Im August 2006 kam es im Dreiländereck Niederlande, Belgien und Deutschland unerwartet zum erstmaligen Auftreten der Blauzungenkrankheit, einer ursprünglich aus Afrika kommenden Viruserkrankung der Haus- und Wildwiederkäuer, die heimische Viehbestände bedrohte. Das Ziel dieser Untersuchungen war die Wirksamkeitsprüfung insektizidbehandelter und unbehandelter Netze gegen den Eintrag von heimischen Gnitzen, Vektoren der Blauzungenkrankheit, und von anderen Lästlingsinsekten (Musciden) in offene Rinderstallungen. Die Feldversuche fanden im Sommer/Herbst 2009 auf einem Milchviehbetrieb in Lögow im Landkreis Ostprignitz-Ruppin in Brandenburg statt. In einem ersten Versuch (Juni bis August 2009) wurde das wirksamste Netz in einem einfach zu kontrollierenden Versuchsaufbau ermittelt. Hierfür wurde die Kälberhaltung in Iglus ausgewählt. Es wurden zwei Versuchsgruppen aus jeweils drei Versuchseinheiten für die Wirksamkeitsprüfung der insektizidbehandelten und unbehandelten Netze gebildet. Eine Versuchseinheit bestand aus jeweils fünf Kälberiglus, in denen die Tiere (1 Kalb pro Iglu) unmittelbar nach der Geburt für drei Wochen aufgestallt wurden. Die Versuchseinheiten wurden mit dem zu untersuchenden Netz vollständig (Seitenwände und Dach) oder teilweise (Netzzaun mit einer Höhe von 1,80m) geschützt. Eine nicht vernetzte Versuchseinheit diente als Kontrolle. Die Überprüfung der Wirksamkeit erfolgte durch Fänge von Zielinsekten, indem in der Mitte jeder Versuchseinheit eine UV-Lichtfalle (Biogents Sentinel® UV- Licht Insektenfallen) installiert wurde. Die Fallen wurden wöchentlich in drei Intervallen zwischen Sonntag und Mittwoch jeweils von 17 Uhr bis 9 Uhr des Folgetages aktiviert. Gegen Ende dieses ersten Versuchs wurde auch jeweils eine insektizidfreie Fliegenklebstofffalle (Fliegenrolle für den Stall, Eurofarm, Bützberg, Schweiz) pro Versuchseinheit ausgebracht. Die Auswirkungen der Schutzmaßnahmen auf die Produktivität (Gewichtsentwicklung) und das Wohlbefinden (Abwehrverhalten und Befallsintensität mit Musciden) der Kälber wurden bei den Untersuchungen ebenfalls berücksichtigt. Das eingesetzte insektizidbehandelte Netz war ein Polyesternetz mit einer Maschenweite von 1,6 x 1,7mm, das verkapseltes Deltamethrin mit einem Ausgangsgehalt von 115mg/m2 Netz enthielt. Bei den zwei untersuchten unbehandelten Netzen handelte es sich um schwarze Maschenware aus Polyethylen mit einer unregelmäßigen Maschenweite von 0,7 bis 1,2mm sowie um ein olivfarbenes Textilgewebe mit einer gleichmäßigen Maschenweite von weniger als 1mm. Die unbehandelten Netze zeigten keine nachhaltige Reduktion von Gnitzen und Lästlingsinsekten in den geschützten Versuchseinheiten. Allerdings konnte in der mit dem zweiten unbehandelten Netz (Maschenweite unter 1mm) geschützten Einheit (Netzzaun mit einer Höhe von 1,80m) signifikant weniger Abwehrbewegungen der Kälber festgestellt werden. Mit dem insektizidbehandelten Netz konnte in der teilvernetzten Versuchseinheit eine signifikante Reduktion (p=0,001) der Gnitzen von durchschnittlich 73,6% im Vergleich zur Kontrolle erzielt werden. Entgegen der Erwartungen wurden in der komplett vernetzten Versuchseinheit aber die meisten Gnitzen (47,7%) vom Gesamtfang aller Versuchseinheiten gefangen. Allerdings konnte in dieser Versuchseinheit ein deutlicher Effekt auf Musciden beobachtet werden, der gefangene Fliegenanteil lag nur bei 6,5% vom Gesamtfang. Des Weiteren zeigte sich hier auch ein signifikant (p<0,0001) geringerer Befall der Kälber mit Musciden. Ein signifikanter Einfluss der Vernetzung auf die ermittelte Gewichtszunahme der Kälber konnte weder beim insektizdbehandelten noch bei den unbehandelten Netzen nachgewiesen werden. In einem zweiten Versuch (August bis Oktober 2009) wurde das insektizidbehandelte Netz zum Schutz eines Milchviehstalls (Interventionsstall) eingesetzt. Der gesamte Stall wurde bis auf zwei Zufahrtswege durch einen 2,20m hohen, freistehenden Netzzaun umzäunt. Ein zweiter baugleicher und parallel ausgerichteter Stall blieb unvernetzt und diente als Kontrolle. In beiden Ställen wurde an den gleichen Positionen jeweils drei UV-Lichtfallen zum Fang von Gnitzen und zwei insektizidfreie Fliegenklebstofffallen zum Fang von Musciden aufgehängt. Mit der gewählten Vernetzung konnte über die gesamte Beobachtungszeit hinweg ein nachhaltiger Effekt auf die Gnitzen- und Fliegenfangzahlen erzielt werden. Die signifikante Reduktion der Gnitzen im Interventions- gegenüber dem Kontrollstall betrug durchschnittlich 41,9% (p=0,0391), die der Musciden durchschnittlich 77,2% (p=0,0039). Für die Erhebung der Gnitzenabundanz am Standort Lögow wurden über den gesamten Versuchszeitraum (Juni bis Oktober 2009) vier UV-Licht Insektenfallen im Umfeld der Versuchseinheiten und Milchviehstallungen in- und außerhalb des Betriebsgeländes installiert. Über die gesamte Versuchsdauer des entomologischen Monitorings von Anfang Juni bis Ende Oktober 2009 blieben die Fangzahlen in den Fallen im Außenbereich und in den Versuchseinheiten sowie später in den Stallanlagen sehr gering. Die höchsten Fangzahlen wurden zwischen Ende Juni und Mitte Juli 2009 ermittelt. Die biozide Wirksamkeit des insektizidbehandelten Netzes wurde vor der Ausbringung im Feld und im Verlauf in monatlichen Abständen mittels sensibler Testinsekten (Musca domestica) im Bioassay überprüft. Die Testbox war von innen mit der zu prüfenden Netzprobe ausgekleidet. Nach einer Expositionszeit von 10 Sekunden wurden in genau definierten Zeitabständen die Paralyseraten der Testinsekten dokumentiert. Zur Beurteilung der insektiziden Wirkung diente der T50-Wert (Zeitpunkt, zu dem 50% der Testinsekten paralysiert sind). Im Fliegen-Bioassay zeigte das insektizidbehandelte Netz eine gute und persistierende insektizide Wirksamkeit über den gesamten Versuchszeitraum von 5 Monaten. Sogar nach einem Jahr im Feld hatte sich der T50-Wert im Vergleich zum Ausgangswert (4min) lediglich etwas mehr als verdoppelt (9min). Das insektizidbehandelte Netz ließ sich gut verarbeiten und eignet sich durch seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Witterungseinflüssen (Wind) für einen Einsatz im Feld. Die gewählte Maschenweite, die Insektizidkonzentration des untersuchten Netzes sowie die Form der freistehenden Vernetzung haben sich ebenso als wirksam erwiesen. Erneute Prüfungen dieses Netzes in Gebieten mit nachweislich höherer Gnitzenabundanz sind erforderlich, um die bisherigen Ergebnisse zu bestätigen. Gleichsam unterstreicht die bestehende Problematik von nachgewiesenen Insektizidresistenzen bei Fliegen in Brandenburg sowie die bewiesene Aqua- und Kaltblütertoxizität der Pyrethroide aber auch die Notwendigkeit der Prüfung von insektizidfreien Netzen. Weiterführende Untersuchungen sollten darauf abzielen, diese Netze auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse zu optimieren.
In August 2006, Bluetongue disease, a viral disease of domestic and wild ruminants (originating from Africa), first occurred in the border triangle of the Netherlands, Belgium and Germany and thus threatened the local livestock. The objective of the present thesis was to assess the effectiveness of untreated nets and nets treated with an insecticide in order to prevent biting midges (Ceratopogonidae, Culidcoides spp.) known as the vector of the Bluetongue virus and other pest insects (Muscidae spp.) from entering open cattle pens. In summer/fall 2009, field research was undertaken on a dairy cattle farm in Lögow in the district of Ostprignitz-Ruppin in the federal state of Brandenburg. During a first trial (from June until August 2009), the most effective net was identified in an experimental set up that was easy to observe, and calf houses were chosen for this. Two testing groups out of three testing units each were established to observe the effectiveness of both nets one untreated and one treated with an insecticide respectively. One testing unit consisted of five calf houses each furnished with one calf that was reared in the enclosure for a period of three weeks being separated from its mother immediately after being born. The testing units were protected with the net, either completely (side walls and roof) or partly (fence at 1.8 meters height). One testing unit was not protected to serve as a control group. The level of effectiveness was observed by collecting target insects. One ultraviolet light trap (Biogents Sentinel® UV light trap) was installed in the centre of each testing unit. The traps were activated during three intervals between Sunday and Monday from 5 p.m. until 9 a.m. the following day. Towards the end of this first trial, insecticide-free glue traps (Glue-Fly Ribbon Traps® Eurofarm, Bützberg, Switzerland) were set up in each of the testing units. The impact of these protective measures towards productivity (development of weight) as well as the general well-being of the calves (defense mechanisms and fly infestation intensity) was also taken into account during the observations. The insecticide-treated net was made of polyester with a mesh size of 1.6 x 1.7mm and contained encapsulated deltamethrin at an initial concentration of 115mg/m². The two types of untreated nets used in this study were one black fabric made of polyethylene with an irregular mesh size of 0.7 to 1.2mm and one olive-colored texture with a regular mesh size of less than 1mm. The untreated nets did not lead to a sustainable reduction of biting midges and other pest insects in the protected testing units. However, the second type of untreated net (mesh size less than 1 mm) resulted in a significant decline in defense mechanisms of the calves in the testing unit that was protected by the netting fence at 1.80 m height. In the testing unit that was partly protected with the insecticide-treated net, a significant reduction at an average of 73.6% (p=0.001) of biting midges was observed compared to the control group. Against all expectations, most of the biting midges (47.7% of the total number of insects collected from all testing units) were found in the testing unit that was completelysurrounded by nets. Yet, in the same testing unit a considerable effect on pest insects in general was observed. The ratio of flies was only 6.5% of the total number of collected flies. Furthermore, a significantly smaller (p<0.0001) infestation of the calves with flies was recorded. It was not verified that the protection with neither treated nor untreated nets had an impact on the calves’ development of weights. During a second trial (from August until October 2009) the insecticide-treated net was set up for the protection of dairy cattle in a stable (intervention group). The entire building excluding two access roads was equipped with a free-standing netting fence at 2.20m height. Another stable that was identical in construction and aligned parallel to the intervention stable remained without netting and served as control group. In both pens, three UV light traps were installed in the same position to collect biting midges, and two insecticide-free glue traps were set up to catch pest insects (Muscidae spp.) During the entire observation period, a sustainable effect on the number of biting midges and flies could be examined. The significant reduction of biting midges in the intervention group compared to the control group was at 41.9% (p=0.0391), the reduction of flies on average 77.2% (p=0.0039). From June until October 2009, four UV light traps were set up in the close vicinity of the testing units and cattle stables in and outside of the farm premises to monitor the abundance of biting midges at the location Lögow. For the duration of entomologic monitoring from the beginning of June until the end of October 2009, the number of insects caught in the traps outdoors and inside the testing units as well as later in the stables was very small. The highest abundance was examined at the end of June until mid of July 2009. The biocidal effectiveness of the insecticide-treated net was frequently tested in bioassays by using sensitive strains of laboratory insects (Musca domestica) once before the installation of the nets in the field and subsequently on a monthly basis. The interior of the testing box was covered with a sample of the net. After a 10-second exposure, the paralysis rate of the testing insects was recorded in pre-defined time intervals. The T50 value (the point of time when 50% of the testing insects are paralyzed) was used to evaluate the effectivenes of the insecticide. The fly bioassay showed sound and persistent insecticide effectiveness during the entire testing period of five months. Even after one year in the field, the T50 has slightly more than doubled (9min) compared to the initial T50 (4min). The insecticide-treated net was easy to handle and due to its durability towards weather conditions (wind) it is considered suitable for the field. The chosen mesh size, the insecticide concentration of the examined net as well as the way of installation (free-standing) proved to be effective. Continuous monitoring of the effectiveness of the net in regions with a demonstrably higher abundance of biting midges is necessary to confirm the results that have been achieved up to now. At the same time, the obvious problem of detected and proven insecticide resistance on many cattle farms underlines the necessity of research on insecticide-free nets to fight vectors. Further research should focus on the optimization of these nets on the basis of the results that have been gathered so far.