Neue antiangiogene Wirkstoffe könnten in Zukunft bei der Therapie von gastrointestinalen Karzinomen von elementarer Bedeutung sein. Taurolidin ist eine antineoplastische Substanz, welche an über 30 Tumorzelllinien in vitro eine Wachstumshemmung bewirkt. Es hemmt zusätzlich die Freisetzung tumorproliferativer Interleukine (TNFalpha und IL-1beta) aus Makrophagen. Der Mechanismus, der zur Inhibition des Tumorwachstums führt, war zu Beginn der Experimente noch nicht bekannt und daher das Ziel eigener molekularbiologischer, tierexperimenteller und klinischer Forschungen. In ersten in vitro Experimenten wurde an Zellen eines malignen Melanoms eine vergleichbar hohe Apoptoserate gegenüber einer üblichen Interleukin- oder Interferontherapie gemessen. Ex vivo Untersuchungen an Zellverbänden von Melanompatienten zeigten sogar eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Taurolidin. In molekularbiologischen Studien wurde unter Verwendung klinisch relevanter Dosierungen der spezifische Feinmechanismus untersucht. Taurolidin führte zur Reduktion intrazellulärer Proteinspiegel von Zellzyklusregulatoren und Transkriptionsfaktoren. Der Signalosom/Proteasom Komplex, welcher intrazelluläre Interaktionen reguliert, sowie der Transkriptionsprozess wurden hierbei jedoch unwesentlich beeinträchtigt. Unsere Experimente wiesen darauf hin, dass der Translationsvorgang durch Taurolidin in humanen und Rattenkolonkarzinomzellen gehemmt wird. Hierbei wird die Präinitiationsphase gehemmt, welches auf eine Inhibition der ribosomalen Komplexbildung (Dichtegradientenbestimmung) schließen lässt. Damit wird die Proteinbiosynthese blockiert, was die pleiotrophe Wirksamkeit erklären könnte. Die Mechanismen könnten sogar für Pro- und Eukaryonten ähnlich sein, da die endogene Proteinexpression bei Bakterien (E. coli) ebenfalls verhindert wurde. Unsere Daten ließen die Schlussfolgerung zu, dass Taurolidin einen maßgeblichen Schritt in einer frühen Translationsphase hemmt. Dadurch werden proangiogene Wachstumsfaktoren wie VEGF und TNFα nicht mehr synthetisiert. Fortführende tierexperimentelle Untersuchungen wiesen nach, dass einmalige intraperitoneale Applikationen das intra- und extraperitoneale Tumorwachstum bei der Ratte hemmen. Unabhängig von der Operationsmethode (Insufflation mit Kohlendioxid oder Laparotomie) führte der direkte Kontakt des Taurolidin mit Tumorzellen zu einem stärkeren antineoplastischen Effekt als eine einmalige intravenöse Behandlung. Längere Behandlungszeiträume und Dosissteigerungen führten zu ausgeprägteren Tumorreduktionen bei der Ratte. Hierbei wurden Änderungen der Respirationstiefe beobachtet, welche durch langsamere Applikation vermieden werden konnten. Die Hämatopoese wurde nicht beeinträchtigt. Daher wurde in weiteren Tierstudien der Einfluss intravenöser und intraperitonealer Dosissteigerungen auf das Wachstum fortgeschrittener Kolonkarzinome untersucht. Es fand sich eine antineoplastische Dosisabhängigkeit. Zum Ausschluss von Zellschädigungen der Hauptstoffwechselorgane Leber und Niere wurden pathohistochemische Untersuchungen durchgeführt. Die Hochdosistherapie führte zu keinen nachweisbaren Veränderungen mikroskopischer Organstrukturen. Folgend wurde in einer klinischen, prospektiv randomisierten Multizenterstudie der Effekt einer intraoperativen, intraperitonealen Instillation von 0,5 % Taurolidin versus einer 0,25 % PVP-Jod-Spülung nach kurativen Resektionen von Kolon-, Magen- und Pankreaskarzinomen untersucht. Der Anstieg des zellstimulierenden Interleukin- 1β wurde gegenüber PVP-Jod deutlich reduziert. Es wurden keine relevanten Nebenwirkungen festgestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass die intraperitoneale Applikation von Taurolidin bei der Prävention von Lokalrezidiven und Metastasen in der onkologischen Chirurgie sinnvoll sein könnte – diese ist jedoch kostenintensiver. Daher wurde eine prospektiv randomisierte Multizenterstudie begonnen, welche beim kurablen kolorektalen Karzinom die Rate von Metastasen und Lokalrezidiven nach intraoperativer Instillation mit Taurolidin (2 %) versus einer üblichen Bauchspülung (0,9 % NaCl) vergleichen soll. Eine intravenöse Kombinationstherapie von bisher schlecht behandelbaren Tumorentitäten ist ebenfalls denkbar. Eine intravenöse Behandlung mit 2 %igem Taurolidin wird derzeit an unserer Klinik im Rahmen einer Phase III-Studie beim Magen-/Pankreaskarzinomrezidiv durchgeführt. Die gewichtskorrelierte, zentralvenöse Injektion führte zu keinen relevanten, klinischen oder laborchemischen Nebenwirkungen (300 mg/kg Kilogramm/Tag). Bei Magenkarzinomrezidiven konnte bei 3/24 Patienten eine Tumorverkleinerung, ein „stable disease“ (konstantes CT-morphologisches Bild) und eine vollständige Remission beobachtet werden. Neben einer Monotherapie könnte einer Kombinationstherapie mit anderen antineoplastisch wirksamen Medikamenten eine entscheidende Rolle zukommen, um mögliche Synergieeffekte mit bewährten Chemotherapeutika zu nutzen und Nebenwirkungen zu reduzieren.
Taurolidine (TRD) is an agent with antiseptic and antineoplastic effects clinically first administered in 1975. It is a soluble product of the amino acid Taurin and is hydrolytically separated to its active metabolites Taurultam and Methyltaurultam. Its contact with bacteria leads to loss of their pathogenesis. TRD inhibits the release of TNFα and IL-1β as well as angiogenesis, which is of great importance for solid tumor growth. The mechanisms of TRD antineoplastic effects were investigated. TRD has an antineoplastic effect on more than 30 cell lineages in vitro. We have thoroughly examined its molecular mechanisms of action. Experiments showed a reduction of the intracellular protein level of transcription factors and cell cycle regulators. Effects on the COP9 signalosome, a multimeric regulatory protein complex involved in signal transduction and ubiquitin-dependent proteolysis could be excluded. The Transcription process was not blocked by the highest TRD concentrations. The translation was intensively assessed by sucrose density gradient centrifugation. It was shown that TRD acts as an inhibitor of an early phase in translation. It blocks protein biosynthesis in mammalian cells as well as in bacteria, which mig ht explain most of its pleiotropia effects, including induction of apoptosis. Antineoplastic effects of TRD were confirmed in several experimental studies on animal models. A single intraperitoneal (IP) dose caused a reduction of intra- and extraperitoneal metastases in rats. Direct contact with tumor cells had a much higher antineoplastic effect than the single intravenous (IV) application after laparoscopy or laparotomy. Further experiments showed that longer IV administration with higher doses could inhibit IP tumor growth and subcutaneous metastatic disease without relevant toxic effects in rats. The IP and IV administration of TRD reduced total tumor weight and number of metastatic lesions of disseminated malignant melanoma in a dose dependent way in mice. Our encouraging findings will be further examined in clinical studies. The effect of intraoperative IP instillation of TRD versus PVD-iodine in colorectal, gastric and pancreatic cancer was examined in a multicenter prospective randomized clinical trial. Lavage with TRD delayed the increase of IL-1β compared to the control group without relevant adverse effects. As a result the IP administration TRD could be of benefit as a treatment for the prevention of metastasis in surgical oncology. Therefore, a new prospective randomized multicenter trial was set up in November 2005. Aim of this study was to examine the influence of intraoperative instillation and abdominal lavage with 2% TRD versus irrigation with 0.9% NaCl (control group) on metastases and local tumor recurrence (n=2000). A significant advantage of TRD is the absence of adverse effects on haemopoiesis. TRD 2 % is being currently applied intravenously as part of a Phase III clinical study, in order to assess safety and toxicity of the agent in patients with advanced or recurrent gastric and pancreatic cancer. The bodyweight correlated TRD doses of 300 mg/kg KG/Day had nor clinical neither biochemical adverse effects. In some patients with recurrence of gastric cancer we observed a slow progression of the disease with a good quality of life. In one patient no evidence of his previous gastric cancer re-recurrence was detected. Summarizing, the combination of antineoplastic effects of TRD with a low toxicity render the substance a promising therapeutic option for several malignancies, where traditional therapeutic modalities fail. TRD could be administered either as monotherapy or as part of a protocol with other chemotherapeutics in the future.