Aggressives Verhalten in Reaktion auf Provokationen hat häufig eine selbstwertschützende Funktion (Baumeister, Smart & Boden, 1996) und ermöglicht Männern die Aufrechterhaltung der männlichen und/oder familiären Ehre (Nisbett & Cohen, 1996). Eine Statusverteidigung in Gegenwart Dritter stellt dabei eine besondere Bedrohung dar, die eine entsprechende Reaktion erforderlich macht (vgl. Cohen & Vandello, 2001). Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand somit die Frage, wie sich Merkmale der Gruppenkonstellation in Abhängigkeit der Zustimmung zu gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen (GLMN; Enzmann & Wetzels, 2002) auf die Aggressionsbereitschaft Jugendlicher auswirken. Hierfür wurden vier empirische Studien durchgeführt, deren Datenbasis auf die Befragungen von insgesamt mehr als 2000 Schülerinnen und Schüler beruhte. Die erste Studie diente der Entwicklung eines vignettenbasierten Verfahrens zur Erfassung der Ärger- und Aggressionsreaktion Jugendlicher nach einer Provokation. Auf Basis exploratorischer und konfirmatorischer Faktorenanalysen konnten eine eindimensionale (Ärger) bzw. zweidimensionale Struktur (verbale vs. physische Aggressionsbereitschaft) nachgewiesen werden. Weiterhin sprachen die Befunde, wonach (a) Jungen eine stärkere physische Aggressionsbereitschaft zeigten als Mädchen, (b) Schüler/innen eher physische Aggressionsbereitschaft zeigten, wenn ihre Begleitung männlich (und nicht weiblich) war und (c) Jugendliche von Jungen eher physisch aggressives Verhalten als Reaktion auf eine Provokation erwarteten als von Mädchen, für die inhaltliche Gültigkeit der Skala. In der zweiten Studie konnte gezeigt werden, dass die physische Aggressionsbereitschaft aufgrund der Zustimmung zu GLM-Normen auch nach Kontrolle der individuellen Einstellungswerte der Schüler/innen noch durch die Klassenkultur (d. h. die sozial geteilte Wahrnehmung der GLMN in der Klasse) vorhersagbar war. Dieser Kontexteffekt ließ sich allerdings nicht in Bezug auf die Vorhersage verbal aggressiven Verhaltens nachweisen. Die dritte Studie fokussierte den Einfluss weiblicher Normen im Kontext der Kultur der Ehre. Hierfür wurde die bestehende – ausschließlich auf die männliche Geschlechterrolle fokussierte GLMN-Skala – um Aussagen erweitert, die sich auf die weibliche Geschlechterrolle bezogen. Die Ergebnisse zeigten erwartungsgemäß, dass beide Geschlechterrollennormen auf einem Faktor luden. Die Skala wies eine gute Reliabilität auf und offenbarte hinsichtlich der Validität die erwarteten Muster, unter anderem durch die differenziellen Zustimmungsratings in Abhängigkeit der ethnischen Herkunft. In der vierten Studie wurde untersucht, wie sich die Geschlechtskonstellation in Provokationssituationen in Abhängigkeit der Zustimmung zu GLM-Normen auf die Aggressionsbereitschaft der Jugendlichen auswirkt. Während die Ergebnisse hypothesenkonform (in der Tendenz) zeigten, dass sich (männliche) Jugendliche mit hoher Zustimmung zu GLM-Normen stärker ärgerten, wenn ein Mädchen (und nicht ein Junge) in ihrer Gegenwart provoziert wurde, konnte ein geschlechtsspezifischer Effekt der GLMN in Bezug auf die Aggressionsbereitschaft nicht gefunden werden. Erwartungsgemäß konnte dagegen gezeigt werden, dass die Verhaltenserwartungen (männlicher und weiblicher) Jugendlicher gegenüber einem anderen Peer umso geschlechtsspezifischer waren, je stärker diese/r GLM-Normen zustimmte. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse den bedeutsamen Einfluss von Männlichkeitsnormen auf das aggressive Verhalten in Peergruppen; verdeutlichen aber auch, dass insbesondere Schutz- und Verteidigungsnormen eng mit der allgemeinen männlichen Geschlechterrolle in unserer Gesellschaft im Zusammenhang stehen.
Aggressive behavior in response to provocation often serves as a strategy for men to protect their sense of self-worth (Baumeister, Smart & Boden, 1996) and to uphold their masculine or family related honor. Especially in a public context a status defense is required (Cohen & Vandello, 2001). Accordingly this research focuses on the way group-related characteristics affect the aggressive behavior of adolescent men as a factor of their readiness to violence legitimized by masculinity norms (VLMN; Enzmann & Wetzels, 2002). In order to achieve that, four empirical studies - based on the data of more than 2000 students - have been conducted. The aim of the first study was to develop an instrument to assess the student’s anger- und aggression rates in response to provocation. Factor analysis revealed a good fit for a one-dimensional (anger) and two-dimensional (physical and verbal aggression) model. Furthermore (a) higher aggression rates for boys, (b) higher aggression rates for students in male company and (c) higher expectancy rates for physical aggression when a boy (and not a girl) was provoked, provided validity evidence. The second study demonstrated that the class culture (i.e. shared attitudes in relation to VLMN) predicted physical aggression due to the student’s agreement to VLM-norms even after the individual agreement scores had been controlled (context-effect). In contrast, the prediction of verbal aggression did not evoke such an effect. The third study focused on the impact of female culture-of-honor norms. For this purpose the existing masculine- oriented VLMN-scale was extended by norms in reference to the female gender role. As hypothesized it could be demonstrated that both gender role norms relied on the same dimension. The scale showed a good reliability and validated the expected pattern, for instance different agreement ratings according to the student’s ethnic background. The fourth study investigated how the gender constellation in provocation situations affects the student’s aggression rates due to their agreement to VLMN. Whilst students with high agreement to VLMN tend to show higher anger rates when accompanied by a girl (and not a boy), as previously hypothesized, no gender effects could be found in regard to their aggression ratings. However, as expected it could be demonstrated that the behavioural expectations of (male and female) youth towards a peer were more gender specific the more they agreed to VLM norms. To conclude, the findings underline the important influence of masculinity norms on aggression in peer groups; but illustrated as well that particularly norms related to protection and defense have to be seen as a part of the general masculine gender role in our society.