Mikrogliazellen sind hochreaktive, mobile und multifunktionelle Zellen des zentralen Nervensystems, die sowohl im gesunden als auch im erkrankten Gehirn eine wichtige Rolle einnehmen. Residente Mikrogliazellen weisen einen herunterregulierten Immunphänotyp auf, der durch eine spezielle Morphologie und einen Mangel an endozytotischer und phagozytotischer Aktivität gekennzeichnet ist. In diesem Zustand sind die Zellen speziell an die Mikroumgebung des ZNS adaptiert und erfüllen im gesunden Gehirn als immunkompetente Zellen eine überwachende Funktion, wobei Mikroglia nicht nur auf Veränderungen der strukturellen Integrität im Gehirn, sondern auch auf verschiedenste Veränderungen in ihrer Mikroumgebung, hoch sensitiv reagieren kann. Bei neuroinflammatorischen Prozessen im Gehirn können Mikrogliazellen aktiviert werden und in die Gebiete der neuronalen Degeneration migrieren, Neurone phagozytieren und große Mengen an freien Radikalen und zytotoxischen Zytokinen produzieren. Diese Faktoren tragen zu einem massiven neuronalen Sekundärschaden bei, der zu Ausfällen von Hirnfunktionen führen kann. Als Antwort auf einen zellulären Schaden durch Sauerstoffradikale oder durch eine Exzitotoxizität wird das nukleäre Enzym Poly(ADP-Ribose)-Polymerase-1 (PARP-1) aktiviert. Die PARP-1 katalysiert unter Abspaltung von Nikotinamid den Transfer von ADP-Ribose-Einheiten aus NAD+ auf spezifische Akzeptorproteine. Diese Poly(ADP-Ribosyl)ierungsreaktion bewirkt eine posttranslationelle Modifikation nukleärer Proteine. Um die Rolle der PARP bei der Mikrogliaaktivierung aufzuklären, wurde zunächst ein antisense PARP-1-Vektor (asPARP-1) kloniert. Mit diesem Vektor wurden BV-2 Mikrogliazellen stabil transfiziert und in Versuchen mit NMDA-geschädigten organotypischen hippokampalen Gewebeschnittkulturen (OHSK) eingesetzt, um Untersuchungen zum neuronalen Zelltod und zur mikroglialen Migration dieser Zellen durchzuführen. Während BV-2 Zellen, die mit dem Kontrollvektor transfiziert worden waren, zur Ausbildung eines ausgeprägten neuronalen Sekundärschadens führten, konnte dieser in Gewebeschnitten nach der Zugabe von asPARP-1-transfizierten Zellen komplett aufgehoben werden. Weiterhin zeigten die Ergebnisse zur Analyse des Migrationsverhaltens, daß Kontrollvektor-transfizierte Zellen in der Lage waren, regionspezifisch in die Gebiete der neuronalen Schädigung einzuwandern, während asPARP-1-transfizierte Mikrogliazellen dies nicht taten und diffus im Schnitt verteilt zu finden waren. Nachfolgende Untersuchungen beschäftigten sich mit der Aufklärung des Signalweges, über den die PARP-1 die funktionellen Eigenschaften der regionspezifischen Migration kontrolliert. FACS-Messungen zeigten dabei eine verminderte Expression des β2-Integrins CD11a in asPARP-1 Mikrogliazellen im Vergleich zu Kontrollvektor-transfizierten Zellen, während die Expressionsmuster anderer Moleküle wie CD11b, CD18 und ICAM-1 unverändert blieben. Nach der Klonierung eines antisense CD11a-Vektors (asCD11a) wurden BV-2 Mikrogliazellen stabil mit diesem Vektor transfiziert und in OHSK, nach exzitotoxischer Schädigung mit NMDA, das Migrationsverhalten dieser Zellen analysiert. Mikrogliazellen, die mit dem asCD11a-Vektor transfiziert worden waren, konnten nicht in die Regionen der neuronalen Schädigung einwandern, während Kontrollvektor-transfizierte Zellen eine zielgerichtete Invasion in die Neurodegenerationsgebiete zeigten. Immunoblot Analysen von isolierten Zellkernen nach der Inhibition der PARP-1 mit 3-ABA zeigten eine Inhibierung der PARP-1-Aktivität und eine reduzierte Expression des β2-Integrins CD11a in der FACS-Messung. Mit den Ergebnissen der Northern Blot Analysen konnte ermittelt werden, daß die CD11a-mRNA-Expression auf transkriptioneller Ebene zum Teil durch eine Kooperation der PARP und des Transkriptionsfaktors NF-κB reguliert wird. Ko-Immunpräzipitationen, in die das HMG-1 (Y) Protein miteinbezogen wurde, zeigten weiterhin eine direkte Protein-Protein- Interaktion des HMG-1 (Y) mit dem PARP-1-NF-κBKomplex über die aktivierte und poly(ADP-ribosyl)ierte PARP in LPS aktivierten Zellen. Weiterhin wurden Experimente mit primären Mikrogliazellen durchgeführt. Mittels einer neu etablierten Methode über PAMAM-Dendrimere erfolgte die transiente Transfektion der Primärzellen mit dem asPARP-1-Vektor. OHSK zeigten nach NMDA-Schädigung und dem Transfer von Kontrollvektortransfizierten Zellen die Ausbildung eines massiven neuronalen Sekundärschadens, während durch die Zugabe von asPARP-1-transfizierten primären Mikrogliazellen dieser Schaden komplett verhindert werden konnte. Untersuchungen zum Migrationsverhalten zeigten, daß Kontrollvektor transfizierte Zellen regionspezifisch in die Läsionsgebiete migrierten, während Primärzellen, die mit dem asPARP- 1-Vektor transfiziert worden waren, nicht zielgerichtet einwanderten. Damit konnten die Ergebnisse, die durch funktionelle Analysen mit der permanenten Zellinie BV-2 gemacht worden waren, mit primären Mikrogliazellen bestätigt werden. Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, daß die PARP-1 in aktivierten Mikrogliazellen die Expression des migrationsrelevanten Integrins CD11a über eine direkte Protein-Protein-Interaktion, bestehend aus der poly (ADP-ribosyl-)ierten PARP-1, dem Transkriptionsfaktor NF-κB-und dem HMG-1 (Y) Protein, kontrolliert und durch die Hemmung der PARP-1 die Neurone in lebendem Hirngewebe komplett vor einem Sekundärschaden geschützt werden können. Damit wurde zum einen ein grundsätzlich neues Regulationsprinzip der Integrin- Expression beschrieben und zum anderen mit der PARP ein molekulares Zielprotein identifiziert, an dem neue therapeutische Strategien zur Neuroprotektion nach einer exzitotoxischen Schädigung ansetzen können.
This study focused on the regulation of microglial activation after excitotoxic injury in organotypic hippocampal brain tissue (OHSCs). During neuroinflammation, activated microglial cells migrate towards sites of neuronal injury, phagocytose damaged cells and produce large amounts of oxygen free radicals and toxic cytokines, which might contribute to severe secondary neuronal damage and cell death and account for most of the loss of brain function. In response to cellular damage by oxygen free radicals or excitotoxicity, a rapid and strong activation of the nuclear enzyme poly(ADP- ribose) polymerase, which catalyses the synthesis of poly(ADP-ribose) (PARP) attached to protein acceptors, occurs in damaged cells. To test the function of PARP in activated microglial cells we first cloned an antisense PARP-1 pcDNA 3.1 vector (asPARP) and transfected BV-2 microglial cells with it. Stably transfected cells were used in studies with NMDA-damaged OHSCs, enabling observation of the effects of neuronal cell death and microglial invasion. Whereas control-vector-transfected microglial cells contributed to severe secondary damage, this secondary damage was completely abolished when microglial cells lacked PARP-1. Moreover, the invasion of microglial cells into sites of neuronal damage demonstrated that control-vector-transfected microglial cells were capable of strongly migrating to sites of neurodegeneration, whereas no site-specific migration was detected in hippocampal brain tissue incubated with asPARP-1 microglial cells. Thereafter, studies were focused on revealing the pathway which links PARP-1 to the functional feature of site-specific migration towards regions of neuronal injury. FACS analysis showed a greatly decreased expression pattern of the ß2-Integrin CD11a in asPARP-1 microglial cells in comparison to control- vector-transfected cells, whereas the expression of other adhesion molecules such as CD11b, CD18 and ICAM-1 remained unchanged. The next step was the cloning of an anti-sense CD11a pcDNA3.1(+) vector (asCD11a) and establishment of a stably transfected microglial cell line. These microglial cells were transferred to the surface of NMDA-damaged OHSCs in which microglial invasion was being investigated. Microglial cells transfected with the asCD11a vector were not capable of migrating specifically, whereas controlvector- transfected microglial cells migrated strongly into regions of neuronal injury. Immunoblot analysis of isolated nuclei and inhibition of PARP by 3-ABA showed expressed but inhibited PARP-1 and a decreased CD11a expression, as determined by FACS analysis. The results of the Northern blot analysis indicate that Cd11a mRNA expression is partly regulated transcriptionally by a cooperative action of PARP and NF-κB. Moreover, co-immunoprecipitation experiments involving the HMG-1 (Y) protein, a major interaction protein of poly(ADP-ribosyl)ated PARP-1, showed a direct proteinprotein interaction of HMG-1 (Y) with the PARP-1-NF-κB-complex through poly(ADP-ribosyl)ated PARP in LPS-activated cells but not in resting microglial cells or microglial cells with inhibited PARP-1. Further independent experiments were performed with primary microglial cells transiently transfected with the antisense pcDNA3.1(+) vector using a modified polyamidoamine (PAMAM) dendrimer method. Transfer of control-vector- transfected primary microglial cells onto NMDAdamaged OHSCs contributed to secondary damage. After transfer of asPARP-1-transfected microglial cells, this secondary damage was completely abolished. Investigations into the capacity of asPARP-1 cells to migrate towards regions of neuronal injury demonstrated that control-vector-transfected primary micoglial cells migrated specifically into sites of neuronal injury in contrast to asPARP-1- transfected primary microglial cells, which were not capable of a site- specific migration, confirming the tendency of the experiments with the asPARP-1-transfected BV-2 cell line. In conclusion, specific downregulation of PARP in microglial cells was capable of completely protecting neurons in living organotypic brain tissue from secondary damage via an intracellular PARP-1 dependent pathway involved in microglial activation and the expression of the migrationrelevant adhesion molecule CD11a. These findings demonstrate the crucial role of PARP in microglial activation and migration, and render PARP a potential therapeutic target for protecting neurons from secondary damage.