Für die absolute Mehrheit der Patienten führt die Implantation einer Hüfttotalendoprothese durch die Reduktion der Schmerzen und eine verbesserte Mobilität zur Steigerung der Lebensqualität [22]. Bis zum Jahr 2026 muss jedoch von einer Verdoppelung der Anzahl an Hüft-TEP-Revisionen ausgegangen werden [23, 25]. Die Gründe hierfür liegen in der erhöhten Lebenserwartung der Patienten und der daraus resultierenden längeren Belastung der Implantate. Darüber hinaus werden die Prothesen aufgrund der guten Ergebnisse bei immer jüngeren Patienten eingesetzt, die einen hohen Leistungsanspruch an das Implantat haben. Für das Individuum, welches von einer Revisionsoperation betro en ist, haben die sehr guten Überlebensraten der Hüfttotalendoprothese keine Bedeutung. Für diese Patienten beträgt die Komplikationsrate 100%. Der aufgeklärte Patient stellt, bevor er sich der Primärimplantation oder Revisionsoperation unterzieht, Fragen nach der Funktion und Haltbarkeit der Prothese. Anhand der aktuellen Literatur können diese Fragen nicht adäquat beantwortet werden. Ziel der vorliegenden Habilitationsschrift war es daher, diese zwei Aspekte zu untersuchen, um Strategien zur Optimierung von Funktion und Standzeit in der Hüftendoprothetik zu entwickeln. Die entscheidenden Faktoren für diese zwei Parameter sind die Positionierung der Prothese, der Einfluss der Muskulatur und die Verankerung der Implantate. Anhand der publizierten Daten scheinen die Einflussfaktoren Körpergewicht und Geschlecht (Arbeit 1) eher von untergeordneter Bedeutung für eine herabgesetzte Funktion und Standzeit einer Prothese zu sein. Die Untersuchung des Fitmore- Kurzschaftes (Arbeit 2) zeigte zwar vielversprechende Ergebnisse bezüglich der Re- produzierbarkeit des femoralen O sets und damit der Positionierung. Die Langzeit- überlebensdaten dieses Schaftes sind jedoch bisher noch nicht verfügbar. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der gewählte Zugang entscheidenden Einfluss auf die Positionierung der azetabulären Komponente nimmt (Arbeit 3). Unklar bleibt, wie die Positionierung der Implantate bestimmt werden sollte und ob diese an den iatrogen verursachten muskulären Schaden adaptiert werden muss. Die Lewinnek- Zonen können nicht als „sicher“ bezeichnet werden. Ver- mutlich existiert für jeden Zugang und Patienten unter Berücksichtigung der anatomischen (Beckeninklination) und muskulären (Muskelschonung und Spannung) Voraussetzungen eine individuelle Implantatpositionierung. Die Individualisierung der Implantate könnte dabei helfen, die knöcherne Kontaktfläche sowie den Bewe- gungsumfang zu maximieren und die Risiken des Impingements und der Dislokation zu minimieren. Moderne 3D- Bildgebungsverfahren wie das EOS ultra-low-dose- imaging revolutionieren möglicherweise die chirurgische Planung (engl. templating) einer Prothese [95]. Die konventionelle Planung an einer anterior-posterioren Beckenübersicht wird der Komplexität des Hüftgelenkes nicht gerecht. Die Position der Implantate sollte an einem dreidimensionalen Körper bestimmt werden, der es zusätzlich ermöglicht, die Kinematik des Gelenkes zu berücksichtigen. Dynamische 3D-Bildgebungsverfahren können dabei helfen das Zusammenspiel der Beckeninklination und der Lendenwirbelsäule besser zu verstehen. Während bereits gezeigt werden konnte, dass sich die Beckeninklination beim Übergang von der liegenden Position in den Stand deutlich ändern kann [161], ist der Einfluss einer dorsolateralen Stabilisierung auf die Beckenstellung bisher nicht untersucht worden. Durch die interne Fixation der lumbalen und sakralen Wirbelsäulensegmente wird die Inklination des Beckens durch die im Wirbelsäulenimplantat vorgegebene Lordosierung festgelegt. Auch die Bedeutung einer Gewichtszunahme bzw. -reduktion für die Be- ckenkippung ist unklar. Möglicherweise führt auch die im Alter häufig auftretende Kyphosierung der Brust- und Lendenwirbelsäule nach osteoprotischen Frakturen zu einer veränderten Beckenstellung. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der im Alter unvermeidbare Verlust der Muskelsubstanz (Sarkopenie) die Kippung des Beckens durch die Schwäche der ventralen und dorsalen Rumpfmuskulatur beeinflusst und eine modifizierte Implantatpositionierung notwendig macht. Strategien, den Muskelverlust zu minimieren, sind trotz der Einführung minimalinvasiver Zugänge an ihre Grenzen gestoßen. Durch die eingeschränkte Übersicht kann es bei diesen Zugängen sogar zu einem ausgedehnteren Schaden als bei den konventionellen Varianten kommen (Arbeit 4). In Anbetracht der steigenden Anzahl von Patienten mit krankhafter Fettleibigkeit und der dadurch erschwerten Exposition werden die Standardzugänge auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Eine der größten Herausforderungen besteht somit in der Prävention des Muskelverlustes. Der Muskelschaden ist nach Auswertung unserer eigenen Studien nicht zu verhindern und erfordert möglicherweise die Biologisierung der Implantation. Hierunter versteht man die Verknüpfung von technischen und biologischen Bestandteilen in einem medizinischen Prozess wie der Implantation einer Prothese oder einem medizinischen Produkt wie der Prothese selbst. Die Therapie mit mesenchymalen Stammzellen stellt im Sinne der Biologisierung eine Erweiterung des Weichteilmanagementes dar (Arbeit 5). Autologe Zellthera- pieverfahren kommen für die Orthopädie/Unfallchirurgie nicht in Betracht. Die Nachteile hierbei sind die kosten- und zeitintensive Isolierung und die fehlende just-in-time Verfügbarkeit. Hinzu kommt das hohe Alter der orthopädischen Pati- enten und dem damit einhergehenden niedrigen Regenerationspotential der Zellen. Diese Argumente erschweren einen autologen Ansatz in der klinischen Routine. Insofern werden sich vermutlich allogene Zelltherapien durchsetzen. Da Stammzellen nach aktuellem Wissensstand durch die Sektretion von pro- angiogenen sowie anti- apoptotischen und -inflammatorischen Botensto en die Regeneration verbessern, wäre der Einsatz von Wachstumsfaktoren eine weitere Strategie zur Prävention des Muskelschadens. Darüber hinaus könnte die Biologisierung der Implantate durch Wachstumsfaktoren ein besseres Einwachsen und damit zu steigenden Überlebensraten führen. Jumbo cups haben in unseren Untersuchungen hervorragende Langzeitergebnisse gezeigt (Arbeit 6). Die Komponenten tragen jedoch nicht zur Rekonstruktion des knöchernen Lagers bei. Vielmehr kommt es durch den Fräsvorgang im Rahmen der Implantation zu einem zusätzlichen Knochenverlust. Im Falle einer erneuten Revision kann so eine sehr defizitäre Knochensituation entstehen. Bei Defekten mit einem großen kranio-kaudalen Durchmesser muss für die Verankerung des jumbo cups der Vorder- und/oder Hinterrand des Azetabulums geopfert werden. Problematisch kann dann ein mögliches Impingement mit dem Musculus psoas sein. Modulare Revisionssysteme bieten hier klare Vorteile, um ohne zusätzlichen Knochenverlust das Drehzentrum zu distalisieren und eine gute Press-fit Verankerung zu erzielen. Der Knochenverlust kann jedoch nicht nur iatrogen während der Implantation der jum- bo cups entstehen. Konventionelle Implantate sind durch die damals verfügbaren Metalle häufig sehr rigide und unterscheiden sich deutlich von der physiologischen Elastizität des Knochens. Rigide Pfannensysteme führen zu erhöhten Scherkräften im Knochen-Implantat-Interface und damit zu Osteolysen (engl. stress-shielding). Falls ein jumbo cup erneut revidiert werden muss, kann neben dem schon bestehenden Knochendefizit das stress-shielding zu einem massiven knöchernen Substanzverlust führen. Daher besteht der Bedarf an der Entwicklung neuer Metalle und Legierungen, welche die Aufnahme eines hochbelastbaren Keramikinlays erlauben, gleichzeitig eine möglichst physiologische Elastizität aufweisen und dadurch ein reduziertes stress-shielding zeigen. Bei defizitären Knochenverhältnissen in der Revisionssituation, aber auch im Rahmen der Primäroperation z.B. nach Azetabulumfrakturen (Arbeit 7), können moderne Implantate mit einer hoch- porösen Metalloberfläche (z.B. Trabecular Metal Technology, G7 OsseoTi, jeweils Zimmer-Biomet; Trident, Stryker; alle Warsaw, USA) sowie Beschichtungen mit Hydroxlapatit möglicherweise die hohe Rate der Revisionen aufgrund von aseptischer Lockerung senken. Zukünftig sollte jedoch nicht nur die Verankerung, sondern vor allem die Identifikation einer Prothesenlo- ckerung optimiert werden. Denkbar wären hierfür Biomarker, durch die das Auftreten einer aseptischen Lockerung im peripheren Blut frühzeitig detektiert werden kann.
The introduction of total hip arthroplasty (THA) in 1960 has lead to a revolution of the treatment of hip arthritis. In recent years THA has been described as one of the most successful medicinal treatment options. However, in parallel to increasing numbers of primary THA, the number of revision THA rises disproportionately. For this thesis failure mechanisms such as dislocation and loosening have been analysed in detail and suggestions for the optimisation of function and survival of THA were elaborated.