Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung und Validierung zweier Inversionsalgorithmen unter Anwendung impliziter und expliziter Atmosphärenkorrekturverfahren zur Bestimmung der Konzentration und räumlichen Verteilung von Wasserinhaltsstoffen in europäischen Küstengewässern aus multispektralen Satellitenmessungen. Entwickelt wurden die Verfahren für das abbildende Gitterspektrometer MERIS an Bord des ENVISAT Satelliten der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA. Alle Verfahrensschritte wurden anhand von zeitgleich zu den Satelliten-Überflügen durchgeführten in situ Messungen validiert. Damit leistet die Arbeit einen wesentlichen Beitrag auf dem Gebiet der Verfahrensentwicklung und trägt zum Verständnis von Anwendungsgrenzen operationell einsetzbarer Algorithmen bei. Die durch die entwickelten Verfahren abgeleiteten Wasserinhaltsstoffe sind das Chlorophyll-a, die Gruppe der organischen und anorganischen Schwebstoffe und die Gelbstoffabsorption bei einer Wellenlänge von 443 nm. Alle Verfahren dieser Arbeit wurden durch einen modellbasierten Ansatz mit Hilfe inverser Modellierung von Strahlungstransportsimulationen aufgebaut. Als inverse Modelle werden künstliche neuronale Netze verwendet, deren Vorteile gegenüber herkömmlichen Verfahren auf Basis von Look-Up-Tabellen in einer kontinuierlichen Funktionsapproximation der Ausgabedaten, bei gleichzeitiger Stabilität gegenüber fehlerhaften Eingabedaten, liegen. Klassische Verfahren zur Bestimmung von Wasserinhaltsstoffen aus satellitengestützten Fernerkundungsdaten basieren auf der Inversion abgeleiteter Reflektanzspektren der Wasseroberfläche. Hierzu müssen die vom Satelliten am Oberrand der Atmosphäre gemessenen Spektraldaten zunächst durch Anwendung expliziter Atmosphärenkorrekturverfahren um die Beiträge der atmosphärischen Streuung und Absorption korrigiert werden, da nur das vom Wasserkörper reflektierte Signal Informationen über die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe trägt. Das dem Signal des Wasserkörpers überlagerte Signal der Atmosphäre kann dabei über 90% des am Oberrand der Atmosphäre gemessenen Gesamtsignals betragen. Die Genauigkeit, der Inhaltsstoffbestimmung mit dieser als indirektes oder Zweischritt- Verfahren bezeichneten Methode, hängt neben den verwendeten bio-optischen Modellen maßgeblich von der Genauigkeit der verwendeten Atmosphärenkorrekturalgorithmen ab. Zur Umgehung von Atmosphärenkorrekturfehlern untersucht die vorliegende Arbeit die Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen eines direkten Einschritt-Verfahrens mit impliziter Atmosphärenkorrektur zur Bestimmung der genannten Wasserinhaltsstoffe. Bei dieser Methode werden die Inhaltsstoffe aus dem am Satelliten gemessenen Reflektanzspektrum am Oberrand der Atmosphäre abgeleitet. Die Ergebnisse des direkten Verfahrens wurden anhand von in situ gemessenen Wasserinhaltsstoffen validiert und mit einem ebenfalls entwickelten indirekten Verfahren, unter Anwendung einer expliziten Atmosphärenkorrektur, verglichen.
This thesis describes the development and validation of two inversion algorithms based on an explicit and an implicit atmospheric correction scheme to retrieve the concentration and distribution of water constituents in European coastal waters from multi-spectral satellite data. The algorithms are designed for radiance measurements of the grating spectrometer MERIS on board of the ENVISAT satellite of the European Space Agency ESA. A validation of all inversion steps is performed with a match-up analysis of in situ measurements taken simultaneously to the satellite overpasses. The findings of this thesis contribute to a deeper understanding of possible operational algorithms and their limitations in the retrieval of the water constituents: chlorophyll-a, total suspended matter and yellow substance absorption at 443 nm. The developed algorithms are based on the inversion of radiative transfer simulations by using artificial neural network techniques. Compared to standard look-up table approaches the main advantages of artificial neural networks are their ability to continously approximate the function's output data and their robustness against noisy input data. Standard methods for the retrieval of water constituents from satellite measurements consist of two steps: an explicit atmospheric correction to derive the spectral reflectance of the water body at mean sea level followed by an inversion method to retrieve the water constituents from the previously atmospherically corrected spectra. Often more than 90% of the total measured signal originates from atmospheric scattering. Beside the choice of the bio-optical model, the accuracy of the water retrieval is directly related to the accuracy of the explicit atmospheric correction scheme. To overcome possible errors in an atmospheric correction this work investigates the accuracy and limits of an implicit atmospheric correction method, which directly relates the satellite measured signal at the top of the atmosphere to the concentrations of the water constituents. The results of this so called direct inversion method are compared both to in situ measurements as well as to an indirect inversion algorithm based on an explicit atmospheric correction.