Die Vision eines europäischen Bundes, wie sie die antinapoleonische Allianz in den deutschen Staaten während der Freiheitskriege 1813/14 in publizistischen Medien vertrat, hat bislang wenig Beachtung in der Forschung gefunden. Nationale Perspektiven auf die deutsche Tagesliteratur verdeckten bisher deren europäische Dimension. Die Auswertung von periodischen Druckerzeugnissen belegt aber, dass die verbündeten Mächte deutschen Zeitungslesern den Eindruck vermittelten, ihren Kampf gegen Napoleons Hegemonie für die Freiheit ganz Europas zu führen. Die Frage nach der staatlichen Zukunft der deutschen Nation war dabei stets ein integraler Bestandteil. Die Untersuchung dokumentiert die Genese, Entwicklung und Charakteristika der publizistischen Vision eines europäischen Bundes in der Zeit von der Konvention von Tauroggen am 30. Dezember 1812 bis zum Ersten Pariser Frieden vom 30. Mai 1814. Den Vormarsch der alliierten Truppen von Russland in Richtung Frankreich begleitete eine ausgedehnte Pressekampagne in den deutschen Staaten. Publizisten gründeten auf Befehl von machthabenden Militärs und im Einverständnis mit den jeweiligen Landesherren neue Zeitschriften und Zeitungen. Die Redaktionen dieser Blätter übernahmen die Aufgabe, die alliierten Kriegsziele zu popularisieren. In Abgrenzung zu der vorangegangenen Pressepolitik Napoleons übten die Schriftleitungen neue Formen der Informationsbeschaffung, der tagesaktuellen Kriegsberichterstattung und der historisch-politischen Kommentierung ein. Die Journalisten machten den Aufbau ihrer Staatenverbindung zum publizistischen Thema und stilisierten dabei das militärisch-politische Vorgehen der Alliierten zu einer Erfolgsgeschichte. Die Gegenwart definierten die Autoren im Rückgriff auf die Französische Revolution als den Beginn einer neuen Zeit innerhalb des europäischen Staatensystems. Den Staaten auf dem Kontinent und auch den Deutschen eröffne sich die Chance, nach den Jahren der französischen Vorherrschaft künftig wieder in innerem und äußerem Frieden zu leben. Konform zu den alliierten Kriegszielen entwickelten die Schriftsteller Konzepte zur künftigen Sicherung des Friedenszustandes in Europa auf einer rechtlichen Grundlage, die die Neuordnung der europäischen und deutschen Staatenwelt in einen unauflöslichen Zusammenhang stellte. Die antinapoleonische Koalition inszenierte während der bewaffneten Auseinandersetzungen in den deutschen Staaten erfolgreich das publizistische Bild eines europäischen Bundes, der sich für den Frieden und die Freiheit aller auf dem Kontinent einsetzte. Alle machtpolitischen Interessen und Konflikte unter den europäischen Verbündeten blieben der deutschen Öffentlichkeit verborgen. Auch wenn es den Alliierten nicht gelang, den Bündniskonsens der europäischen Herrschaftsvertreter über das Frühjahr 1814 hinaus zu erhalten, war die propagierte Vision doch ein öffentlichkeitswirksames Mittel zur Friedensschaffung.
So far, little research has been done on the vision of a European confederacy generated by the anti-napoleonic alliance in public media in the German states during the wars of liberation 1813/14. National perspectives on German daily press were predominant in historical research and have covered up a European dimension. The study in hand tries to unfold this challenging perspective. It is an analysis of sources, namely periodical papers, that proves that allied forces of the time aimed at and succeeded in - giving the impression of fighting Napoleons hegemony for the sake of Europe's freedom. Always inherent in allied politics was the question of the future of the German state. The investigation in hand documents the genesis, the development and the characteristics of the publicised vision of a European confederacy during the period of the Convention of Tauroggen from December 30th 1812 until the First Parisian Peace treaty on May 30th 1814. The advance of the allied forces from Russia to France was accompanied by a distinctive press campaign in the German territories. Publicists founded new newspapers and journals by order of the military and with consent of German sovereigns. The editorial staff had the task to popularise allied war aims. In contrast to Napoleons press policy, editors now adopted new forms of inquiry, up-to-date war reporting and historical and political commentary.The journalists set the agenda as followed: Thematically they focused on the set-up of the European confederacy and stylized the military-political action of the allies as a track record. In recourse to French Revolution, they defined the present as a beginning of a new era within the European states system; declaring it as a chance to live in internal and external peace after the years of French hegemony. The writers developed concepts of guaranteeing peace in Europe which were in accordance to allied objectives and grounded on a juridical basis. This basis implicated a new order of the European and German states and their irreversible connection. By journalistic means, the anti-napoleonic coalition created successfully the image of a European confederacy during the war; a confederacy that fought for the sake of peace and liberation on the entire continent. At the same time, political interests and conflicts among the allied powers were hidden from the public. Although the allies did not succeed in conserving the consensus of the coalition after spring 1814, its propagated vision was an effective pr- campaign in the cause of peace settlement.