Im Zuge von Migration und Wanderung wird die Klientel auch in psychosozialen und psychotherapeutischen Institutionen internationaler und heterogener. Forschungsbereiche wie die Transkulturelle Psychiatrie, die Interkulturelle Psychotherapie und psychosoziale Migrations- und Versorgungsforschung gewinnen an Relevanz. Zu den diskutierten Themen im Feld gehört der Einsatz von Dolmetschern, bzw. Sprach- und Kulturmittlern. Obwohl in den letzten Jahren interessante Projekte zur psychosozialen Praxis in diesem Feld ihre Arbeit aufgenommen haben, mangelt es für diesen Bereich an empirischen Daten. In der vorgelegten kumulativen Dissertation werden quantitative und qualitative Daten aus drei nationalen und internationalen Studien zur psychosozialen und psychotherapeutischen Versorgung mit Dolmetschern und Sprach- und Kulturmittlern zusammengeführt. Ein Fokus der Arbeit ist die Differenzierung zwischen Dolmetschern und Sprach- und Kulturmittlern. Die Arbeit widmet sich einführend der Frage, von wem gesprochen wird, wenn von Ausländern, Migranten, Menschen mit Migrationshintergrund die Rede ist? Zudem wird der Stand der Forschung zu den Zugangsbarrieren zur Gesundheitsversorgung für Menschen mit Migrationshintergrund dargestellt mit einem Schwerpunkt auf die sprachlichen und kulturellen Barrieren. Des Weiteren wird der Zusammenhang von Sprache und Kultur in diesem Bereich besprochen werden, ebenso wie der Stand der Forschung zum Einfluss von Dolmetschern auf die Patient- Behandler- Beziehung und ein Überblick zu bestehenden Ansätzen und Konzepten zur Arbeit mit Dolmetschern bzw. Sprach- und Kulturmittlern gegeben. Im Rahmen des EU- Projektes EUGATE (Best Practice in Health Services for Immigrants in Europe) wurden sowohl Experten als auch Mitarbeiter verschiedener Praxiseinrichtungen (allgemeinmedizinische, Rettungsstellen, bzw. Einrichtungen der Notfallversorgung, psychosoziale Einrichtungen) zu Guter Praxis in der Gesundheitsversorgung befragt. Die zu Beginn präsentierten europäischen quantitativen Vergleichsdaten, die anhand eines semi-strukturierten Fragebogens in 240 Einrichtungen der oben genannten Bereiche in 16 EU- Partnerländern erhoben wurden zeigen, dass bislang nur selten Dolmetscher in der Gesundheitsversorgung zum Einsatz kommen (Publikation 1). Dies ist auch für Deutschland der Fall, obwohl es sich hier um ein Einwanderungs- bzw. Migrationsland handelt. Ursachen sind in zum Teil fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten und nicht vorhandenen verbindlichen Richtlinien zu sehen, vergleicht man die Ergebnisse mit anderen EU-Ländern in denen diesbezüglich Regularien existieren. Obwohl die Zahlen des Dolmetschereinsatzes für die psychosoziale Versorgung etwas höher liegen als die Vergleichszahlen aus allgemeinmedizinischer Versorgung und den Rettungsstellen, bzw. der Notfallversorgung, sind sie sehr niedrig. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Sprache für die psychotherapeutische aber auch psychosoziale Praxis das grundlegende Arbeitsinstrument ist, sind diese geringen Zahlen bemerkenswert. Um diesen Befund zu kontextualisieren, werden Daten eines Delphi-Prozesses mit Experten aus den 16 EU-Partnerländern, die im selben EU-Projekt zu Guter Praxis in der Gesundheitsversorgung von Migranten erhoben wurden, dargestellt (Publikation 2). Nach Expertenmeinung gehört sowohl der Einsatz von Dolmetschern, bzw. Sprach- und Kulturmittlern als auch die Kultursensitivität der Versorgung zu den wichtigsten Kriterien Guter Praxis für die Versorgung von Migranten. Anhand der Analyse der qualitativen Daten aus den Befragungen der Mitarbeiter in den oben genannten psychosozialen Einrichtungen wird der Handlungsbedarf deutlich: Die Analyse der Interviews weist auf Sprachbarrieren und unterschiedlichen kulturelle Vorstellungen als Haupthindernisse (Publikation 3). Aber auch die Analyse der qualitativen Daten aus allen drei Einrichtungstypen (allgemeinmedizinisch, Rettungsstellen, bzw. Notfallversorgung und psychosoziale) zeigen, dass Sprache und Kultur als wesentliche Eckpfeiler einer qualitativ hochwertigen Versorgung für Migranten erachtet werden. Alle diese Daten zeigen damit deutlich, dass es mehr als nur einer sprachlichen Übersetzung bedarf (Publikation 4). Publikation 5 vergleicht die hier erfassten Gute-Praxis-Kriterien mit dem in Deutschland viel diskutierten Konzept der Interkulturellen Öffnung und es können Überschneidungen festgestellt werden. Auch die Zwischenergebnisse der VW- geförderten SeGeMi-Studie (Seelische Gesundheit und Migration) zum Stand der Interkulturellen Öffnung in psychosozialen Einrichtungen machen deutlich, dass die Umsetzung speziell bzgl. des Einsatzes von Dolmetschern bzw. Sprach- und Kulturmittlern gering ist. Damit werden die Daten aus Publikation 1 bestätigt. Wenn also davon ausgegangen werden kann, dass sowohl Sprache als auch Kultur als wesentlich für eine solche Übersetzungsarbeit zu erachten sind, ist dies ein weiteres Argument, beide Dimensionen in die Aufgabe des Dolmetschens zu integrieren, wie es im Konzept der Sprach- und Kulturmittler der Fall ist (Publikation 6-8). Was genau Sprach- und Kulturmittler von Dolmetschern unterscheidet, welche Chancen und Schwierigkeiten das für die konkrete Praxis beinhaltet, wird in der Arbeit anhand verschiedener qualitativer Daten verdeutlicht. Die in einer Studie am Zentrum für Interkulturelle Psychiatrie, Psychotherapie und Supervision (ZIPP) der Charité in einem psychiatrischen, psychotherapeutischen Setting erhoben Daten zeigen, dass Sprach- und Kulturmittler als Teil einer therapeutischen Triade gefasst werden und sich daher Supervisionen an Konzepten für Kleingruppen orientieren sollten. Darüber hinaus sollten kulturelle Missverständnisse oder Irritationen nicht als Störungen verstanden werden, sondern offen gelegt werden, um sie zu bearbeiten. Die genannten Aspekte werden vor allem in den letzten beiden Publikationen (7 und 8) anhand des empirischen Materials sowohl theoretischer Diskurse aus Sozial- und Kulturpsychologie, Psychoanalyse und Ethnopsychoanalyse hergeleitet. Die hier vorgelegte Zusammenschau der Publikationen bietet Ausblicke zur 1\. Integration von sprachlichen und kulturellen Aspekten in der Übersetzung im Konzept der Sprach- und Kulturmittler 2\. Professionalisierung von Sprach- und Kulturmittlern 3\. Arbeit mit Sprach- und Kulturmittlern in psychosozialen Berufsfeldern 4\. Zukünftigen Forschung und Entwicklungsmöglichkeiten in der Praxis. Das übergeordnete Ziel Sprach- und Kulturmittler zur Selbstverständlichkeit in der psychosozialen und psychotherapeutischen Arbeit werden zu lassen, besteht darin, den Zugang zur Versorgung zu gewährleisten, die Qualität der Versorgung für alle Nicht-Deutsch-Muttersprachler zu verbessern und kostenintensive Fehlbehandlungen zu vermeiden. Unter den beschriebenen Voraussetzungen könnten Sprach- und Kulturmittler einen wichtigen Beitrag dazu leisten.
As a result of migration, users of psychosocial and psychotherapeutic services are becoming ever more international and heterogeneous; areas of research such as transcultural psychiatry, intercultural psychotherapy, psychosocial migration research and international public mental health are thus increasingly gaining in relevancy. One of the topics currently under discussion in the field is the use of interpreters or linguistic and cultural mediators. Although some interesting projects on psychosocial practice in this field have been undertaken in recent years, a lack of empirical data in the area still exists. In the cumulative dissertation presented here, quantitative and qualitative data from three national and international studies on psychosocial and psychotherapeutic services with interpreters and linguistic and cultural mediators are brought together. One of the focal points of this piece of work is on the distinction between interpreters and linguistic and cultural mediators. The theoretical framework of the dissertation begins by devoting attention to the question as to whom the phrase foreigners, migrants, people with a migration background refers to. The current state of research on the barriers faced by people with a migration background when accessing health care is presented, with a focus on linguistic and cultural barriers. The theoretical framework concludes with remarks on the connection between language and culture in this area and the state of research on the influence of interpreters on the relationship between patient and practitioner, and an overview of existing approaches and concepts for working with interpreters, respectively linguistic and cultural mediators is offered. As part of the EU project EUGATE (Best Practice in Health Services for Immigrants in Europe), both experts and employees of various services (general practitioners, psychosocial services and A&E; departments) were asked about good practice in health care delivery. The quantitative comparative data for Europe which is presented at the beginning, generated from a semi-structured questionnaire in 240 services in the areas described above in 16 EU partner countries, shows that until now, interpreters are employed only rarely in health care (Publication 1). This is also the case for Germany, despite its being a country of immigration and migration. Causes are seen to be the partial absence of funding and the lack of binding guidelines, compared to the results of other EU countries in which such regulations exist. Although the figures for the use of interpreters in psychosocial services are slightly higher than the respective figures for general practitioners and A&E; departments, they are still very low. If one considers that language is the fundamental working tool in both psychotherapy and psychosocial practice, these low numbers are remarkable. In order to contextualise these findings, data is also presented from a Delphi process with experts from the 16 EU partner countries, collected in the same EU project on good practice in health care delivery for migrants (Publication 2). According to expert opinion, both the use of interpreters / linguistic and cultural mediators and the cultural sensitivity of care services are among the most important criteria for good practice in services for migrants. Based on the analysis of the qualitative data from interviews with staff of the mental health services mentioned above, the need for action becomes clear: the analysis of the interviews points towards language barriers and differing cultural ideas as the main obstacles (Publication 3). However, the analysis of the qualitative data from all three types of service (general practitioners, psychosocial services and A&E; departments) shows that language and culture are regarded as important cornerstones of high quality care for migrants. All of the data highlights that more than just language translation is required (Publication 4). Publication 5 compares the good practice criteria compiled here with the concept of intercultural opening, which has been much discussed in Germany; some overlaps can be found. The interim results of the SeGeMi study sponsored by VW (Seelische Gesundheit und Migration - Mental Health and Migration) on the state of intercultural opening in mental health services show that implementation is especially low with regard to the use of interpreters / linguistic and cultural interpreters, thus confirming the data from publication 1. Thus, if it is assumed that both language and culture are to be regarded as essential for such translation work, this is another argument for integrating both dimensions into the role of interpreter, as is the case with the concept of the linguistic and cultural mediator (Publication 6-8). Through the use of qualitative data, this piece of work illustrates exactly what distinguishes linguistic and cultural mediators from interpreters, and which opportunities and difficulties are involved in actual practice. The data, collected during a study at the Centre for Intercultural Psychiatry, Psychotherapy and Supervision (ZIPP) at the Charité University Medicine in a psychiatric, psychotherapeutic setting show that linguistic and cultural mediators should be regarded as part of a therapeutic triad, and that supervision should therefore be oriented towards concepts for small groups. Moreover, cultural misunderstandings or confusion should not be construed as interference, but rather be disclosed in order to work on them. In the last two publications (7 and 8), these aspects are derived mainly from empirical material, as well as from theoretical discourse on social and cultural psychology, psychoanalysis, and ethnopsychoanalysis. This synopsis of the publications offers views on: 1\. Integration of linguistic and cultural aspects in translation according to the concept of linguistic and cultural mediators, 2\. Professionalisation of linguistic and cultural mediators 3\. Work with linguistic and cultural mediators in psychosocial professional fields 4\. Future research and development possibilities in practice. The overall objective of linguistic and cultural mediators in becoming a recognised element of psychosocial and psychotherapeutic work is to ensure access to care, improve the quality of care for all those whose native language is not German, and to avoid costly malpractice. Under the conditions described, linguistic and cultural mediators could make an important contribution to this end.