Ziel dieser Arbeit war es, eine Empfehlung zur Diagnostik des Selenstatus zu entwickeln und eine Übersicht über die Funktion von Selen im Organismus von Wiederkäuern und die verschiedenen Untersuchungsmedien zu geben. Es standen drei verschiedene Datenpools zur Auswertung zur Verfügung (Bestandsdatei 1, Bestandsdatei 2, Betriebsuntersuchung). Die Daten stammten aus der Abteilung Bestandsbetreuung der Klinik für Klauentiere der Freien Universität Berlin. Die beprobten Herden umfassten im Mittel 581 Tiere der Rasse Holstein-Friesian und stammten überwiegend aus den ostdeutschen Bundesländern (SA, BB, MV, S). Die Bestandsdatei 1 wurde seit 1995 geführt und aufgrund eines Wechsels der Analysemethode in zwei Untersuchungsgruppen (P1/P2) geteilt. In P1 wurden n = 2084 gepoolte Serumselenwerte von 578 Betrieben erfasst. Es konnte ein Selenmittelwert von 72 ± 22,8 μg/l bestimmt werden. In P2 wurden die seit 2006 erfassten Daten aufgeführt. Er umfasst n = 1188 gepoolte Serumproben aus 320 Betrieben und weist einen Selenmittelwert von 98 ± 26,9 μg/l auf. Seit 2006 lag in keinem Betrieb eine mangelhafte Selenversorgung vor (mittlere Serumselenkonzentration < 30 μg/l). In Bestandsdatei 2, als Extrakt der Bestandsdatei 1, wurden seit 2008 neben der Bestimmung von Selen im Serum auch die Werte für Plasma, Harn, Vollblut und Haar erfasst. Als dritter Datenpool stand eine Einzelbetriebsuntersuchung zur Verfügung. Hier wurden Einzelproben der Selenkonzentration in Serum, Plasma, Vollblut, Harn, Haar und zusätzlich in der Leber bestimmt. Ein Zusammenhang zwischen der Milchleistung, dem Vorkommen von Ovarialzysten, Mastitiden wie auch Nachgeburtsverhalten und dem Selenstatus konnte bei diesem hohen Versorgungsniveau nicht bestätigt werden. Weiterhin konnten zwar signifikante, jedoch lediglich geringe Korrelationen zwischen Selen und anderen Spuren- bzw. Mengenelementen und verschiedenen Vitaminen bestimmt werden. Die Untersuchung ergab, dass die genutzten Probenmedien Serum, Plasma, Vollblut, Harn, Leber und Haar entsprechend ihrer jeweiligen Kinetik eine Aussagekraft bezüglich des Selenstatus besitzen. Als Langzeitparameter sind die Selenkonzentrationen im Haar und im Vollblut einzustufen. Den aktuellen Versorgungsstand spiegeln das Serum, das Plasma und der Harn wider. Der Serumselenwert ist die am häufigsten genutzte und am besten etablierte Bestimmungsmethode. Jedoch wäre die Plasmaselenkonzentration vorzuziehen, da sie nicht den Gerinnungsvorgängen unterliegt. Die Plasmaselenkonzentration ist im Mittel um 15,3 μg/l höher als die Serumselenkonzentration. Es konnte eine signifikante Jahreszeit- und Laktationsdynamik der Selenkonzentrationen im Serum, im Plasma, im Harn und in der Leber bestimmt werden. In den Sommermonaten konnten die geringsten Selenwerte festgestellt werden. Weiterhin wurde die niedrigste Selenkonzentration für die Vorbereiter- und die Trockenstehergruppe bestimmt. Der Harn ist als ein sensitives Medium der Selendiagnostik einzustufen. Er spiegelt die Laktations- und Jahreszeitdynamik ebenso wie die etablierten Medien Serum und Plasma wider. Um den Selenstatus einer Herde oder eines Einzeltieres zu bestimmen, ist die Plasmaselenkonzentration mit den in der Tabelle aufgeführten Referenzbereichen als Untersuchungsmedium zu empfehlen. Als benefizitäre Versorgung wird hier ein Bereich definiert, ab dem mit einer selenbedingten Steigerung der Immunabwehr zu rechnen ist und noch keine subklinische Selentoxikose vorliegt. Mangel Serum μg/l <30 Plasma μg/l <30 Vollblut μg/l <40 Harn μg/l >40 Haar μg/kg marginaler Mangel Serum μg/l 30-60 Plasma μg/l 30-70 Vollblut μg/l 40-100 Harn μg/l Haar μg/kg adäquat benefizitär Serum μg/l 60-160 Plasma μg/l 70-160 Vollblut μg/l 100-350 Harn μg/l Haar μg/kg 500-1300 toxisch Serum μg/l >200 Plasma μg/l >200 Vollblut μg/l >400 Harn μg/l Haar μg/kg
The aim of this study was to develop a recommendation for the evaluation of the selenium status in dairy cows under consideration of different test mediums and techniques. In addition, an overview about the effects of selenium on the body function of dairy cows was discussed. Three different data sets obtained by the department of herd-health of the Clinic for Ruminants and Swine of the Free University of Berlin were evaluated (“Bestandsdatei 1”, “Bestandsdatei 2”, “Betriebsuntersuchung”). Each set contained data from different herds which averaged 581 Holstein-Frisian cows bred and kept in East Germany. “Bestandsdatei 1” was divided into two study subgroups due to a change of method of analysis of serum selenium (P1: from 1995 to 2006 / P2: from 2006 to 2010). In P1 2084 pooled serum samples from 578 farms and in P2 1188 pooled serum samples from 320 farms were evaluated. Mean serum selenium of P1 was 72 ± 22.8 μg/l and of P2 98 ± 26.9 μg/l. While the results of P1 showed selenium deficiency, P2 did not. “Bestandsdatei 2” was a part of “Bestandsdatei 1, which contained data evaluating selenium in pooled samples of serum, plasma, urine, whole-blood and hair. In “Betriebsuntersuchung” selenium was measured in individual samples of serum, plasma, urine, whole- blood, hair and liver biopsies. There was no significant correlation between selenium and milk yield, the incidence of ovarian cysts, mastitis and retained placenta. In addition, only low, but significant correlations between the selenium content in serum and other trace and mineral elements and vitamins were determined. All tested mediums (serum, plasma, whole-blood, urine, liver, hair) can be used to evaluate the selenium status. While hair and whole-blood has proven to be the most suitable medium for long-term evaluation of the selenium status, serum, plasma and urine can be used to establish the current status. However, plasma is recommended over serum as it does not undergo coagulation which decreases the selenium concentration by 15.3 μg/l on average. Although urine has shown to be a sensitive parameter, further research is necessary before recommendations regarding the use of urine for the evaluation of the selenium status can be given. The selenium concentration in serum, plasma, urine and liver varies due to season and lactation-cycle. The lowest selenium values were measured in summer and for dry- and closeup cows. Nevertheless, taking these variations into account reference ranges could be established for the different test mediums and are listed below. A beneficial selenium status includes a improved immune defence without reaching the range of a subclinical selenoses. deficient Serum μg/l <30 Plasma μg/l <30 Whole-blood μg/l <40 Urine μg/l >40 Hair μg/kg marginal deficient Serum μg/l 30-60 Plasma μg/l 30-70 Whole-blood μg/l 40-100 Urine μg/l Hair μg/kg adequate I beneficial Serum μg/l 60-160 Plasma μg/l 70-160 Whole-blood μg/l 100-350 Urine μg/l Hair μg/kg 500-1300 toxic Serum μg/l >200 Plasma μg/l >200 Whole- blood μg/l >400 Urine μg/l Hair μg/kg