Ausgehend von den geographischen Gegebenheiten wird die geschichtliche Entwicklung der Region Vorpommern unter Betrachtung der landwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der Tierzucht, beginnend mit der ersten Besiedlung im Paläolithikum bis zum Jahr 1990 untersucht. Dabei wird die über lange Perioden nachweisbare Eigenständigkeit Vorpommerns, trotz wechselnder administrativer Rahmenbedingungen herausgestellt. Erste Erwähnungen einer entwickelten Tierzucht datieren in die frühe Neuzeit. Die Quellen belegen den hohen Stand der Pferdezucht im Einflussbereich der pommerschen Herzöge und die Existenz eines Wildengestütes in der Ueckermünder Heide. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzen erste Bemühungen zur Intensivierung der Zucht von Pferden, Rindern und Schafen, später auch von Schweinen ein. Durch den Einsatz importierter Zuchttiere aus England, Holland, Friesland und Frankreich gelang es in dieser Zeit einzelnen Züchtern mit ihren Tieren führende Positionen im nationalen und internationalen Vergleich zu besetzten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommt es zur Gründung von Züchtervereinigungen und zur Einrichtung staatlicher Institutionen zur Verbesserung der Tierzucht. Mit dem Eintritt in das 20. Jahrhundert bestanden in Vorpommern erste stabile Bestände des Schwarzbunten Tieflandrindes auf friesisch- holländischer Grundlage sowie Edelschwein- und Landschweinbestände die zunehmend unabhängiger vom Einsatz importierter Zuchttiere wurden. In der Pferdezucht wurde mit dem Pommerschen Warmblut ein Pferd mit wachsender Bodenständigkeit gezüchtet. Nach einer Zäsur durch den Ersten Weltkrieg konnte diese positive Entwicklung fortgesetzt werden. Vorpommersche Spitzenzuchten erzielten bis zum Zweiten Weltkrieg bei Pferd, Rind und Schwein höchste Plätze auf den Landwirtschaftsausstellungen. Das Ende des Zweiten Weltkrieges markiert den größten Bruch in der Geschichte der Region. Neben den unbeschreiblichen Kriegsverlusten führte die neu propagierte Gesellschaftsordnung zu einem radikalen Wandel in allen Bereichen der Gesellschaft. Binnen kurzer Zeit gelang es aus Restbeständen ehemals bedeutender Zuchten wieder stabile Bestände aufzubauen und deren Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Mit der Kollektivierung und der straffen Zentralisierung der Landwirtschaft wurde ein Prozess begonnen, der die über Jahrhunderte bestehenden regionalen Besonderheiten weitgehend nivellierte. Nach wissenschaftlicher Vorarbeit wurden auf Rassenkreuzungen basierende Zuchtverfahren etabliert, die es ermöglichten trotz permanenter Mangelzustände und Abkopplung von der Entwicklung im westlichen Ausland, eine leistungsfähige Tierzucht aufzubauen, welche die Möglichkeit für eine Tierproduktion in riesigen Ausmaßen bot. Bis zum Jahr 1990 war die Tierzucht der DDR weitgehend gleichgeschaltet. Dabei gelang es Züchtern aus der Region Vorpommern diese Entwicklung maßgeblich mitzugestalten. Dies trifft vorrangig für die Edelschweinzucht sowie die Milch- und Fleischrindzucht zu. Insbesondere in der Fleischrindzucht wurden in Vorpommern Kreuzungsverfahren entwickelt, die auch nach 1990 Bestand hatten.
Based on the geographic conditions, the historic development of Western Pomerania is investigated from the first settlement in the Palaeolithic until the year 1990, focussing on agriculture, especially animal breeding. It is shown that Western Pomerania managed to keep its independence over long periods of time in spite of repeated administrative changes. First mention of developed animal breeding practices is found in early modern history. The sources document the high level of horse breeding in the sphere of influence of the Pomeranian dukes and the existence of a wild stud in the Ueckermünder Heide. At the beginning of the 19th century, first efforts were made to intensify horse, cattle and sheep breeding, later on also pig breeding. During this era, individual breeders managed to achieve leading positions with their animals on a national and international level by importing breeding animals from England, Holland, Friesland and France. In the second half of the 19th century, breeders’ associations and governmental institutions were founded with the aim to improve animal breeding practices. By the beginning of the 20th century, first stable populations of the cattle breed “German black pied lowland” on a Dutch-Friesian basis as well as of thoroughbred and landrace pigs had been established in Western Pomerania, which became more and more independent of imported breeding animals. Horse breeders succeeded in developing an increasingly indigenous horse breed, the Pomeranian Warmblood. After an interruption caused by the First World War, this positive development continued. Until the Second World War, Western Pomeranian top breeds of horses, cattle and pigs were markedly successful at agricultural exhibitions. The end of the Second World War represents the most drastic break in the region’s history. In addition to the dramatic losses caused by the war, the propagated new social order resulted in radical changes in all sectors of society. Within a short time it was possible to establish new animal populations based on the remaining livestock and to improve their performance. Collectivization and rigid centralization of agriculture started a process which levelled the regional differences that had existed for centuries. Science-based cross-breeding methods were established which – in spite of continuous shortages and isolation from the development in the West - permitted the establishment of an efficient animal breeding system which was the basis for animal production on a vast scale. Until 1990, the GDR had a largely uniform animal breeding system. Western Pomeranian breeders strongly influenced the development. Emphasis was laid on thoroughbred pigs, dairy cows and beef cattle. Especially in beef cattle breeding, cross-breeding based methods were developed in Western Pomerania which subsisted after 1990.