Einleitung Die invasive Ventilation stellt bei Patienten mit akutem Atemversagen nach wie vor eine wichtige therapeutische Maßnahme. Ihre Durchführung ist allerdings mit verschiedenen Komplikationen wie z.B. Ventilator-assoziierte Pneumonie oder das Entwöhnungsversagen vergesellschaftet. Seit vielen Jahren ist es bekannt, dass eine verzögerte Entwöhnung von der Beatmung ein hohes Risiko für Outcome der beatmeten Patienten darstellt. Viele Faktoren nehmen Einfluss auf den Verlauf der Beatmung. Die unterschiedlichen konstitutionellen Verhältnisse bedürfen einer individuellen Anpassung der künstlichen Beatmung an die Patienten. Die pathophysiologischen Eigenschaften nicht nur des Übergewichtes, sondern auch des Untergewichtes erfordern unterschiedliches, gewichtadaptiertes Management der beatmeten Patienten. Trotz bereits gewonnener physiologischer Erkenntnisse wird die Rolle des Körpergewichtes und damit verbundenen evidenzbasierte Strategien während der Beatmung und der Entwöhnung kontrovers diskutiert. In den letzten Jahren mehren sich Hinweise dafür, dass Übergewicht vorteilhaft auf das klinische Outcome der Intensivpatienten sein kann. Die klinische Wertigkeit des Untergewichtes ist aktuell der Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Methodik, Fragestellung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine retrospektive, multizentrische Beobachtungsstudie, die insgesamt 923 Patienten aus Deutschland untersucht hat. In dieser Arbeit werden folgende Fragestellungen diskutiert: Werden die Patienten unterschiedlich beatmet in Abhängigkeit von BMI? Lassen sich Unterschiede bezüglich der Beatmungsparameter in einzelnen BMI-Gruppen feststellen? Unterscheiden sich die Beatmungs- und Weaningzeiten in Abhängigkeit von BMI? Welche Rolle spielt der BMI während der Beatmung und des Weaning? Nach Erfüllung der Einschlusskriterien wurden zunächst die demographischen Daten der beatmeten Patienten erhoben. Im nächsten Schritt wurden die Patienten in BMI-Gruppen nach WHO unterteilt. Während der 28 tägigen Beobachtungszeit wurden die Beatmungsmodi sowie die Beatmungsparameter erhoben und für die Dauer der kontrollierten Beatmungsphase sowie die Dauer der Entwöhnungsphase registriert. Die Auswertung dieser Parameter erfolgte an den Intubations-, Extubationstagen und im Verlauf der Beatmung. Ergebnisse Anhand unserer Untersuchungen lassen sich folgende Ergebnisse präsentieren: Innerhalb der BMI-Gruppen gab es nur geringe Unterschiede hinsichtlich der demographischen Daten, der Beatmungsmethoden sowie der Ursachen, die zur Beatmung geführt haben. Die Beatmung mit kleinen Tidalvolumina von 6ml/kgPBW im Sinne einer lungenprotektiven Beatmung wurde bei Patienten aller BMI- Gruppen nicht eingehalten. Patienten erhielten höhere Tidalvolumina je höher der BMI der Patienten war. Bezogen auf das Messgewicht erhielten Patienten mit hohem BMI die geringsten Tidalvolumina. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Tidalvolumina in Abhängigkeit vom BMI nach subjektiver Einschätzung der Körpermasse völlig unabhängig von objektiven Messparametern appliziert werden. Der BMI wurde bei der Einstellung des positiv endexpiratorischen Drucks nicht berücksichtigt. Der im Verhältnis zum BMI relativ niedrige PEEP ist bei den übergewichtigen Patienten mit einem niedrigeren Oxygenierungsindex assoziiert. In Kombination relativ hoher Tidalvolumina mit niedrigen PEEP Einstellungen ist zu vermuten, dass die Beatmungseinstellung bei stark übergewichtigen Patienten zu einem hohen tidalen Rekruitment geführt hat und damit bei diesen Patienten am wenigsten lungenprotektiv war. In Abhängigkeit von BMI zeigten sich signifikante Unterschiede in den Beatmungszeiten unserer Patienten. Die längste Beatmungsdauer hatten die Patienten der BMI-Gruppe >=40 kgKG/m². Allerdings gab es keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Entwöhnungdauer im Vergleich der BMI-Gruppen. Schlussforderung Auf Grund dieser Ergebnisse stellen wir fest, dass die Beatmungstherapie bei über- und untergewichtigen Patienten in der klinischen Praxis einige Defizite aufweist. Die neuen Studien weisen auf die notwendige Verbesserung der gewichtsadaptierten Ventilation solcher Patienten unter Beachtung bereits bekannter klinischer Faktoren hin.
Abstract Invasive ventilation remains an important treatment option for patients with acute respiratory failure. However, it involves the risk of various complications such as ventilator-associated pneumonia or weaning failure. It has been known for many years that delayed weaning from ventilation presents a high risk for the outcome of ventilated patients. Many factors have an effect on the course of ventilation. Different constitutional situations make it necessary to adapt artificial ventilation individually to patients. The pathophysiological properties not only of overweight, but of underweight as well, require different weight-adapted management of the ventilated patients. Despite the huge amount of physiological information, the role of body weight and related evidence-based strategies during ventilation and weaning has been the subject of some controversy. In recent years, there has been increasing evidence that being overweight has a positive effect on the clinical outcome of intensive care patients. The clinical disadvantage of underweight is currently the subject of research. Methods, Clinical Question This is a report of a retrospective, multi-center observational study including a total of 923 patients in Germany. The following clinical questions were discussed in this study: Were patients ventilated differently depending on their BMI? Were any differences found with respect to the ventilation parameters among the various BMI groups? Did ventilation and weaning periods differ depending on BMI? What role did BMI play during ventilation and weaning? First, demographic data were recorded for ventilated patients who fulfilled the inclusion criteria. In the next step, the patients were assigned to BMI groups according to the WHO classification. During the 28-day observation period, the modes and parameters of ventilation were recorded and documented for the duration of the controlled ventilation period and the weaning period. These parameters were analyzed on the day of intubation, day of extubation, and during the course of ventilation. Results Our investigation yielded the following results: There were only slight differences among the BMI groups regarding demographic data, ventilation methods, and causes leading to ventilation. The use of lung-protective ventilation with small tidal volumes of 6ml/kgPBW was not adhered to in patients of all BMI groups. Patients were given higher tidal volumes the higher their BMI was. Related to their weight, patients with a high BMI were given the lowest tidal volumes. These results suggest that tidal volumes were applied depending on the BMI after a subjective estimate of the body weight, completely independently of objectively measurable parameters. The BMI was not taken into consideration when setting the positive end-expiratory pressure. The relatively low PEEP in comparison with the BMI was associated with a lower oxygenation index in overweight patients. The combination of relatively high tidal volumes with low PEEP settings leads to the assumption that the ventilation settings in severely overweight patients resulted in high tidal recruitment and that ventilation was thus least lung-protective in these patients. There were significant differences in the ventilation periods of our patients depending on their BMI. The patients in the BMI group >=40 kgKG/m² had the longest ventilation periods. However, there were no differences in the weaning period among the BMI groups. Conclusion Based on these results, we conclude that in clinical practice, there are a few deficits in ventilation therapy of overweight and underweight patients. The latest studies point out the need for improvement of weight-adapted ventilation of these patients taking already known clinical factors into consideration.