Die Ausbildung einer effektiven adaptiven Immunantwort nach einer Infektion oder während einer Entzündung erfordert eine koordinierte Zirkulation von Immunzellen durch fast alle Bereiche des Körpers. Die Reifung von T- und B-Lymphozyten und die Aufrechterhaltung der Funktionsbereitschaft im Immunsystem ist von der Wanderung der Lymphozyten innerhalb der lymphatischen Gewebe und von einem lymphatischen Organ zum anderen abhängig. Im Gegensatz zu Granulozyten, die mit einer begrenzten Auswahl von Chemokinrezeptoren auskommen, beanspruchen die T-Lymphozyten nahezu alle bekannten Rezeptoren. Das distinkte Expressionsmuster passt sich dem funktionellen Zustand der Lymphozyten an, und kann als spezifischer Marker für ihre Reife, Differenzierung und Aktivierung angesehen werden. Die in der vorliegenden Habilitationsschrift vorgestellten Arbeiten verdeutlichen die funktionelle Relevanz der konstitutiven Chemokine und ihrer Rezeptoren für die Aufrechterhaltung lymphozytärer Homöostase sowie für die Induktion adaptiver Immunantworten. Der überraschende Befund, dass CCR7 nicht nur lymphozytäre homöostatische Rezirkulation durch lymphatische Organe, sondern auch durch peripheres Gewebe steuert, hat entscheidend zur Charakterisierung einer weiteren biologischen Funktion von CCR7 geführt. Zusammen mit neueren Daten aus der Literatur ergibt sich folgendes Bild: wenn Lymphozyten den homing Rezeptor CCR7 nicht exprimieren, können diese periphere Gewebe, wie z.B. die Haut, Körperhöhlen oder auch mukosales Gewebe nicht mehr verlassen und akkumulieren dort. Entwickeln sich solche lymphoiden Aggregate weiter zu funktionellen ektopischen Follikeln, wie in der Magenschleimhaut von CCR7-defizienten Mäusen, können mit zunehmendem Alter der Versuchstiere pathomorphologische Veränderungen in benachbartem, viszeralen Gewebe beobachtet werden. Momentan untersuche ich, ob letzteres direkt durch die Entwicklung der ektopen lymphoiden Follikel induziert wird und welche molekularen Mechanismen dem zu Grunde liegen. Interessanterweise kommt es auch zur Akkumulation von Effektor/Memory T-Zellen oder regulatorischen T-Zellen am Ort von Entzündungen in CCR7-defizienten Mäusen, oder aber nach Transfer von CCR7-defizienten T-Zell-Subpopulationen. In beiden Fällen verstärken sich lokal die Effektorfunktionen der jeweiligen T-Zell-Subpopulationen. Zusammengenommen scheint CCR7 ein entscheidender Regulator für die lymphozytäre Rezirkulation in der Homöostase und unter entzündlichen Bedingungen zu sein. CCR7 steuert weiterhin die koordinierte Migration von DCs und T-Zellen und deren Zusammentreffen in der T-Zellzone sekundärer lymphatischer Organe. Somit ist CCR7 auch ein wichtiger Induktor primärer Immunantworten während einer bakteriellen oder viralen Infektion. Wie aus unseren Arbeiten hervorgeht, ist der Einfluß von CCR7 aber beschränkt auf die Aktivierung bestimmter T-Zell-Subtypen und bestimmte Reifungsstadien von T-Zellen, während die Aktivierung anderer T-Zell-Subpopulationen durch alternative Mechanismen induziert wird. Um der Immunabwehr am Ort einer Infektion zu entgehen, kodieren z.B. Herpesviren für immunmodulatorische Mediatoren wie Chemokin- und Chemokinrezeptor-Homologe. Ein Beispiel ist der HCMV-kodierte Rezeptor US28, der durch die Bindung von Chemokinen, wie CCL5 (RANTES), entzündliche Mediatoren aus der Umgebung einer viralen Infektion wegfängt und dadurch eine effektive anti-virale Immunantwort verhindert. Wir haben die molekularen Mechanismen dieser Immunmodulation mittels einer Kombination von Mutagenesestudien und biochemischen sowie zellbiologischen Methoden aufgeklärt. Zusammengefasst konnten wir zeigen, dass eine bisher einzigartige konstitutive Phosphorylierung von US28 sowohl dessen Zelloberflächenexpression, als auch die Endozytose des Rezeptors reguliert. Letzteres bildet die mechanistische Grundlage für die Ligandeninternalisierung, welche wiederum eine wichtige Voraussetzung für die Beseitigung inflammatorischer Chemokine am Ort einer Infektion darstellt. Bislang exisitiert leider kein geeignetes Mausmodell, um die hier postulierte immunmodulatorische Funktion von US28 in vivo zu überprüfen. Im letzten Kapitel dieser Habilitationsschrift habe ich die immunpathologische Bedeutung von CXCR5 und CCR7 in einem Antigen-induzierten Arthritis Modell und für Tumorerkrankungen herausgearbeitet. Es konnte klar gezeigt werden, dass CXCR5 eine essentielle Rolle in der Entwicklung und Organisation tertiären lymphatischen Gewebes in der späten chronischen Phase einer AIA spielt. Zur Zeit untersuche ich die Entwicklung und Organisation tertiären lymphatischen Gewebes in chronisch-entzündeter Magenschleimhaut nach Infektion mit Helicobacter pylori. Auch in diesem zweiten Modell einer chronischen Entzündung weisen die CXCR5-defizienten Mäuse eine reduzierte Entwicklung ektopischer Strukturen auf. Zusammengenommen stellt der Chemokinrezptor CXCR5 ein viel versprechendes Zielmolekül zur pharmakologischen Intervention bei chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen dar. Zahlreiche Beispiele belegen die Rolle des Chemokin-/Chemokinrezeptor-Systems bei der malignen lymphatischen Organogenese und der Tumormetastasierung. Wir konnten den Einfluß des homöostatischen Chemokinrezeptors CCR7 auf die Dissemination der spezifischen Tumorzellen im Morbus Hodgkin nachweisen. Während lymphozytäre und histiozytäre (L&H;)-Zellen der lymphozytenreichen Form überwiegend innerhalb follikulärer Strukturen lokalisiert sind, positionieren sich die Hodgkin/Reed-Sternberg-Zellen (HRS) der klassischen Hodgkin-Variante vorwiegend in der interfollikulären oder in der follikulären Mantelzone des Lymphomgewebes. Es zeigte sich, dass L&H-Zellen; den Chemokinrezeptor CCR7 nicht exprimieren, während umgekehrt die HRS-Zellen hohe Expressionsspiegel des Rezeptors CCR7 aufwiesen. Somit korrespondiert die CCR7-Rezeptorexpression exakt mit der Verteilung ihrer Liganden im Lymphomgewebe. Wir postulieren, dass CCR7 Expression eine Voraussetzung für die spezifische Lokalisation von Tumorzellen des klassischen Hodgkin-Subtyps ist. Zur Zeit untersuche ich das Expressionsprofil und die funktionelle Signifikanz von Chemokinen und Chemokinrezeptoren bei Primär-mediastinalen B-Zell Lymphomen (PMBL). Mittels Untersuchungen zur Interaktion von Lymphomzellen mit einem Lymphknoten- spezifischen Zellmilieu in einem Maus-Lymphommodell möchte ich die Bedingungen für "Immune Escape" und Krankheitsprogress von Lymphomen näher charakterisieren. Zusammengefasst dienen meine zukünftigen experimentellen Ansätze der Dissektion der zellulären Bedingungen für eine maligne lymphatische Organogenese. Ich erwarte, dass sich aus der Charakterisierung der zellulären Komponenten sowie deren Kommunikationswege Ansätze für das Verständnis der Lymphompathogenese ergeben werden. Die neu identifizierten interzellulären Interaktionen versprechen die Möglichkeit einer pharmakologischen oder immunologischen Intervention, so dass unser gegenwärtiges therapeutisches Repertoire entscheidend verbessert werden könnte. Ohne Zweifel wird es zukünfig von herausragendem Interesse sein, wie sich die pharmakologische Intervention in das Chemokin/Chemokinrezeptorsystem als erfolgreiche Strategie zur Behandlung von Krebs oder Autoimmunerkrankungen etablieren läßt.
The innate and adaptive immune response depends on the coordinated recirculation of leukocyte subsets through peripheral tissues and their selective homing to secondary lymphoid tissues. Chemokines and chemokine receptors play a pivotal role in lymphocyte homing during immune system homeostasis, infections and inflammation. Homeostatic chemokine receptors and their ligands are crucial for the appropriate positioning of naive T cells, B cells and antigen-bearing DCs within secondary lymphoid organs required for initiating of antigen-specific immune responses. These chemokines are also involved in lymphoid organogenesis and the development of ectopic lymphoid- like structures which have been described in chronic inflammatory processes and autoimmune diseases. The major aim of the studies described here was to define distinct functions of the homeostatic chemokine receptors CCR7 and CXCR5 under physiological and pathophysiological conditions. We showed that CCR7 controls not only lymphocyte trafficking to and within secondary lymphoid organs, but also homeostatic migration of T and B lymphocytes through non- lymphoid peripheral tissues. Disturbed peripheral recirculation of lymphocytes resulted in the development of ectopic lymphoid-like follicles and age- dependent histopathological changes in the gastrointestinal tract of CCR7 deficient mice. Both chemokine receptors, CXCR5 and CCR7, could be defined as regulatory mediators for peritoneal B cell homing and early immunity against bacterial pathogens. We additionally dissected the role of CCR7 in T cell activation and differentiation in the process of adaptive immune responses and demonstrated a distinctive role of CCR7 in cytotoxic T cell priming and in the functional activity of naive- and effector/memory-like regulatory T cells. Secondly, this work focused on the immune modulatory function of a herpesvirus-encoded chemokine receptor. We elucidated the immunomodulatory property of the human cytomegalovirus-encoded chemokine receptor US28. Due to an unusual agonist-independent phosphorylation at its intracellular C-terminus, the receptor is able to capture and endocytose inflammatory chemokines, subsequently mediating viral immune escape. In the last part of this work, we focused on elucidating the functional significance of CXCR5 and CCR7 in pathophysiological processes, among them chronic inflammation, autoimmune diseases and tumor metastasis. We established a chronic inflammatory model of rheumatoid arthritis in mice and showed that the development of tertiary lymphoid tissue, also a hallmark of human rheumatoid arthritis, was entirely dependent on the chemokine receptor CXCR5. It has also been described that chemokines and their receptors are implicated in the process of dissemination and metastasis of solid and haematopoetic tumors. We were able to show that the chemokine receptor CCR7 is consistently expressed on Reed-Sternberg cells of classic Hodgkin disease (HD) and that upregulation of CCR7 correlates with the dissemination of neoplastic cells to the interfollicular T cell zone of lymph nodes. Hence, differential chemokine receptor expression might contribute to specific localization and confinement of neoplastic cells within the target organ. In conclusion, we propose that the homeostatic chemokine receptors CCR7 and CXCR5 are attractive therapeutical targets for the treatment of chronic inflammatory and autoimmune diseases as well as for cancer.