Eine Vielzahl von Studien zeigte übereinstimmend, dass die Theory of Mind (ToM), die Fähigkeit, mentale Zustände verstehen zu können, bei Patienten mit Schizophrenie und bipolar affektiver Störung beeinträchtigt ist. Damit übereinstimmend verweisen bildgebende Studien an diesen Patientengruppen auf veränderte Hirnaktivierungen in Regionen des ToM-Netzwerks: Dem medialen präfrontalen Kortex (MPFC), der temporo-parietalen Übergangsregion (TPJ) und dem Precuneus / posterioren Gyrus cinguli (Pcu/PCC). Da beide Störungen eine hohe Heritabilität besitzen und auch die Fähigkeit zur ToM eine Erblichkeitskomponente hat, könnten ToM-Veränderungen und ihre hirnfunktionellen Korrelate einen intermediären Phänotyp beider Störungen darstellen. Diese Hypothese wird auch dadurch gestützt, dass entsprechende Auffälligkeiten zuvor bei nicht erkrankten Verwandten von Patienten gefunden wurden, State-unabhängig zu sein scheinen und durch genetische Risikovarianten für Schizophrenie und bipolare Störungen beeinflusst werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es weitergehend zu untersuchen, ob Veränderungen in der hirnfunktionellen ToM-Verarbeitung bei beiden Störungen Kriterien für intermediäre Phänotypen erfüllen. Dabei sollte die vorliegende Datenlage um Studien zu zwei Kriterien für intermediäre Phänotypen erweitert werden: Die Assoziation mit den Störungen und das erhöhte Vorkommen bei nicht erkrankten Verwandten. Anliegen von Studie 1 war die Replikation einer zuvor berichteten Assoziation einer Risikovariante im Gen ZNF804A für Schizophrenie und bipolare Störungen mit der Aktivität des ToM-Netzwerks bei psychisch nicht erkrankten Probanden. In Studie 2 wurden Veränderungen im ToM-Netzwerk bei nicht erkrankten erstgradigen Verwandten von Patienten mit Schizophrenie untersucht und in Studie 3 wurden hirnfunktionelle Auffälligkeiten sowohl bei Patienten mit bipolarer Störung als auch bei nicht erkrankten Verwandten untersucht. Dabei konnte repliziert werden, dass mit zunehmender Risikoallelzahl in einem Einzelnukleotidpolymorphismus in ZNF804A Hirnaktivität in Kernregionen des ToM-Netzwerks abnimmt (Studie 1). Überlappend mit diesen Effekten wiesen Verwandte von Patienten mit Schizophrenie eine verminderte Aktivierung des MPFC auf (Studie 2). Darüber hinaus beobachtete Hyperaktivierungen in posterioren ToM-Regionen waren in dieser Gruppe ferner mit subklinischer paranoider Symptomatik assoziiert. Bei Patienten mit bipolarer Störung fand sich verminderte Aktivität der bilateralen TPJ sowie reduzierte funktionelle Konnektivität zwischen der TPJ und dem MPFC (Studie 3). Zwar wiesen Verwandte von Patienten dieser Störungsgruppe intermediäre Aktivierungs- und Konnektivitätsmuster auf, doch waren diese Effekte nicht statistisch signifikant. Die Gruppe der Verwandten zeigte jedoch eine erhöhte rechts- temporale Aktivierung im Vergleich zu Patienten sowie eine erhöhte Konnektivität zwischen dieser Region und dem MPFC. Diese Ergebnisse stützen die Hypothese, dass Veränderungen in der hirnfunktionellen ToM-Verarbeitung einen intermediären Phänotyp der Schizophrenie darstellen könnten. In Bezug auf die bipolare Störung ergaben sich hingegen uneinheitliche Befunde, die weiterer Erforschung bedürfen.
A multitude of studies consistently showed that Theory of Mind (ToM), the ability to understand mental states, is compromised in patients with schizophrenia and bipolar disorder. Congruently, functional imaging studies in these patient populations demonstrated altered activity in core regions of the ToM network, i.e. the medial prefrontal cortex (MPFC), temporo-parietal junction (TPJ), and precuneus / posterior cingulate cortex (Pcu/PCC). Since both disorders are highly heritable and ToM abilities have a heritable component as well, ToM alterations and its functional brain correlates might qualify for an intermediate phenotype of both disorders. This hypothesis is supported by findings that abnormalities were also found in unaffected relatives of patients. Furthermore, they seem to be state-independent, and they were shown to be affected by genetic risk variants for schizophrenia and bipolar disorder. Aim of the present study was to further explore whether alterations in functional ToM processing would fulfill criteria for intermediate phenotypes in both disorders. The current state of research was to be expanded by studies on two criteria for intermediate phenotypes: the association with the disorders and the higher prevalence in unaffected relatives. Study 1 was conducted in order to investigate whether a previously shown association of a risk variant for schizophrenia and bipolar disorders in the gene ZNF804A with activity of the ToM network could be replicated in healthy controls. Study 2 focused on ToM network alterations in unaffected first-degree relatives of patients with schizophrenia and study 3 explored aberrations in patients with bipolar disorder as well as unaffected relatives. Decreasing activation of core ToM regions with increasing risk allele dosage of a single nucleotide polymorphism within ZNF804A was successfully replicated (study 1). Overlapping with these effects, relatives of patients with schizophrenia exhibited diminished MPFC recruitment (study 2). In addition, relatives also showed hyperactivity in posterior ToM regions, which correlated with subclinical paranoid symptomatology. In patients with bipolar disorder reduced bilateral TPJ activity as well as diminished functional connectivity between the TPJ and the MPFC was observable (study 3). Though relatives of patients with bipolar disorder demonstrated intermediate brain activation and connectivity patterns, these effects were not statistically significant. Still, relatives showed increased right middle temporal activation and enhanced connectivity between this area and the MPFC when compared to patients. These results support the notion that alterations in functional ToM processing might represent an intermediate phenotype of schizophrenia. However, findings for bipolar disorder were equivocal and warrant further investigation.