Weltweit sind nach Schätzungen von UNAIDS/WHO ca. 33,2 Mio. Menschen mit HIV infiziert, wovon mehr als 95% in den Entwicklungsländern leben. Da eine antiretrovirale Therapie in diesen Ländern zunehmend verfügbar wird, wäre zur Verlaufsbeobachtung der HIV-Infektion ein preisgünstiger und technisch einfach anwendbarer Parameter wie z. B. das p24-Ag von Nutzen. In dieser retrospektiven Studie wurden Daten von insgesamt 743 Patienten erfasst, die sich von 1990-1998 in medizinischer Betreuung in der HIV-Tagesklinik des Universitätsklinikums Rudolf-Virchow (jetzt: Charité, Campus Virchow) befanden. Die Laboruntersuchungen erfolgten dort sowie im Robert-Koch- Institut. Die Patienten befanden sich in klinisch unterschiedlichen Stadien, wurden je nach Notwendigkeit und nach den jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen individuell medikamentös behandelt. Es wurden die Messwerte von p24-Ag (säuredissoziiert (sd) und nicht säuredissoziiert (nsd)), CD4-Zellzahlen und die Viruslast (NASBA-Verfahren) erfasst und auf Korrelationen zwischen den Parametern überprüft. Besonderes Augenmerk wurde auf Veränderungen des sd p24-Ag im Zusammenhang mit dem erstmaligen Auftreten einer aidsdefinierenden Erkrankung und mit dem Eintritt des Todes gerichtet, was anhand unterschiedlicher Einzelverläufe illustriert wurde. Bedingt durch das sehr heterogene Datenmaterial konnten die einzelnen Fragestellungen jeweils nur auf unterschiedlich große Subpopulationen bezogen werden. In Übereinstimmung mit anderen Studien zeigte sich, dass p24-Ag bei einer größeren Anzahl von Patienten nachgewiesen wurde, wenn die Bestimmung mit Säuredissoziation erfolgte. So konnte bei 60,3% aller Patienten sd p24-Ag zum Zeitpunkt der Erstmessung nachgewiesen werden, wohingegen nsd p24-Ag nur bei 43,6% der Patienten nachweisbar war. Es konnte eine negative Korrelation zwischen p24-Ag (sd und nsd) und CD4-Zellzahl festgestellt werden, allerdings ließ sich im zeitlichen Verlauf kein gerichteter, d. h. grundsätzlich gleich- oder gegensinniger Zusammenhang zwischen den Veränderungen der beiden Parameter nachweisen. Die Einzelverläufe bekräftigten dies, so dass die p24-Ag- und CD4-Werte unabhängig voneinander zu verlaufen scheinen. Ähnlich verhielt es sich beim Vergleich von p24-Ag und Viruslast. Zwar korrelierte der Verlauf von p24-Ag (sd und nsd) positiv mit dem der Viruslast, jedoch fanden sich auch hier im zeitlichen Verlauf keine gerichteten Veränderungen der beiden Parameter. In Bezug auf die Therapieart zeigten sich signifikante Unterschiede nach Mono-, 2-, 3-fach- und Polytherapien. So lag der Mittelwert von sd p24-Ag bei Patienten mit Polytherapie am niedrigsten und bei Patienten mit Monotherapie am höchsten. Das (erstmalige) Auftreten einer aidsdefinierenden Erkrankung für den einzelnen Patienten konnte anhand der Messwerte von sd p24-Ag nicht vorhergesagt werden. Weder vor noch nach einer aidsdefinierenden Erkrankung zeigte die Entwicklung des sd p24-Ag-Wertes eine bestimmte Richtung. Im Zeitverlauf von 12, 9, 6 bis 3 Monate vor dem Tod zeigten sich tendenziell ansteigende sd p24-Ag-Mittelwerte, was jedoch ohne statistische Signifikanz war. Die Varianz der Ergebnisse in der vorliegenden Arbeit ist in erster Linie bedingt durch die Heterogenität des Patientenkollektivs und die zum Zeitpunkt der Untersuchung zur Verfügung stehenden technischen Voraussetzungen für die angewendeten Testsysteme. Die vorliegenden Ergebnisse können als Grundlage für zukünftige Untersuchungen unter Verwendung moderner, ultrasensitiver p24-Ag-Nachweistestsysteme dienen, wie sie kürzlich von der Arbeitsgruppe von Knuchel et al 2006/2007 für „dried plasma spots“ beschrieben wurden [78, 79]. Vor allem in Entwicklungsländern mit hoher HIV-Durchseuchung, in denen mittlerweile eine antiretrovirale Therapie zur Verfügung steht, ist eine alternative Methode zum Therapiemonitoring auf der Basis des p24-Ag-Nachweises notwendig, um nicht ausschließlich von den teuren und apparativ intensiven Virusgenomnachweistests abhängig zu sein.
UNAIDS/WHO estimates that approx. 33,2 millon people are infected with HIV. More than 95% of the infected are living in developing countries. Increasing availability of antiretroviral treatment in settings lacking resources calls for simple and inexpensive virus tests, e.g. the detection of p24-antigen. In this retrospective study data from 743 HIV-1 positive patients were analyzed. Patients were treated in the day hospital of the University Rudolf-Virchow (now: Charité, Campus Virchow) from 1990-1998. Blood samples were analysed in the local laboratory as well as in the Robert-Koch-Institute. Patients were in different stages of disease, and not all of them were medically treated. For this study, levels of immun-complex-dissociated (ICD), and free p24-antigen were analysed, as well as CD4-counts and the viral load (assessed by NASBA); statistical correlations between the respective parameters were checked. Special interest was given to the change of ICD-p24-antigen levels in connection with first-time appearance of an aids-defining disease, and with occurence of death. Findings were illustrated by different case studies demonstrating the variable courses of disease. In analogy to other studies it was shown that p24-antigen was found in a larger number of patients when ICD-p24-antigen was detected instead of the free p24-antigen. There was a negative correlation between p24-antigen levels and CD4-count. There was no time dependent development of these two parameters. There was a positive correlation between p24-antigen levels and viral load but no time dependent development between the both parameters. There was a significant difference between single, double, triple and polytherapy treatment regimens. The mean value of ICD-p24-antigen was the lowest in patients who received polytherapy, and it was the highest in those who received monotherapy. The level of p24-antigen could not predict the (first) appearance of an aids-defining disease in an individual patient .There was no directional development of the p24-antigen levels before or after an aids-defining disease. P24-antigen levels showed a slight increase at 12, 9, 6, and 3 months before death, respectively, but there was no statistical significance. The results of this study may be a basis for future examinations using a modern, ultrasensitive p24-antigen test as presented for the analysis of dried plasma spots (Knuchel et al. 2006). Especially in developing countries with high rates of HIV-infection the detection of p24-antigen potentially is an inexpensive, and simple method to monitor HIV-infection.