Täglich werden weltweit Augenärzte mit Augenerkrankungen konfrontiert, die auf der Grundlage eines erkrankten Herz-Kreislauf-Systems und damit verbunden einer verschlechterten Augendurchblutung fundieren (zum Beispiel bei systemischer arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und vielen Weiteren). Auch in der Pathogenese von Glaukomerkrankungen spielt die Durchblutung des Auges beziehungsweise der Papille mittlerweile eine ebenso wesentliche Rolle wie der Augendruck. Wie der Druck im systemischen Kreislauf sind Druck- und Durchblutungsverhältnisse im Auge ebenfalls dynamische Größen: Zeitlich synchron zur Herzaktion steigt und fällt der Augendruck kontinuierlich, was sich quantitativ als systolischer und diastolischer Augendruck darstellt – die Differenz dieser Druckgrößen wird als okuläre Pulsamplitude bezeichnet. Eine Quantifizierung dieser pulssynchronen Druckschwankungen war bis vor wenigen Jahren nicht ohne großen Aufwand für Untersucher und Patient möglich (siehe Kapitel 1.14). Mit dem deutschlandweit seit 2004 erhältlichen dynamischen Konturtonometer PASCAL® sind der diastolische Augendruck und die okuläre Pulsamplitude erstmalig relativ einfach und in einem tolerierbaren Zeitrahmen für Untersucher und Patient messbar. Als besonderer Vorteil des modernen PASCAL®-Systems gegenüber anderen bisher existierenden Tonometern wird seine weitgehende Unabhängigkeit von der Hornhautbeschaffenheit hervorgehoben, wodurch der tatsächliche Augeninnendruck nun erstmalig nicht invasiv messbar sein soll. Als problematisch erweist sich jedoch die Beurteilung des Messwerts der okulären Pulsamplitude, für die bisher keine einheitlich akzeptierten Normwerte vorliegen. Das Ziel der vorliegenden Studie war vorwiegend die Erstellung von Normwerten für die okuläre Pulsamplitude, gemessen mit dem PASCAL®-System. Daneben sollte die mittlere Differenz der okulären Pulsamplitude innerhalb eines Augenpaars bestimmt werden und die Ergebnisse der dynamischen Konturtonometrie hinsichtlich der sie beeinflussenden Faktoren überprüft werden. Mit der Akzeptanz durch die Ethikkommission erfolgte die Rekrutierung einer von Epidemiologen empfohlenen gesunden Populationsgröße von 208 Probanden (m:f = 104:104) innerhalb der Schlosspark-Klinik Berlin. Erfasst wurden anamnestische Daten, Blutdruck, Pulsfrequenz, Visus und Refraktion, Bulbuslänge, Vorderkammertiefe, Hornhautdicke/ -radius, Ergebnisse ophthalmologischer Funktionsuntersuchungen (Bulbusmotilität, Pupillenreaktion) und Untersuchungen des vorderen und hinteren Augenabschnitts an der Spaltlampe, Augendruck mittels Goldmann-Applanationstonometrie sowie Augendruck und okulärer Pulsamplitude mittels dynamischer Konturtonometrie PASCAL®. Unsere Untersuchungen zeigten eine mittlere Differenz der okulären Pulsamplitude innerhalb eines Augenpaars von 0,12 ± 0,04 mm Hg (Mittelwert mit Konfidenzbereich P = 95 %) mit geringem Geschlechterunterschied (Mittelwert m:f = 0,13:0,10 mm Hg). Die Auswertungen der weiteren Daten erfolgte randomisiert nach statistischem Standard, so dass pro Person nach dem Zufallsprinzip jeweils ein rechtes oder linkes Auge für die Studie auserwählt wurde. Aufgrund eines beobachteten und statistisch signifikanten «Tonographieeffekts» wurde von den erhobenen Druckdaten nur der erste Wert einer aus drei Messungen bestehenden Messreihe für die statistischen Auswertungen verwertet. Die ermittelten Normwerte zeigen einen signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschied (p = 0,0129) und betragen für das männliche Geschlecht 2,20 mm Hg (Prognosebereich: 1,09 mm Hg bis 3,91 mm Hg), für das weibliche Geschlecht 2,45 mm Hg (Prognosebereich: 1,05 mm Hg bis 4,81 mm Hg). Der Vergleich zwischen den erhobenen Augendruckwerten mittels PASCAL®-System und Goldmann-Applanationstonometrie offenbarte eine Differenz von im Mittel 0,52 mm Hg (95%-KI: 0,12 bis 0,92 mm Hg) für Frauen und 1,66 mm Hg (95%-KI: 1,14 bis 2,17 mm Hg) für Männer. Im Rahmen einfaktorieller Analysen konnten wir feststellen, dass für beide Geschlechter eine negative Korrelation zwischen okulärer Pulsamplitude und Bulbuslänge und eine positive Korrelation zum Augeninnendruck bestehen. Bezüglich Hornhautdicke, Astigmatismus, Hornhautradius, Alter, Blutdruck, Blutdruckamplitude und Pulsfrequenz waren in den einfaktoriellen Untersuchungen keine Korrelationen zur okulären Pulsamplitude nachweisbar. Nach Durchführung multifaktorieller Analysen stellte sich heraus, dass von allen erhobenen Faktoren für das männliche Geschlecht die Bulbuslänge im Zusammenhang mit der Pulsfrequenz die okuläre Pulsamplitude beeinflussen und für das weibliche Geschlecht die Bulbuslänge im Zusammenhang mit dem applanationstonometrisch erhobenen Augendruck. Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Frauen und Männer aufgrund der signifikanten Unterschiede einer differenzierten Betrachtung unterworfen werden müssen. Die ermittelten Variablen zeigen nur eine anteilige Beeinflussung der okulären Pulsamplitude. Neben dem genetischen Faktor spielen anscheinend auch hormonelle Unterschiede und individuelle biomechanische Eigenschaften der Augenhüllen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der okulären Pulsamplitude, was nähere Untersuchungen bedarf. In Anbetracht der Summe unserer Ergebnisse und der Literaturrecherche stellt die dynamische Konturtonometrie PASCAL® nicht einfach nur eine Alternative zur Applanationstonometrie dar. Insbesondere durch ihre Unabhängigkeit von der Hornhautdicke in einem weiten Bereich, liefern die Daten präzisere Aussagen über den tatsächlichen Augeninnendruck, was für die Therapie und Verlaufskontrolle von Glaukomerkrankungen essentiell ist. Darüber hinaus wird mit relativ geringem Aufwand für Untersucher und Patient parallel die okuläre Pulsamplitude ermittelt, die als zusätzlicher Gewinn betrachtet werden kann: Der seit mehr als einem Jahrhundert herrschende Fokus der Glaukomdiagnostik auf den Augeninnendruck allein wird für jede augenärztliche Praxis zugänglich erweitert. Daneben kann die okuläre Pulsamplitude auch als hilfreiches diagnostisches Kriterium im Rahmen vieler anderer Erkrankungen dienen, die nicht nur das okuläre, sondern auch das zerebrale oder systemische vaskuläre System beeinflussen. Bis jedoch die Erhebung der okulären Pulsamplitude ihren festen Platz im klinischen Alltag erhält, sind noch weiterreichende Erfahrungen und Studien zum besseren Verständnis der Einflussfaktoren und spezifischen Veränderungen bei unterschiedlichen Erkrankungen nötig.
Worldwide ophthalmologists are daily confronted with eye diseases as a result of cardiovascular diseases with associated deterioration of the eye blood circulation (for example systemic arterial hypertension, diabetes mellitus, peripheral arterial disease and many more). Even in the pathogenesis of glaucoma the blood circulation of the eye or the optic nerve head plays an equally important role as the intraocular pressure. As with pressure in the systemic circulation, pressure and blood flow conditions in the eye are also dynamic variables: The eye pressure rises and falls simultaneously with the heart's rhythm, and presents itself quantitatively as systolic and diastolic pressure in the eye – the difference between the systolic and diastolic eye pressure is called the ocular pulse amplitude. A few years ago quantification of these synchronised pulse pressure fluctuations was not possible without much effort for examiner and patient. Since 2004 the PASCAL® dynamic contour tonometer has become available nationwide in Germany. For the first time the diastolic pressure in the eye and the ocular pulse amplitude are relatively simple to measure in a tolerable time frame for examiner and patient. A particular advantage of the modern PASCAL® System, compared with other previously existing tonometers, is it’s independence from corneal conditions. This means the real intraocular pressure can be measured non-invasive for the first time. However, the assessment of the ocular pulse amplitude proves to be problematic, because uniformly accepted standard values are not available. The aim of this study was primarily the creation of standard values for the ocular pulse amplitude, measured with the PASCAL® System. In addition, the mean difference of ocular pulse amplitude within a pair of eyes should be determined and the results of the dynamic contour tonometry should be investigated in relation to the factors which could influence them. With the acceptance of the ethics committee a healthy population of 208 subjects were recruited (m: f = 104:104) in the Schlosspark-Clinic Berlin. Statistics based on anamnestic data, blood pressure, pulse rate, visual acuity and refraction, ocular axis length, anterior chamber depth, corneal thickness/ radius, results of ophthalmologic function tests (motility, pupil reaction) and examinations of the anterior and posterior eye segments with the slit lamp, intraocular pressure measured by Goldmann applanation tonometry and ocular pressure and ocular pulse amplitude using PASCAL® dynamic contour tonometry. Our studies showed a mean difference in ocular pulse amplitude within a pair of eyes of 0.12 ± 0.04 mm Hg (mean value with confidence interval P = 95%) with little gender difference (mean m: f = 0.13:0.10 mm Hg) . Evaluations of other statistical data were carried out randomly according to statistic standards, so that in each case either a right or left eye was randomly chosen per person for the study. Due to a statistically significant “tonography effect” on the observed pressure data only the first value of a series of measurements from three measurements was used for the statistical analysis. The determined standard values show a significant gender difference (p = 0.0129) with 2.20 mm Hg for males (Prognosis range: 1.09 mm Hg to 3.91 mm Hg) and 2.45 mm Hg for females (Prognosis range: 1.05 mm Hg to 4.81 mm Hg). The comparison between the raised intraocular pressure values with PASCAL® System and Goldmann applanation tonometry revealed an average difference of 0.52 mm Hg (95% CI: 0.12 to 0.92 mm Hg) for women and 1.66 mm Hg (95% CI: 1.14 to 2.17 mm Hg) for men. Within the framework of monofactorial analysis we found that there are for both sexes a negative correlation between ocular pulse amplitude and axial length and a positive correlation with the intraocular pressure. Regarding corneal thickness, astigmatism, corneal radius, age, systemic blood pressure, blood pressure amplitude and pulse rate in the monofactorial studies no correlation to ocular pulse amplitude could be found. Multifactorial analysis revealed that from all collected factors for the male sex the axial length in connection with pulse rate influences the ocular pulse amplitude, and for the female sex the axial length in connection with the raised eye pressure by applanation tonometry. Our results indicate that women and men need a differentiated view because of the significant differences. The measured variables only show a partial influence on the ocular pulse amplitude. Besides the genetic factor also hormonal differences and individual biomechanical properties of the eye play an important role in connection with the ocular pulse amplitude, which requires further investigations. In consideration of the sum of our results and the literature research, the PASCAL® dynamic contour tonometry is not just an alternative to applanation tonometry. Especially by its independence from the corneal thickness in a wide range, the data of the intraocular pressure is more precise, what is essential for the therapy and monitoring of glaucoma. Furthermore the ocular pulse amplitude can be measured in parallel with relatively little effort for examiner and patient, which is an additional advantage: The more than a century of glaucoma diagnosis ruling focus on the intraocular pressure alone is extended for each ophthalmologic practice. In addition, the ocular pulse amplitude also serves as a useful diagnostic criteria in the context of many other diseases that affect not only ocular but also the cerebral or systemic vascular system. However, until the measuring of ocular pulse amplitude is well established in clinical practice, even more extensive experiences and studies for better understanding of the dependent variables and specific changes by different diseases are needed.