Kampô ist ein ca. 1500 Jahre altes traditionelles japanisches Heilverfahren, das seine Wurzeln in der Chinesischen Medizin (CM) hat. In der Zeit der Meiji- Restauration (1868) kam es vorübergehend zu einer Abschaffung von Kampô. Seit der Wiederentdeckung Anfang des 20. Jh. erfährt es eine zunehmende Popularität. Mittlerweise benutzen ca. 27% der japanischen Bevölkerung Kampô. Bisher existieren jedoch nur wenige Daten über die Nutzer von Kampô. Zielsetzung der Arbeit war, die Nutzung von Kampô bei Patienten in Japan zu evaluieren, das Spektrum an Erkrankungen, das zu einer Vorstellung in einer Kampô-Klinik führte sowie die Gründe für eine Anwendung zu dokumentieren. Es wurde ein Fragebogensurvey in den Monaten September und Oktober 2008 in zwei japanischen Großstädten (Sendai und Tokio) durchgeführt. Der Survey wurde multizentrisch in drei Kliniken mit spezieller Kampô- Ausrichtung (Kampô/CM- Klinik, Kampô-Klinik, integrative Klinik) und einer konventio-nellen Klinik durchgeführt. Alle Patienten, die eine teilnehmende Klinik aufsuchten und bei denen mind. 30 min Warte-zeit absehbar war, wurden gebeten den Fragebogen auszufüllen. Die Befragung fand in japanischer Sprache statt und wurde anonym durchgeführt. Der Fragebogen wurde in Zusammenarbeit mit deutschen und japanischen Wissenschaftlern entwickelt. Die Daten-eingabe erfolgte in Microsoft Excel® 2008 (Microsoft Corporation). Die Auswertungen wurden mit dem statistischen Softwarepaket SPSS® 16.0 (SPSS Inc., Chicago) und mit PASW® Statistics Version 18 (SPSS Inc., Chicago) durchgeführt. Insgesamt nahmen 500 Patienten (Kampô/CM-Klinik n= 93, Kampô-Klinik n= 125, integrative Klinik n= 136, konventionelle Klinik n= 146) an der Befragung teil. Das mittlere Alter lag bei 51,9 ± 16,33 Jahren und 64% der Teilnehmer waren Frauen. Insgesamt hatten fast ¾ aller Befragten (72%) Erfahrung mit Kampô (Kampô/CM-Klinik 91%, Kampô-Klinik 88%, integrative Klinik 75% und konventionelle Klinik 46%), wobei fast die Hälfte der Patienten (45%) Kampô und konventionelle Medizin kombinierten. Die Patienten hatten Kampô zumeist wegen einer Erkältung (34%) angewendet, gefolgt von Magen- und Darmbeschwerden (29%) sowie Überempfindlichkeit gegen Kälte (26%) und Schulterverspannung (19%). Ein Einsatz von Kampô wurde von den meisten Patienten bei Überempfindlichkeit gegenüber Kälte (56%), Schulterverspannung (35%), Magen-Darm-Beschwerden (34%) und Übergewicht (28%) empfohlen. Anwender von Kampô waren häufiger weiblich (69% vs. 49%, p<0,001), öfter chronisch krank (49% vs. 31%, p=0,001) und litten öfter an psychischen Erkrankungen (10% vs. 3%, p=0,007). Sie hatten zudem eine tendenziell höhere Schulbildung (mindestens College oder Universität: 54% vs. 46%, p=0,050). Keine Unterschiede zwischen Anwendern und Nicht-Kampô-Anwendern zeigten sich hinsichtlich Alter, Familienstand und schweren Erkrankungen innerhalb der letzten fünf Jahre. Dies wurde durch die logistischen Regressionsanalysen bestätigt. Frauen (OR (95% KI) 2,32 (1,52–3,54)), Patienten mit chronischen (OR 2,11 (1,37–3,27) und psychischen Erkrankungen (OR 4,34 (1,31–14,37)) nutzten häufiger Kampô. Die Anwender von Kampô sprachen Kampô im Vergleich zu den Nicht-Anwendern mehr Effekt zu (OR (95% KI) 3,11 (2,23–4,34)) und waren zufriedener mit der Kampô-Therapie (OR 3,07 (2,21 – 4,28)). Gleichzeitig sprachen sie aber auch der konventionellen Medizin mehr Effekt zu (OR 1,55 (1,19–2,03)) und waren keinesfalls mit der konventionellen Medizin unzufrieden (OR 0,96 (0,75–1,24)) oder von den behandelnden Ärzten enttäuscht (OR 1,02 (0,82–1,26)). Die Anwender gaben als Gründe für eine Nutzung von Kampô neben der Sorge um Nebenwirkungen der konventionellen Therapie die Empfehlung des Arztes, den ganzheit-lichen und natürlichen Ansatz der Kampô-Therapie und ihre antizipierte Effektivität bei einer bestimmten Erkrankung an. Das Wissen über Kampô war insgesamt sehr gering ausgeprägt, nur 12% der Patienten gaben an, über gutes bis sehr gutes Wissen zu verfügen, selbst bei Patienten in den Kliniken mit spezieller Kampô- Ausrichtung war der Anteil eher gering (Kampô/CM-Klinik 16%, Kampô-Klinik 24%, integrative Klinik 7%). Zusammenfassend zeigte sich, dass Kampô häufig angewendet wurde, vor allem in Kombination mit konventioneller Therapie im Sinnes eines integrativen Ansatzes, wobei sich Unterschiede zwischen den Patienten der auf Kampô spezialisierten Kliniken und der konventionellen Klinik zeigten. Zudem ließen sich Faktoren identifizieren, die mit einer Nutzung von Kampô assoziiert waren.
Kampo has become increasingly popular in Japan. Very little data on its users and use are available. We investigated reasons for Kampo utilization, its frequency, and attitudes towards it. Methods: Cross-sectional survey on consecutive patients of one of four outpatient clinics in Japan, that had different specializations and treatments: Kampo and Traditional Chinese Medicine; Kampo and conventional medicine; Kampo; conventional medicine. Using a questionnaire we recorded: socio-demographic data, medical history, experience with Kampo, general health-related opinions and behaviours, opinions about conventional medicine and Kampo, and reasons for Kampo utilization. Results: A total of 500 questionnaires were completed (93–146 per clinic). Participants' mean age was 51.85±16.33 (mean±SD) years (64.1% female). Their knowledge about Kampo was moderate. Of all patients, 75.0% had taken Kampo before (49.4% of them being chronically ill) and 63.7% were using Kampo currently. Patients came because of ailments that had lasted for 7.9±8.6 (mean±SD) years, most frequent were neurological/psychiatric (15.4%), cardiovascular (14.2%), metabolism (13.2%). Most frequent current chronic diseases were cardiovascular (10.4%), metabolism (8.8%), neurological/psychiatric (6.2%), most frequent severe diseases in last 5 years were gynaecological (3.2%), neurological/psychiatric (3.0%), metabolism (2.8%). Eight percent had a history of mental illness. Kampo users are more often female (odds ratio 2.32, 95% confidence interval 1.52–3.54), suffering from mental (4.34, 1.31–14.37), or chronic (2.11, 1.37–3.27) illnesses. Their opinions reflected a specific East Asian worldview (Yin and Yang, Five Elements), and attributed usefulness (efficacious, satisfaction) or holistic/natural qualities (treats whole person, activates self healing capacities, food additives good for body, more natural) to Kampo. Kampo was most frequently used for colds (34.0%), gastrointestinal complaints (28.6%), oversensitivity to cold (25.8%). For most diseases ~⅓ of the patients suggested a combination of Kampo and conventional treatment. The results differred between the clinics. Conclusion: Kampo is frequently used by Japanese patients, especially in combination with conventional medicine. It is used mostly for less serious diseases, and seen as a complement to conventional medicine. Patients' opinions reflect mostly a pragmatic position towards Kampo.