (Council Directive 2000/75/EC, Article 8). 7\. Precise investigations about the occurrence of Culicoides spp. in the risk areas should be made. At the time, no specific protection measures for non-risk-areas are nessesary, but monitoring of the risk areas and their development, especially in temperature, must be carried out to have the up-to-date knowledge necessary for an adaquate reaction in case of an outbreak of BTD. The European directive mentioned (Council Directive 2000/75/EC) which deals with this di-sease is due to pass into national law in 2002; this work can help the process. With global warming, the areas at risk will grow as well as the probability of an outbreak in these areas. This is mainly due to better conditions for local Culicoides spp. as well as the expansion of the habitat of C. imicola to the north. Keeping the GIS constantly up to date and further investi-gation of the vectors and their needs is therefore desirable.