In der vorliegenden Arbeit zur allogenen Stammzelltransplantation in der Therapie der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL) des Erwachsenen wurden Fragen in Bezug auf die Risikostratifizierung vor Transplantation, die optimale Vorgehensweise bei rezidivierter und refraktärer ALL, das Therapiemonitoring nach Transplantation, sowie den Einfluss von Graft-Versus-Host-Disease (GVHD) und Graft-Versus-Leukemia-Effekt (GVL) auf das Transplantationsergebnis untersucht. In prä-klinischen Arbeiten wurden zudem Mechanismen der organ- spezifischen Spender-T-Zell Migration erforscht. Es konnte gezeigt werden, dass der für die Chronische Myeloische Leukämie etablierte EBMT Risikoscore in angepasster Form auch eine große prognostische Relevanz für die Transplantation bei ALL besitzt, und somit als Werkzeug für die Indikationsstellung aber auch für die Patientenberatung im Rahmen der allgemeinen Aufklärung dienen kann. Auch wenn Komorbiditäten erwartungsgemäß einen Einfluss auf das Transplantationsergebnis haben sollten, konnte in der vorliegenden Arbeit nur ein Trend aber kein signifikanter prognostischer Wert für den Komorbiditätsindex HCT-CI bei ALL Patienten nach Transplantation gefunden werden. Dass auch verschiedene andere Arbeiten keinen signifikanten prognostischen Wert für den HCT-CI zeigen konnten, legt nahe, dass die Vorhersagekraft dieses Index sehr von spezifischen Indikationen und Transplantationsbedingungen abhängt. Weitere Optimierungen scheinen notwendig, bevor die standardisierte Erfassung von Komorbiditäten in die Nutzen-Risiko- Beurteilung vor allogener Stammzelltransplantation bei erwachsenen ALL- Patienten einfließen kann. Zudem wurde gezeigt, dass in einer Gruppe von Patienten mit rezidivierter oder refraktärer ALL, die aufgrund von konventionellen Risikofaktoren wie kurzer Dauer der ersten kompletten Remission oder Vorliegen einer Hochrisikozytogenetik ein hohes Risiko hatte, nicht auf eine konventionelle Chemotherapie anzusprechen, auch bei direkter Transplantation ohne vorherige Reinduktion eine sehr gute Langzeitüberlebensrate erreicht werden kann, und dass diese der Langzeitüberlebensrate von Patienten mit vorheriger Induktionstherapie überlegen ist. Sogar Patienten, die nach Reinduktionstherapie in zweiter kompletter Remission transplantiert wurden, erreichten kein besseres Ergebnis. Auch wenn diese Daten die Durchführung einer direkten Transplantation in bestimmten Konstellationen rechtfertigen können, machen die Erfahrungen anderer Zentren deutlich, dass prospektive Studien notwendig sind, um dieses Vorgehen allgemeingültig zu empfehlen. Erstmalig wurde für ALL-Patienten nach Transplantation gezeigt, dass die leukämie-spezifische Methode der Minimal Residual Disease (MRD)-Bestimmung einer reinen Bestimmung des Anteils verbliebener Empfängerhämatopoese mittels Chimärismusmessung in Bezug auf Sensitivität und Spezifität für die Vorhersage eines Rezidivs deutlich überlegen ist. Zudem lieferte die MRD-Bestimmung im Allgemeinen ein früheres Signal, so dass möglicherweise effektive Interventionen früher geplant werden können. Diese Daten unterstützen, dass MRD-Verlaufsbeurteilungen nicht nur in der Initialtherapie der ALL und vor Transplantation relevant sind, sondern auch routinemäßig nach einer Transplantation durchgeführt werden sollten. Der klinische Verlauf der akuten und chronischen GVHD nach den neuen, von einer NIH-Arbeitsgruppe empfohlenen Konsensuskriterien wurde erstmalig in einer homogenen Kohorte von ALL-Patienten untersucht. Neben umfangreichen Daten zu Risikofaktoren und klinischem Bild der nach NIH-Kriterien definierten GVHD, konnte außerdem gezeigt werden, dass die chronische Form der GVHD mit einem reduziertem Rezidivrisiko und besserem Gesamtüberleben einhergeht, was als deutlicher Hinweis auf einen potenten GVL-Effekt gewertet werden kann. Ein klarer Beleg für einen GVL-Effekt bei ALL fand sich darin, dass Patienten, die DLI erhielten und danach eine GVHD entwickelten, ein geringeres Rezidivrisiko und ein besseres Gesamtüberleben hatten als Patienten ohne GVHD nach DLI. Diese Daten unterstützen die Weiterentwicklung und Optimierung von immuntherapeutischen Strategien in der Therapie der ALL des Erwachsenen. Letztlich wurde in einer prä-klinischen Arbeit die Rolle der β7-Untereinheit der heterodimeren Integrine α4β7 und αεβ7 bei der organspezifischen T-Zell- Migration nach allogener Stammzelltransplantation untersucht. Es zeigte sich, dass Spender-T-Zellen von β7-Knockout-Mäusen in geringerem Maße die GVHD- Zielorgane Darm und Leber infiltrieren, damit dort zu weniger Organschäden führen und insgesamt eine geringere GVHD-Morbidität und -Mortalität auslösen. Da trotz dieses vorteilhaften Einflusses auf die GVHD die Alloreaktivität und der anti-leukämische Effekt von β7-defizienten T-Zellen erhalten blieb, kann postuliert werden, dass β7 eine potentielle Zielstruktur für therapeutische Interventionen und Trennung der unterwünschten GVHD vom gewünschten GVL-Effekt darstellt. Ein gegen β7 gerichteter humanisierter monoklonaler Antikörper befindet sich bereits in klinischer Entwicklung für Colitis ulcerosa. Die vorliegenden Daten legen nun Nahe, diesen oder andere β7-Inhibitoren auch für die Prophylaxe oder Therapie der GVHD zu prüfen. Insgesamt tragen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zum besseren Verständnis vieler Parameter und Ergebnisse der allogenen Stammzelltransplantation in der Therapie der akuten lymphatischen Leukämie des Erwachsenen bei. Zudem zeigen sie neue Möglichkeiten auf, die nachteilige GVHD vom nützlichen GVL-Effekt zu trennen. Durch Optimierungen auch im Bereich der konventionellen Therapie und Neuentwicklungen von vielversprechenden immuntherapeutischen Ansätzen wird dieses Gebiet auch in Zukunft einem stetigen Wandel unterliegen.
Allogeneic stem cell transplantation is an important element in the treatment of adult acute lymphoblastic leukemia (ALL), however, due to the rarity of the disease, many clinically relevant parameters remain ill-defined. The present work provides novel insights into risk assessment of ALL patients prior to transplantation, into treatment strategies for relapsed and refractory ALL patients and into disease monitoring of ALL patients after transplantation. In addition, the impact of graft-versus-host-disease (GVHD) and graft-versus- leukemia (GVL) effects on treatment outcome and optimized immunotherapeutic strategies are evaluated. In particular, it is shown that a modified version of the EBMT risk score has a strong prognostic role for transplantation in ALL, while the recently introduced comorbidity index HCT-CI has only limited value. It is also shown that reinduction chemotherapy prior transplantation can be omitted in select cases of refractory or relapsed ALL without loss of treatment effect. For the first time, it is shown for adult ALL patients that monitoring of minimal residual disease is more sensitive and specific for relapse prediction after transplantation than monitoring of chimerism. In addition, a detailed analysis of immune effects after transplantation provides evidence for a potent GVL effect also in ALL patients, which supports the development and optimization of immunotherapeutic strategies in this indication. Finally, in a mouse model of allogeneic stem cell transplantation, it is described that interference with T cell migration after transplantation via interaction with the β7 subunit of the heterodimeric integrins α4β7 and αεβ7 allows the separation of the undesirable GVHD from desired GVL effects. Overall, this study contributes to a better understanding of clinically important aspects in allogeneic stem cell transplantation for adult ALL.