Im Institut für Pathologie des HELIOS Klinikums Bad Saarow wird der Nachlass des medizinischen Fachpräparators Günter Radestock (1925-1968) aufbewahrt. Diese Materialien stammen aus dem Krankenhaus Eisenhüttenstadt, der letzten Wirkungsstätte Radestocks, und wurden bei der Schließung des dortigen Instituts für Pathologie im Jahr 1998 an das Klinikum Bad Saarow übergeben. Der Nachlass besteht aus ca. 550 Dauerpräparaten, zahlreichen Schriftstücken, darunter Entwürfe zu Entwicklungen, Patentschriften, Publikationen und Briefwechseln. Die Sammlung wurde gesichtet, archiviert, restauriert und zeitlich sowie thematisch geordnet und mit Präparationstechniken der damaligen Zeit verglichen. Zur weiterführenden Bearbeitung der Thematik wurden zudem Zeitzeugen befragt. Dadurch setzte sich zunehmend das Bild von einem engagierten medizinisch-wissenschaftlichen Präparator zusammen, welches in einem interessanten zeitgeschichtlichen Kontext steht. Jene Zeit war in mehrerer Hinsicht außergewöhnlich. Es waren die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg mit vielfältigen Zerstörungen und Verlusten. Dazu kam die Neuordnung Deutschlands, im Zuge derer sich zwei deutsche Staaten, die BRD und die DDR, herausbildeten. Radestock wuchs als Kriegsversehrter in diese Umstände hinein, arbeitete am Deutschen Hygiene-Museum in Dresden, später im Institut für Pathologie des Krankenhauses Eisenhüttenstadt. In diesem Zeitraum entstanden bemerkenswerte Präparate unterschiedlicher Techniken. Darunter fanden sich Präparate, hergestellt mit der von Radestock verbesserten Spalteholz-Methode, aber auch neue Plastinjektionen und Einbettungen, besonders mit „Polyester G Schkopau“, „Plexit“ oder „Piacryl SH“. Radestock entwickelte ebenso einen verbesserten Aufbau sowie eine optimierte Funktionsweise zu Knochenentfettungs- und Mazerationsanlagen. Durch die gleichzeitige Analyse der gesellschaftlichen Korrespondenzen zwischen Radestock und anderen, zumeist Wissenschaftlern, ergab sich der Eindruck, dass sein Wirken eng verknüpft mit den damaligen politischen und sozialen Verhältnissen war. Staatliche Stellen und Betriebe bewerteten diese Entwicklungen teils als nutzlos und missglückt. Im Gegensatz dazu zeigten die Meinungen von Fachvertretern aus Medizin und Präparation durchaus Lob und Wertschätzung. Dieser Zwiespalt zwischen Anerkennung und Herabwürdigung beeinträchtigten und belasteten sein Leben zunehmend. Sein Tod an seinem 43. Geburtstag beendete somit jäh den Lebens- und Arbeitsweg eines Primus der medizinischen Präparationstechnik, von dem sicherlich weitere innovative und zukunftsweisende Entwicklungen zu erwarten gewesen wären. Die Beiträge Radestocks zur medizinischen Präparationstechnik haben Eingang in wissenschaftliche Standardwerke gefunden und belegen seine Bedeutung als eine medizinhistorisch relevante Präparatorenpersönlichkeit.
In the Institute of Pathology at the HELIOS Klinikum Bad Saarow there are numerous preparations and various documents, mostly designs of developments or correspondences. Everything had been prepared and written by the taxidermist Günter Radestock (1925-1968). In the year 1998 these materials came to Bad Saarow from the Institute of pathology of the hospital of Eisenhüttenstadt, when this was closed. Eisenhüttenstadt was the last place of activity of Günter Radestock. This collection has been spotted, archived, restored and sorted chronologically and thematically and compared to preparation techniques at that time. For further consideration of the issue, contemporary witnesses were interviewed. This increasingly composed the image of a dedicated medical and scientific taxidermist in an interesting historical context. That time was exceptional in several respects. These were the decades after the Second World War with many destructions and losses. Beyond there was the reorganization of Germany, in the course of the formation of two German states, the FRG and the GDR. Radestock grew into these circumstances as a disabled vetern, Radestock grew into these circumstances as a disabled veteran, worked at the German Hygiene Museum in Dresden , and later at the Institute of Pathology of the Hospital in Eisenhüttenstadt. In this period remarkable specimens of different techniques arose. Among these preparations were the ones made with the improved so called Spalteholz approach, and also new injections and plastic embedding, especially with " Polyester G Schkopau", "Plexit" or " Piacryl SH". Radestock also developed an improved structure and functioning for degreasing bones and for maceration. Due to the simultaneous analysis of the social correspondences between Radestock and others, mostly scientists, there was the impression that his work was closely linked with the political and social conditions at that time. Government agencies and businesses judged these developments partly as useless and unsuccessful. In contrast however, the opinions of technical representatives from medicine and preparation showed absolute praise and appreciation. This conflict between recognition and degradation increasingly impaired and burdened his life. His death on his 43rd birthday finished abruptly the life and work of a great talent in the medical preparation technique from whom we certainly would have expected further innovative and pioneering developments. These contributions for medical preparation technique have found their way into standard scientific works and demonstrate the importance of Radestock as a relevant taxidermist personality in medical history.