Reformen stellen auch im Bildungswesen einen wesentlichen Motor zur Sicherung von Qualität und Weiterentwicklung dar. Berlin führte im Jahr 2004 u. a. als Antwort auf die Ergebnisse internationaler Schulleistungsstudien ein neues Schulgesetz ein, welches umfassende Überarbeitungen in allen Bereichen des Schulsystems beinhaltete. Ein wesentliches Anliegen im Bereich der Grundschule war hier die Überarbeitung des Schulanfangs. Zwei Reformen, die in Zusammenhang mit der neuen sogenannten Schuleingangsphase (SAPH) besondere öffentliche und politische Aufmerksamkeit bekamen, waren die verpflichtende Einführung des Jahrgangsübergreifenden Lernens (JÜL) zum Schuljahr 2008/09 sowie die Senkung des Schuleintrittsalters (Früheinschulung) um sechs Monate zum Schuljahr 2005/06. Ziel der beiden Reformen war zum einen die Einführung von JÜL in allen Klassen der Schulanfangsphase in Berlin und somit die Sicherung des Anspruchs eines integrativen Schulanfangs und zum anderen die Senkung des mittleren Einschulungsalters als Beitrag (a) zu einer langfristigen Senkung des Berufseintrittsalters sowie (b) hin zu einer kindgerechten Schule anstelle der Erwartung einer Schulfähigkeit des Kindes. Ziel der vorliegenden Dissertation ist die Prüfung des Implementationserfolgs dieser beiden Reformen entlang ihrer Ziele. Für die Operationalisierung des Implementationserfolgs wird auf die vier Erfolgsindikatoren (Identifikation, Nachhaltigkeit, Tiefe, Verbreitung) nach Coburn (2003) sowie die im Rahmen von Rogers Diffusionstheorie (2003) beschriebenen Anwendungskategorien zurückgegriffen. Dabei sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden: Studie I: Wie wurde das Jahrgangsübergreifende Lernen an Berliner Grundschulen umgesetzt? Studie II: Unterscheiden sich Schulen entsprechend ihrer Zuordnung zu einem Implementationstypen in ihrer Schul- und Unterrichtsqualität? Studie III: Wie wurde die Senkung des Schuleintrittsalters an Berliner Grundschulen umgesetzt? Studie IV: Wie wirkt sich die Senkung des Schuleintrittsalters auf die Schüler*innenleistung aus? Studie V: Lassen sich systematische Leistungsunterschiede zwischen vergleichsweise jüngeren und älteren Schüler*innen (relative Alterseffekte) über verschiedene Schüler*innengruppen, Jahrgänge, Kohorten und Klassen verallgemeinern? Für die Beantwortung der Forschungsfragen dienen Daten der Schulstatistik, der Schulinspektion, der Orientierungsarbeiten der zweiten Jahrgangsstufe und der Vergleichsarbeiten der dritten und achten Jahrgangsstufe sowie daran anschließende repräsentative Erweiterungsstudien als Grundlage. Die Befunde der Dissertation liefern wertvolle Hinweise für die Umsetzung von Bildungsreformen und die Einschätzung des Implementationserfolgs. Die Arbeit stellt somit eine sinnvolle Erweiterung des aktuellen bildungspolitischen und implementationstheoretischen Diskurses dar.
Reforms are one important driving force for development and quality improvement in the education system. As a response to the results of international high stakes tests, the state of Berlin introduced a new school law. The law included a comprehensive revision of all parts of the Berlin school system. The revision of the first two grades (school entrance phase – SEP) was one major concern in in the reform of elementary education. Two reforms within that revision received major political and public attention: the compulsory introduction of multi-age teaching (MAT) with the beginning of the 2008/09 school year and the reduction of the school entrance age by six months by the 2005/06 school year (early enrolment). The aims of both reforms were on the one hand, the long-range introduction of multi age teaching in all SEP- classrooms ensuring the claim of an integrative school start. On the other hand, starting school earlier was to contribute to (a) reduce the age at entry into the labor market as well as (b) support the development towards a school appropriate for its children instead of children being appropriate for their school. The goal of the present dissertation is to study the implementation success of these two reforms according to their aims. In order to operationalize implementation success, I draw on Coburns (2003) four dimensions of success (depth, shift in reform ownership, spread, and sustainability) as well as Rogers (2003) five adopter categories of his diffusion of innovations theory. In doing so, the following questions are to be answered: Study I: How was multi-age teaching implemented in Berlin elementary schools? Study II: Are there differences in school and teaching quality to be identified between different types of implementation? Study III: How was the reduction of the school entrance age implemented in Berlin elementary schools? Study IV: How did the reduction of the school entrance age effect student achievement? Study V: Can systematic achievement differences between relatively younger and older children (relative age effects) be generalized across students, time, and classes? The findings of this dissertation provide valuable indications for the implementation of education reforms and the assessment of implementation success. The work thus contributes to the current discourse in education policy and implementation theory.