In der vorliegenden Arbeit wurden zwei Mitglieder der IgSF mit unterschiedlichen Fragestellungen untersucht. Der erste Teil der Arbeit beschäftigte sich mit der Analyse humanpathogener missense Mutationen des L1CAMs. Träger dieser Mutationen entwickeln zum Teil schwere neurologische Krankheitsbilder, die unter dem Akronym CRASH-Syndrom zusammengefasst wurden. Zur Aufklärung molekularer Mechanismen, die zu einer Ausbildung des CRASH- Syndroms führen, wurden in dieser Arbeit verschiedene in vitro Modelle angewandt. Dabei wurde die Zelloberflächenexpression mutanter L1-Proteine, sowie deren Einfluss auf das homophil vermittelte Neuritenwachstum untersucht. Die Analyse 25 humanpathogener missense Mutationen ergab zum Teil dramatische Effekte auf die Zelloberflächenexpression mutanter L1-Proteine in CHO Zellen. Dabei scheinen Mutationen für die eine starke Beeinträchtigung der Struktur einzelner Domänen angenommen wird, einen stärkeren Einfluss auf die intrazelluläre Prozessierung und/oder Ligandenbindung aufzuweisen, als solche, die an der Oberfläche des Proteins exponierte Strukturen beeinflussen. Weiterhin wurden verschiedene L1-Mutanten in primären Neuronen überexprimiert und deren Effekt auf das homophil vermittelte Neuritenwachstum untersucht. Dabei wurde ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Zelloberflächenexpression von L1-Mutanten in CHO Zellen und deren Effekt auf das Neuritenwachstum hergestellt. Im zweiten Teil der Arbeit wurde das Mausortholog zu Neurotractin, einem zuletzt beschriebenen neuen Mitglied der IgSF charakterisiert. Hierzu wurden die cDNA von Maus Neurotractin (mNTRA) kloniert und spezifische Antikörper generiert. Die Analyse der zeitlichen und räumlichen Verteilung von mNTRA, zeigte einen entwicklungsabhängigen Anstieg der Expression in verschiedenen Hirnregionen. Immunhistologische Untersuchungen identifizierten mNTRA auf Subpopulationen von Neuronen im Cerebellum, Riechkolben, Kortex und im Hippokampus. Des weiteren wurde die subzelluläre Verteilung von mNTRA immunzytologisch in primären hippokampalen Neuronen und biochemisch im Hirngewebe adulter Mäuse untersucht. Die Ergebnisse weisen auf eine präsynaptische Lokalisation hin. Die Funktion von mNTRA wurde hinsichtlich seines Einflusses auf das Neuritenwachstum mit unterschiedlichen Testsystemen in vitro untersucht. Dabei wurde ein permissiver Effekt auf das Neuritenwachstum hippokampaler Neuronen und eine deutliche Auswachspräferenz hippokampaler Explantate für mNTRA-haltige Substrate beobachtet. Diese Ergebnisse deuten für mNTRA auf eine Funktion als attraktives Leitmolekül für das Neuritenwachstum hippokampaler Neuronen hin. Um eine potentielle plastizitäts-abhängige Regulation von mNTRA zu untersuchen, wurden entorhinale Kortexläsionen mit Mäusen durchgeführt. Immunhistologische Untersuchungen zeigten eine Hochregulation von mNTRA im deafferenzierten Hippokampus und, von besonderem Interesse, auf reaktiven Astrozyten in der äußeren Molekularschicht des Gyrus dentatus. Die zeitliche und räumliche Regulation von mNTRA korrespondiert dabei mit der regenerativen Aussprossung von Axonen. In Anbetracht der attraktiven Wirkung von mNTRA in vitro, weist die Regulation von mNTRA nach entorhinaler Kortexläsion auf eine in vivo Funktion bei der Regeneration axonaler Verbindungen hin. Letztlich wurde eine für mNTRA defiziente Mauslinie generiert, die als Ausgangspunkt für eine detaillierte Analyse der in vivo Funktion von mNTRA dienen soll.
In the present study, two different IgSF-members have been investigated addressing different aspects. The first part of the study deals with the analysis of human pathological missense mutations of L1CAM. Carriers of these mutations exhibit multiple severe neurological symptoms, which has been combined using the acronym CRASH-Syndrome. Here, different in vitro assays were utilized to give insights into molecular mechanisms causing the CRASHSyndrome. The cell surface expression of mutant L1 proteins and their impact on homophilically mediated neurite outgrowth was tested. Analysis of 25 pathological missense mutations revealed dramatic effects on the surface expression of mutant L1 proteins in CHO cells. In detail, mutations that are predicted to affect the structure of individual extracellular domains are more likely to affect intracellular processing and/or ligand binding than those mutations affecting surface properties of the molecule. Furthermore, different L1-mutations have been overexpressed in primary neurons and their effects on the homophilically mediated neurite outgrowth was examined. Here, the results were conclusive with respect to the cell surface expression in CHO cells. In the second part, the mouse homologue of the recently described IgSF-member Neurotractin has been characterized. For this, the cDNA of mouse neurotractin (mNTRA) was cloned and specific antibodies have been generated. Western Blot Analysis of the spatiotemporal distribution showed a developmentally regulated increase of mNTRA in different brain regions. Immunohistochemistry, using antibodies against mNTRA, identified its expression on different neuronal subpopulations in the cerebellum, olfactory bulb, cortex, and the hippocampus. Moreover, the subcellular distribution of mNTRA has been localized to presynaptic terminals using immunocytochemistry of primary neurons, and a biochemical approach using brain tissue of adult mice. Functional studies were performed examining the influence of mNTRA on neurite outgrowth. Here, a positive effect on the neurite length of hippocampal neurons and a clear choice behaviour of outgrowing hippocampal explants for mNTRA was observed. This implies for mNTRA a function as an attractive guidance cue for the neurite outgrowth of hippocampal neurons. In order to analyse a potential plasticity-dependent regulation of mNTRA in vivo, entorhinal cortex lesions with mice were performed. Immunohistological examinations showed an upregulation of mNTRA in the deafferented hippocampus, and most interestingly, on reactive astrocytes in the denervated outer molecular layer of the dentate gyrus. The spatiotemporal expression regulation of mNTRA after lesion, corresponds with the timing of regenerative axon sprouting in the outer molecular layer. Thus, the attractive influence of mNTRA in vitro, and the regulation after entorhinal cortex lesion, leads to the assumption of an in vivo function of mNTRA in regenerative axon sprouting. Finally, mNTRA- deficient mice have been generated, for a detailed analysis of the in vivo function for mNTRA in future studies.