Seit längerem fallen bei parenteral ernährten Patienten erhöhte Serumretinolkonzentrationen auf, ohne dass sich dafür einfache Gründe finden ließen. Ziel der Arbeit ist es, Einflussfaktoren aufzudecken, die zu diesen erhöhten Werten beitragen können. Die Grundlage sind 2440 Laborwertsätze von insgesamt 528 langfristig parenteral ernährten Patienten, die von 1997 bis 2008 in der Klinik für Allgemein-, Visceral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Charité-Universitätsmedizin Berlin betreut wurden. Erhöhte Serumretinolspiegel lagen bei über einem Viertel dieser Patienten vor. Die verfügbaren Daten wurden auf Zusammenhänge von 40 Laborparametern mit der Höhe der Serumretinolkonzentration hin untersucht. Von diesen wurden 15, bei denen ein Zusammenhang nachweisbar war, näher betrachtet und ihr Einfluss auf die Serumretinolkonzentration mit einem gemischten linearen Modell geschätzt. Weiterhin wurde der Einfluss verschiedener Grunderkrankungen und von Alter, Geschlecht und Dauer der parenteralen Ernährung auf die Serumvitamin-A-Spiegel berechnet. Die Berechnungen ergaben für 14 Laborparameter einen erhöhenden Einfluss auf die Serumretinolkonzentration: Albumin, Cholinesteraseaktivität, Eisen, Gesamtcholesterin, Gesamtprotein, Hämoglobin, Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin, Lipaseaktivität, Phosphat, Thromboplastinzeit, Transferrin und Vitamin E. Das C-reaktive Protein trägt hingegen zu einer Verminderung der Retinolkonzentration bei. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass weder Alter noch Geschlecht der Patienten einen Einfluss auf die Höhe der Serumretinolkonzentration hatte. Ebenso blieb die Dauer der parenteralen Ernährung ohne Einfluss auf den Vitamin-A-Spiegel. Drei Gruppen von Grunderkrankungen ergaben signifikante erhöhende Einflüsse: Entzündliche, nichtentzündlich-nichtmaligne Erkrankungen und Tumoren des unteren Gastrointestinaltrakts. Für andere Grunderkrankungen, zu denen Ösophagus- und Magenkarzinome, HNO- und gynäkologische bzw. urologische Tumorerkrankungen sowie sonstige maligne Erkrankungen zählten, konnte kein Einfluss auf die Höhe der Serumretinolkonzentration nachgewiesen werden. Im Anschluss an die Berechnungen wird erläutert, wie diese Einflüsse zustande kommen können. Dies wird zum Einen mit den biochemischen Wechselwirkungen der Laborparameter mit dem Vitamin-A-Haushalt begründet. Zum Anderen wird erstmals gezeigt, wie einige der Grunderkrankungen der hier untersuchten Patienten zu einer Erhöhung der Serumretinolkonzentrationen beitragen können. Die Zusammensetzung einer parenteralen Ernährung erfolgt derzeit standardisiert. Die Dosierung ist unabhängig von Grunderkrankung, Gewicht und Vitamin-A-Status des Patienten und lässt auch keine Berücksichtigung von retinolkonzentrationserhöhenden Faktoren, von denen in dieser Arbeit 17 aufgedeckt werden konnten, zu. Liegen verschiedene Risikofaktoren, wie z. B. erhöhte Kreatininwerte bei einer entzündlichen Darmerkrankung, gleichzeitig vor, ist davon auszugehen, dass erhöhte Serumkonzentrationen auftreten, die zu einer chronischen Intoxikation mit Vitamin A beitragen können. Die hier vorliegende Untersuchung zeigt, dass zur Vermeidung von Hypervitaminosen A bei parenteral ernährten Patienten eine individualisierte Dosierung von Vitamin A, sowie eventuell eine physiologischere Mischung verschiedener Vitamin-A-Verbindungen in der Substitutionslösung notwendig ist. Ein geeignetes Präparat, das dieser Situation gerecht wird, ist derzeit nicht verfügbar.
For quite some time increased serum retinol levels were registered in patients undergoing long-term parenteral nutrition without any specific reasons. This thesis aims to find influence factors, which are responsible for these increased levels. The dataset consists in 2440 routine blood parameter controls of 528 patients undergoing long-term parenteral nutrition who were treated in the Department of General, Visceral, Vascular and Thoracic Surgery of Charité-Universitätsmedizin Berlin between 1997 and 2008. More than 25% of these patients showed increased serum retinol levels. In this thesis it was tried to find coherencies between 40 laboratory parameters and the concentration of serum retinol. 15 Laboratory parameters showed such a coherency. By using multivariate analysis with mixed models their influence was estimated. Furthermore the influences of age, sex, underlying diseases and the duration of the parenteral nutrition were determined. The statistical results showed an increasing effect on serum retinol levels of the following parameters: albumin, cholinesterase activity, protein, hemoglobin, urea, uric acid, creatinine, lipase activity, phosphate, prothrombin time, transferrin, vitamin E. C-reactive protein showed a decreasing effect. Age, sex and duration of parenteral nutrition showed no effect. Three types of underlying diseases showed a significant increasing influence on serum retinol levels: inflammatory bowel diseases, non-inflammatory-non-malign bowel diseases and colorectal carcinomas. Other underlying diseases including tumors of upper gastrointestinal tract, gynaecological and urological tumors and other malign diseases did not show any influence. Afterwards possible explanations for these results are given, based on biochemical interactions of these laboratory parameters and vitamin A. For the first time it could be shown how underlying diseases increase serum vitamin A. The substitution with vitamins of patients undergoing long-term parenteral nutrition is standardized without a possibility to individualize the dosis of single vitamins. Retinol increasing factors which were discovered in this thesis cannot be considered in this standard treatment. Therefore any risk factors such as high creatinine levels in combination with an inflammatory bowel disease may lead to chronic intoxication with retinol. This thesis shows the necessarity of individual treatment of patients undergoing long-term parenteral nutrition to prevent hypervitaminosis A. A suitable medication does currently not exist.