Einerseits ist globale Wasserpolitik seit Jahren eines der aktivsten Politikfelder im Bereich nachhaltiger Entwicklung und die Erscheinungsformen der globalen Wasserkrise sind hinreichend gut erfasst. Andererseits scheint globale Wasserpolitik kaum institutionalisiert zu sein und Attribute wie ,diffus‘ und ,fragmentiert‘ werden oft auf dieses Politikfeld angewandt. Damit korrespondiert die Tatsache, dass zur Erfassung globaler Wasserpolitik auch die Wissenschaft bislang nur wenig beisteuert und dieses Politikfeld eine Art ,blinder Fleck‘ der Governance-Forschung ist. Auf diese Herausforderung reagiert die Dissertation, indem sie in ,angewandter Absicht‘ die Vermutung des Verfassers zu erhärten versucht, dass die Charakterisierung globaler Wasserpolitik als diffus und letztlich ineffektiv nur bedingt mit den empirischen Gegebenheiten übereinstimmt. Um die globale Dimension von Wasserpolitik zu erfassen, wird in ,theoretischer Hinsicht‘ auf die Regimetheorie als zentralen Analyserahmen zurückgegriffen. Durch die Erfassung globaler Wasserpolitik als globales Wasserregime kann dieses Politikfeld in neuem Licht betrachtet werden, d.h. als eine durchaus koordinierte Bearbeitung der Phänomene der drohenden globalen Wasserkrisen. Das verlangt eine Neubewertung dieses Politikfeldes seitens der Governance-Forschung und bietet Praktikern globaler Wasserpolitik Orientierung, zum Beispiel mit Blick auf eine weitere Institutionalisierung. Das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse richtet sich auf das Verstehen des Prozesses der Institutionen- bzw. Regimebildung globaler Wasserpolitik. Dies erhält in der vorliegenden Arbeit zudem eine normativ-ethische Fundierung. Die darauf aufbauende forschungsleitende Frage lautet: Handelt es sich bei der gegenwärtigen Ausformung globaler Wasserpolitik (bereits) um ein globales Wasserregime im Sinne der Regimetheorie? Weil die finale Antwort auf diese Kernfrage am theoretischen Verständnis von Regimen hängt, muss eine Antwort im Falle eines ‚klassischen‘ Regimeverständnisses, das auf verbindliche regulatorische institutionelle Arrangements zwischen Staaten fokussiert, wohl negativ ausfallen. Im Falle eines Regimeverständnisses, das ‚weiche‘ Steuerungsformen, andere Akteure als Nationalstaaten und andere Regimefunktionen als Regulierung zu erfassen imstande ist, kann die Antwort dagegen positiv ausfallen. Die Arbeit belegt, dass zweitgenannte Option die angemessenere ist. Die Beantwortung der Forschungsfrage setzt eine genaue Rekonstruktion der empirischen Entwicklungsschritte globaler Wasserpolitik voraus sowie eine um die Governance-Diskussion seit den 1990er Jahren erweiterte Regimetheorie. Dazu wird eine integrative Theorie der Regimebildung erarbeitet, die frühere Ansätze aus der Literatur aufgreift und weiterentwickelt und mit Hilfe einer parallelen Indienstnahme der verschiedenen ,Denkschulen‘ regimetheoretischer Forschung dem Erklären und Verstehen globaler Wasserpolitik als Regimebildungsprozess zuarbeitet.
On the one hand global water governance is one of the most active policy fields in the realm of sustainable development, while the global water crisis and its phenomena are reasonably well understood. On the other hand global water governance still lacks institutionalization and is often referred to as ,diffuse‘ and ,fragmented‘. Furthermore, the scientific community has added only little to a better understanding of global water governance, so that it can be seen as a ,blind spot‘ in the governance research agenda. That is the challenge addressed by this thesis. In its ,applied mode‘ the thesis proves the presumption of its author; namely that the characterization of global water governance as ,diffuse‘ and ultimately ,ineffective‘ runs at least in part counter to the reality of global water governance of the past 30 years. In order to analyze the global dimension of water governance, regime theory will be used as the analytical framework. Describing global water governance as a global water regime allows new light to be shed on this policy field and to understand it as, by and large, a coordinated collective effort addressing the looming global water crisis. Hence, this dissertation may lead to a revaluation of global water governance by the (water) governance research community, as well as providing advice for practitioners dealing with future institutionalization processes in global water governance. The overarching scientific interest relates to a better understanding and explanation of institution and regime building processes in global water governance. A normative-ethical foundation for the role of institutions is briefly presented, too. The thesis then continues with its main research question: Is current global water governance already a global water regime as defined by regime theory? The final answer to this question depends on the theoretical understanding and conceptualization of regimes. If a ,classic‘ understanding of regimes is employed – one that refers to legally binding regulatory institutional arrangements between nation states – the answer may be negative. However, if the regime framing can address ,soft law‘, other actors than the nation state (while not dismissing the nation state), as well as regime functions other than regulation, a positive answer should be expected. The dissertation accordingly establishes this. In order to address its fundamental research question, the dissertation thoroughly reconstructs the genesis of global water governance over the past 30 years. Besides the incorporation of insights from governance research of the past 20 years, the dissertation develops and applies an integrative theory of regime formation, building on recent developments in regime theory, that allows for a logically coherent application of different ,schools of thoughts‘ in regime theory in order to better understand and explain global water governance as a process of regime formation.