Die Inzidenz von Pseudarthrosen nach Frakturen im Bereich des Tibiaschaftes liegt in Abhängigkeit der initialen Traumacharakteristik bei 3-54%. Die Behandlung von Pseudarthrosen des Tibiaschaftes ist langwierig und stellt sowohl den behandelnden Chirurgen, als auch den Patienten vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Wir konnten erstmals nachweisen, dass selbst bei erfolgreich therapierten Patienten mit einer adäquaten Knochen- und Weichteilheilung auch im Langzeitverlauf signifikante Einschränkungen bezüglich des funktionellen Outcomes und der Lebensqualität bestehen. Vor dem Hintergrund dieser Aspekte wurden experimentelle Ansätze zur Prophylaxe und Optimierung der Therapie vorgestellt und evaluiert. Als neues Konzept wurde die lokale Applikation von bioaktiven Substanzen über eine Poly(D,L-laktid) Beschichtung (PDLLA) für Implantate eingeführt. Dabei fungiert das Implantat zum einen als mechanischer Stabilisator für die Fraktur, bzw. Pseudarthrose, und zum anderen als „Drugcarrier“ für pharmokologische Substanzen, mit der Potenz den Knochenstoffwechsel positiv zu beeinflussen. Das PDLLA stellt in seiner Form als Implantatbeschichtung das Bindeglied zwischen dem Implantat und dem Pharmakon dar. Während in Vorarbeiten die Biodegradierbarkeit und Freisetzungskinetik von Substanzen aus der Beschichtung bereits dargestellt wurde, konnte nun auch die Biokompatibilität nachgewiesen werden. Im ersten Ansatz wurde über das Konzept des bioaktiven Implantates ein non-viraler Gentransfer durchgeführt. Dafür wurden Copolymer-geschützte, für BMP-2 kodierende, DNA-Plasmide in die Implantatbeschichtung eingearbeitet und das Verfahren in einem etablierten Frakturmodell der Rattentibia hinsichtlich seiner Sicherheit und Effektivität beurteilt. Der Gentransfer führte zu keiner systemischen Distribution und konnte als sicher eingestuft werden. Es konnte eine transgene Expression von BMP-2 über den gesamten Versuchszeitraum nachgewiesen werden, wobei der stimulierende Effekt auf die Frakturheilung moderat war. In der folgenden Aufarbeitung humanen Pseudarthrosengewebes, inklusive der Konzentrationsbestimmung einzelner Wachstumsfaktoren, war die BMP-2 Expression unterhalb der Nachweisgrenze. Die Wachstumsfaktoren BMP-7 und PDGF-AB waren im Vergleich zum Kallusgewebe aus regelhaft geheilten Frakturen vermindert, während gleichzeitig die BMP-Gegenregulatoren Noggin und Sklerostin im Gewebe nachweisbar waren. Obgleich der Limitationen dieser Studie ergaben sich hieraus Gedanken hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der Gabe einzelner BMPs zur Prophylaxe und Therapie von Pseudarthrosen im Kontext der bekannten, engen Regulation und Steuerung durch die Interaktion einer Vielzahl von molekularen Aktionspartnern. Während die BMPs einen pro-anabolen Effekt auf den Knochenstoffwechsel haben, sollte im nächsten Ansatz die Applikation von Bisphosphonaten, als anti-katabole Substanzgruppe, auf die Knochenheilung untersucht werden. Zolendronat ist als Bisphosphonat der dritten Generation für andere Indikationen bereits im breiten klinischen Einsatz. Mit dem etablierten Frakturmodell der Rattentibia sollte der Einfluss von Zolendronat in der bekannten PDLLA-Beschichtung auf die Knochenheilung untersucht werden. Das Ergebnis zeigte eine signifikant beschleunigte Frakturheilung mit erhöhten Kallusvolumina für die Zolendronat-Gruppe im Vergleich zu den Kontrollgruppen nach 42 Tagen, während sich der Effekt nach 84 Tagen tendenziell nivellierte. Grundsätzlich könnte dieser Ansatz im Rahmen der Akutversorgung zur Prophylaxe von Tibiaschaftpseudarthrosen beitragen oder im Rahmen der operativen Therapie von manifesten, atrophen Pseudarthrosen einen sinnvollen Bestandteil darstellen, um die Knochenheilung positiv zu beeinflussen. Mit der Fokussierung auf die prophylaktische Anwendung hinsichtlich der Ausbildung von postoperativen Infektionen bei der primären Knochendefektauffüllung bei atrophen Pseudarthrosen oder zum Schutz des Knochenregenerates bei der sekundären Defektauffüllung bei Infektpseudarthrosen wurde die Kombination des Knochenersatzmaterials DBM mit verschiedenen Antibiotika zur perioperativen Anwendung untersucht. Das Mischsystem erwies sich dabei als sicher und reliabel. Es konnten in vitro solide Freisetzungskinetiken von Tobramycin, Gentamicin und Vancomycin aus der DBM nachgewiesen werden. Die Antibiotika zeigten nach Freisetzung ihre biologische Aktivität und es konnten in der Zellkultur mit osteoblastären Zellen keine toxischen Nebenwirkungen gefunden werden. Das Konzept zeigt in vitro großes Potential und gerade die perioperative Anwendung könnte ein eleganter Baustein in der oftmals individualisierten Therapie von Tibiaschaftpseudarthrosen darstellen.
Non-unions after fractures of the tibia shaft show an incidence of 3-54%. The treatment of tibial shaft non-unions is time consuming and demanding for the surgeon and the patient. We could demonstrate that even sucessfully treated patients in terms of an adequate bone and soft tissue consolidation are suffering from a significant loss of function and reduction in quality of life. Therefore experimental approaches for prevention and treatment of tibial non-union have been introduced and evaluated. As a new concept the local application of bioactive substances with a poly(D,L-laktid) coating (PDLLA) for orthopaedic implants was introduced. The implant serves as mechanical stabilisation device and as a „drug carrier“ for pharmaceutical substances with the potency to positively influence bone metabolism. In this case the PDLLA acts as the connector between implant and therapeutic drug. Whereas previous work already displayed biodegradability and release kinetics from substances applied via the PDLLA coating, the biocompatibility was now confirmed. Applying this concept of a bioactive implant a non-viral gene transfer was performed. Therefore copolymer protected DNA plasmid coding for BMP-2 were incoporated into the PDLLA coating of osteosynthetic implants. In a standardized rat fracture model of the tibia this concept was tested for safety and efficacy. This gene transfer did not lead to a systemic distribution and was therefore considered to be safe. A transgene expression of BMP-2 was detected throughout the whole study period, whereas the stimulating effect on fracture healing was only moderate. In the following analysis of human non-union tissue the BMP-2 expression was below detection level. Growth factors BMP-7 and PDGF-AB were diminished in comparison to the callus of fractures with uneventful healing, whereas the BMP antagonists Noggin and Sclerostin were detectable in the non-union tissue. Despite some limitations of this study thoughts about the efficiency of a single BMP administration in the treatment of non-unions arose, especially in the context of the tight regulation of multiple molecular mechanisms in bone healing. BMPs have a pro anabolic effect on the bone metabolism. As a different concept, the application of bishosphonates, as anti catabolic substances, were investigated for their role in bone healing. Zolendronate is a third generation bisphosphonate, which already is established for a variety of clinical indications. The influence of zolendronate incorporated in the PDLLA coating was investigated using the same rat fracture model. This led to significantly higher callus volumes in the zolendronate group compared to the control groups after 42 days, whereas this effect alleviated after 84 days. Generally this concept may be beneficial in terms of prevention during the acute treatment of tibial fractures or might also be an advantageous adjunct for the surgical therapy of manifest atrophic non-unions. With a focus on prevention against postoperative infections after primary bone defect filling in atrophic non- unions or as protection after secondary bone defect filling in the treatment of infectious non-unions, the combination of demineralized bone matrix with different antibiotic agents for a perioperative utilization has been investigated. The mixing procedure was safe and reliable. In vitro, stable release kinetics of Tobramycin, Gentamicin and Vancomycin from the demineralized bone matrix were verified. All antibiotic agents showed biologic activity after their release and no toxic side effects were present. This concept shows great potential and especially the perioperative application could be an elegant part of a foremost individualized therapy of tibial non- unions.