Einleitung Für wissenschaftliche Analysen der Versorgungsforschung wird zunehmend auf GKV-Routinedaten zurückgegriffen. Da diese Daten primär zur Leistungsabrechnung erhoben worden sind, können diese nur als Sekundärdaten für andere Fragestellungen herangezogen werden. Hierbei stellt sich Frage, wie valide eine derartige Datengrundlage ist. Methodik Es wird untersucht, wie valide der Krankheitsverlauf und -umfang der Versicherten über die bei gesetzlichen Krankenkassen vorhandenen (Sekundär-) Daten abgebildet werden kann im Vergleich zu Angaben aus Primärdaten. Als Primärdaten werden von Ärzten und Patienten dokumentierte Angaben aus Follow-up-Fragebögen im Rahmen eines Modellvorhabens der Techniker Krankenkasse (TK) herangezogen (n = 363 Patienten mit Koronarstenose) und mit den dazugehörigen GKV-Routinedaten verglichen. Es werden die Parameter Arbeitsunfähigkeit (AU), Arzneimittelinanspruchnahmen und Krankenhausaufenthalte untersucht. Ergebnisse Arbeitsunfähigkeit: Eine AU-Übereinstimmung von Krankenkassen- und Patienten- Daten beträgt aus TK-Perspektive im Untersuchungszeitraum FU1 (0-3 Monate) 61,8%, FU2 (4-6 Monate) 82,2% und FU3 (7-12 Monate) 81,3%. Der größte Anteil für die Übereinstimmung (> 95%) geht auf gesunde Versicherte (ohne AU-Tage) zurück. Fokussiert man nur auf Versicherte mit AU-Tagen, beträgt die Übereinstimmung in FU1 0% (n = 132 Versicherte), in FU2 10% (n = 60) und in FU3 4,9% (n = 61). Arzneimittelinanspruchnahmen: Beim Vergleich einzelner Medikamente stimmt die bei den Ärzten dokumentierte Einnahme von Clopidogrel mit den TK- und Patienten-Daten in hohem Ausmaß (> 90%) überein. Für Acetylsalicylsäure liegt die Übereinstimmung in den Patientendaten bei 90%, in den TK-Daten bei 50%. Über den Gesamtzeitraum hinweg (0-12 Monate) beträgt der Patientenanteil mit einer 100%-Übereinstimmung der Gesamtmedikation aus TK- Perspektive gemittelt 28,8%, aus Patientenperspektive 52,1%. Krankenhausaufenthalte: Im Gesamtzeitraum sind in den TK-Daten 1.976 Krankenhaustage dokumentiert, in den Patientendaten 3.109 Tage und in den Arztdaten 1.156 Tage. Aus TK-Perspektive beträgt die Übereinstimmung mit den Patientendaten hinsichtlich der stationären Verweildauer in FU1 für alle Patienten mit Krankenhausaufenthalt 37,8%, in FU2 66,4% und in FU3 61,0%. Schlussfolgerung Das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen den drei Datenquellen Arzt, Patient und TK fällt in Abhängigkeit vom untersuchten Parameter (AU, Medikamente, Krankenhausaufenthalte) und Zeitpunkt sehr different aus. Globale Aussagen zur Validität der TK-Sekundär-Datenbasis sind somit nicht möglich. Jeder Schwerpunkt kann nur individuell unter Berücksichtigung seiner jeweiligen methodische Limitationen interpretiert werden. Zu berücksichtigen ist, dass die beiden Vergleichsdatenquellen Arzt und Patient selbst nur eingeschränkt valide sind und somit nicht per se als Goldstandard für einen Vergleich herangezogen werden können. Je einfacher die Operationalisierung unter Berücksichtigung der jeweiligen methodischen Limitationen in den Primärdatenquellen vorgenommen wird, desto höher ist die Übereinstimmung zwischen den drei betrachteten Datenquellen.
Background Scientific analyses in healthcare research increasingly base on secondary data of the Statutory Health Insurance (SHI). These data are primarily collected for billing of medical benefits and can therefore only be used as secondary data for possible other issues. The question here is how valid such a data basis can be. Methods It is examined how valid progression and extent of diseases for insured persons may be displayed by means of secondary data available within the SHI in comparison to information from primary data. Primary data from 363 patients with coronary stenosis are derived from follow-up questionnaires filled in by doctors and patients within a pilot project of one health insurance fund, the Techniker Krankenkasse (TK). Sickness absence, medication and hospitalizations are analyzed. Results The agreement of TK data and patient data regarding sickness absence was 61.8% in investigation period FU1 (0-3 months), 82.2% in FU2 (4-6 months) and 81.3% in FU3 (7-12 months) from TK-perspective. The highest conformity (>95%) arises from patients without sick leave days. Focusing just on patients with sickness absence, compliance was 0% (n=132 patients) in FU1, 10% (n=60) in FU2 and 4.9% (n= 61) in FU3. Comparisons for Clopidogrel show a high level of agreement between the medication documented by doctors and that indicated within TK and patients’ data (>90%). For acetylsalicylic acid, the agreement was 90% in the patients' data and 50% in the TK data. For the whole observation period, there was a compliance of 100% regarding the entire medication of 28.8% from perspective of TK and of 52.1% from perspective of the patients. In the whole observation period, 1,976 hospital days are documented in TK data, com-pared to 3,109 days in the patients' data and 1,156 days in the doctors' data, respectively. From TK-perspective the conformity with the patients’ data concerning the length of stay in FU1 for all patients with hospitalization was 37.8%, 66.4% in FU2 and 61.0% in FU3. Conclusion The level of agreement between the three data sources differs much depending on the investigated parameter (sickness absence, drugs, hospitalizations) and the observation period. This complicates global statements regarding validity of the TK secondary data. Respective methodological limitations have to be taken into account. In addition the data sources from doctor and patient themselves are restricted as regards validity. Therefore, they cannot be used without restrictions as a gold standard for a comparison.