Einleitung: Diese Arbeit befasst sich mit der Wirkung des Renin-Angiotensin- Systems (RAS) an der Schnittstelle zwischen kardiovaskulärem System und Blutbildung. Das RAS ist in Bezug auf seine kardiovaskulären Wirkungen bereits detailliert untersucht, während über dessen Effekte auf die Hämatopoese nur wenig bekannt ist. Neuere Forschungsergebnisse geben Hinweise auf eine stimulierende Wirkung von AngiotensinII (AngII) auf die Erythropoese und von AngII und Angiotensin-(1-7) (Ang-(1-7)) auf hämatopoetische Stammzellen. In dieser Arbeit wurde der Einfluss des RAS auf Blutbild und Knochenmarkspopulation am Tiermodell untersucht. Folgende Hypothesen sollten überprüft werden: 1. AngII wirkt stimulierend auf die Erythropoese, dieser Effekt ist Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1 (AT1)-vermittelt. 2. AngII stimuliert hämatopoetische Progenitorzellen. 3. Ang-(1-7) stimuliert hämatopoetische Progenitorzellen und bewirkt damit eine Erhöhung aller Blutzellen im Blut. 4. Der Mas-Rezeptor nimmt als funktioneller Rezeptor von Ang-(1-7) Einfluss auf das Blutbild. Methoden: Es wurden Differentialblutbildanalysen erhoben von Mäusen mit genetischen Defizienzen und Überexpression einzelner RAS-Bestandteile, wildtypischen und Mas-Knockout- Mäusen nach 10-tägiger AngII-Infusion bzw. 3-wöchiger Behandlung mit Ang-(1-7). In der Versuchsgruppe mit AngII-Infusion wurden zusätzlich Knochenmarkszellen gewonnen und mittels Durchflusszytometrie auf frühe Progenitorzellen und lineage restricted progenitor-Zellen analysiert. Es erfolgte außerdem die Blutbildanalyse von Mäusen mit Myokardinfarkt und anschließender 3-wöchiger Behandlung mit Ang-(1-7). Ergebnisse: AngII führte nach 10-tägiger Infusion zu einer Erythrozytose, die AT1-vermittelt ist. Ein dauerhaft erhöhter AngII-Spiegel in Angiotensinogen-überexprimierenden Tieren führte dagegen nicht zu einer Erhöhung der Erythrozytenzahl. Eine stimulierende Wirkung auf hämatopoetische Progenitorzellen durch AngII konnte durchflusszytometrisch nicht nachgewiesen werden. Eine 3-wöchige Behandlung mit Ang-(1-7) führte zu keinen nachweisbaren Veränderungen im Blutbild gesunder Tiere. Im Rahmen eines Myokardinfarktes zeigte sich jedoch eine Erhöhung der Leukozyten und Thrombozyten im Blut. Ob diese Effekte Mas- vermittelt sind, ist unklar. Unter physiologischen Bedingungen konnten keine Mas-vermittelten Wirkungen von Ang-(1-7) nachgewiesen werden. Schlussfolgerung: Auch in dieser Arbeit ergaben sich Hinweise einer Einflussnahme des RAS auf die Blutbildung, insbesondere der Erythropoese. Die Hypothese einer stimulationssteigernden Wirkung von AngII auf hämatopoetische Progenitorzellen konnte in vivo nicht bestätigt werden. Anhand der erhobenen Blutbildanalysen lässt sich jedoch kein direkter Schluss auf eine veränderte Hämatopoese als Ursache ziehen, da andere Faktoren wie Flüssigkeitshaushalt und unterschiedliche Zellverteilung die Zellzahlen im Blut beeinflussen. Weitere durchflusszytometrische Untersuchungen von Vorläuferzellen der Hämatopoese sind daher notwendig. Die Untersuchung dieses kleinen Ausschnitts des RAS ist von erheblicher klinischer Signifikanz, da pathologische Entwicklungen des einen Organsystems zu veränderten Regulationen des anderen führen können. Ein detailliertes Wissen über die Wirkung einzelner RAS- Bestandteile auf die Hämatopoese ist daher bei der Entwicklung neuer Therapieansätze hämatologischer und kardiovaskulärer Erkrankungen von großer Bedeutung.
Introduction: This thesis addresses the interface of the cardiovascular system and haematopoiesis by examining the effect of the renin-angiotensin-system (RAS) on haematopoiesis. The effects of the RAS on the cardiovascular system have been thoroughly investigated, but little is known about the effects of RAS on haematopoiesis. Recent results suggest a stimulating effect of angiotensin II (angII) on erythropoiesis, and of angII and angiotensin-(1-7) (ang-(1-7)) on haematopoietic progenitor cells (HPC). In this thesis, the influence of RAS on blood formation in the mouse model was investigated to verify the following hypotheses: 1. AngII stimulates erythropoiesis, which is angII-receptor type 1 (AT1) mediated. 2. AngII stimulates HPC. 3. Ang-(1-7) stimulates HPC and leads to increased levels in all blood cells. 4. The mas- receptor mediates effects on blood cells as functional receptor of ang-(1-7). Methods: Differential blood counts were performed with genetically engineered mice lacking or overexpressing RAS components, wildtype- and mas-knockout-mice after a 10 day-infusion of angII, or 3-week-infusion of ang-(1-7). Bone marrow cells were harvested in the group treated with angII for flow cytometry to detect HPC and lineage restricted progenitor cells. Differential blood counts were also performed in a group of mice after induced myocardial infarction and consecutive treatment with ang-(1-7). Results: A 10-day-infusion of angII led to erythrocytosis, mediated via the AT1-receptor. Long-term raised angII-blood levels in mice overexpressing angII, however, did not lead to erythrocytosis. A stimulating effect on HPC after angII-treatment could not be shown in flow cytometry. A 3-week ang-(1-7) treatment did not lead to any blood count changes in healthy mice, however, it induced thrombocytosis and leukocytosis in animals after myocardial infarction. It is unclear whether this effect is mas-mediated. There were no clear mas-mediated effects of ang-(1-7) in healthy mice. Conclusion: The results of this thesis suggest an effect of the RAS on haematopoiesis, and on erythropoiesis in particular, which is in line with previous publications. The hypothesis of a stimulatory effect of the RAS on HPC could not be confirmed in vivo. Data were mainly collected through blood count analyses. They therefore fail to provide direct proof of altered haematopoiesis being the cause of the observed changes, as other factors (such as fluid balance and distribution of cells) can alter blood cell count. Further flow cytometric investigations are needed to show actual change in haematopoietic cells. Investigating this small area of the RAS is of substantial clinical importance, as pathological developments in one organ system can lead to altered regulation in the other. Detailed knowledge regarding the effects of RAS components on haematopoiesis is thus crucial for the development of new therapeutic approaches to haematological and cardiovascular diseases.