Ein Ziel der klinischen Versorgungsforschung ist es, die Versorgungsrealität abzubilden und zu analysieren. In dieser kumulativen Habilitationsschrift werden sechs Arbeiten vorgestellt, die mit unterschiedlichen Methoden der Versorgungsforschung klinisch relevante Fragestellung der Therapie des Mammakarzinoms behandeln. Das metastasierte Mammakarzinom zeichnet sich durch einen extrem heterogenen Verlauf aus. Wir haben deshalb zunächst das Ziel gehabt, eine prognostische Einschätzung der Patienten zu dem Zeitpunkt der Sicherung einer Fernmetastasierung mit möglichst einfachen Faktoren zu ermöglichen. In der ersten Arbeit wurde hierzu mithilfe einer Cox- Regressionsanalyse ein Score entwickelt, mit dem die Patienten drei Risikogruppen zugeteilt werden können. Dieser sogenannte B2-Score ermöglicht eine sehr gute Diskriminierung der Patienten bzgl. ihrer Prognose. Als signifikante Faktoren wurden das metastasenfreie Intervall (MFI), die Lokalisation der Metastasen sowie der Hormonrezeptorstatus ermittelt. Die zweite Arbeit stellt ein erstes Anwendungsbeispiel unseres B2-Scores dar. Es wurde der umstrittenen Frage nachgegangen, ob das Gesamtüberleben der Patientinnen mit MBC sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte verändert hat. Hier zeigt sich, dass das Gesamtüberleben ab Metastasierung in den Zeitkohorten 1980-94, 1995-99 und 2000-2009 unverändert blieb. Allerdings veränderte sich in den Kohorten die Risikostruktur der Patientinnen signifikant mit einer Zunahme der prognostisch negativen Faktoren in den jüngeren Zeitkohorten. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die effektivere adjuvante Behandlung sein, die quasi eine Negativ-Selektion der Patienten bewirkt, die trotz der konsequenten adjuvanten Therapie eine Metastasierung entwickeln. Wir schlussfolgern daraus, dass die gleichbleibende Prognose bei höherem Risiko als ein indirektes Zeichen einer Verbesserung der Therapie des MBC gewertet werden kann. Es ist weiterhin eine kontroverse Frage, für welche Patientin mit Hormonrezeptor positivem Mammakarzinom eine Chemotherapie zusätzlich zur endokrinen Therapie in der adjuvanten Situation notwendig ist und bei wem eine alleinige ET ausreichend ist. In der dritten Arbeit wurde deshalb der Einfluss der Höhe des ER auf das RFS und die Wirksamkeit einer adjuvanten Hormontherapie an einem Brustkrebsregister mit 3971 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom untersucht. Wie zu erwarten, zeigte sich ein signifikanter Einfluss auf das rezidiv-freie Überleben mit der günstigsten Prognose für die ER hoch-exprimierenden und der schlechtesten Prognose für die ER-negativen Tumoren. In der Gruppe der ER-hoch exprimierenden Tumoren zeigte sich zudem kein Zusatznutzen für die Chemo-ET-Kombination im Vergleich zur alleinigen ET. Durch eine quantitative Betrachtung der Hormonrezeptoren im Gegensatz zur (üblichen) rein dichotomen Darstellung (positiv vs. negativ) konnte ein weiterer Hinweis für die Therapieentscheidung gewonnen werden. In der vierten und fünften hier vorgestellten Publikation werden seltene aber klinisch meist dramatisch verlaufende Metastasierungsformen des Mammakarzinoms analysiert. Die Evidenzlage solch seltener Verlaufsformen ist naturgemäß schlecht, klinische Studien sind meist nicht durchführbar, deshalb bilden Kasuistiken und Fallsammlungen häufig die einzige Evidenzquelle. Bei der Mammakarzinom-induzierten thrombotischen Mikroangiopathie handelt es sich um ein Syndrom, welches durch eine Thrombozytopenie in Kombination mit einer mikroangiopathischen hämolytischen Anämie gekennzeichnet ist. Unsere Fallserie zeigt weitere Hinweise auf eine Assoziation mit einer Knochenmarkkarzinose sowie auf die Wirksamkeit und Durchführbarkeit einer fraktionierten Polychemotherapie. Die Analyse der Patientinnen mit Meningeosis carcinomatosa verstärkte die Hinweise, dass eine systemische Therapie in dieser Situation indiziert ist. In der letzten der hier eingeschlossenen eigenen Arbeiten, werden internationale LL zur Behandlung des Mammakarzinoms, die eine hohe methodische Qualität aufweisen, miteinander hinsichtlich der Therapieempfehlungen der adjuvanten Situation verglichen. Es zeigten sich nur geringe Unterschiede zwischen den LL: Dies liegt unseres Erachtens v.a. daran, dass die LL sich auf die gleichen – meist internationalen – Therapiestudien beziehen. Zudem fielen gegenseitige LL-Zitate in den einzelnen LL auf. Eine kritische Hinterfragung der gängigen Praxis der Generierung von LL auf nationaler Ebene sollte deshalb erfolgen. Da die LL-Erstellung eine sehr zeit- und kostenintensive Aufgabe darstellt, sollte eine verstärkte internationale Kooperation (z. B. auf europäischer Ebene) erwogen werden.
One of the main goals of clinical health services research is to analyze real world data in order to improve daily clinical care. Six different publications on breast cancer are included in this thesis. Metastatic breast cancer is extremely heterogeneous. In the first publication we developed a clinical score to judge the prognosis of patients at the onset of metastatic disease. We then showed an usage example of our risk score. The subject of the next publication is the influence of the quantity of hormone receptor expression on recurrence free survival in early breast cancer. We also analyzed very rare complications in breast cancer. In the last publication we compared different international clinical practice guidelines of breast cancer in regard of their treatment recommendations.