Diese Untersuchung beschäftigt sich mit einer Fragestellung zur Beziehung von Wissenschaft und Politik im Kontext wissenschaftspolitischer Strategien in der VR China der Globalisierungsära. Der Aufstieg Chinas zu einer Weltmacht in den letzten Jahrzehnten war gekoppelt mit einschneidenden Veränderungen des Wissenschaftssystems und verbunden damit auch einer Neu-Ausrichtung der Wissenschaftspolitik, die zu einem Schwerpunktthema chinesischer Politik insgesamt generierte. Dies wird auch international zur Kenntnis genommen und geht einher mit intensivierten Wissenschaftsbeziehungen weltweit. Die Autorin vertritt die These, dass Wissenschaft in China seit der Reformära sowie insbesondere seit den 1990er Jahren intensiviert funktionalisiert wird zum Zweck nationaler Entwicklung und Behauptung, d.h. sowohl auf praxispolitischer wie ideologischer Ebene. Diese Untersuchung soll die Frage untersuchen, inwieweit diese politische Funktionalisierung im Sinne ihrer Träger erfolgreich ist und wie die entsprechende Leistungsbilanz der Wissenschaft zu bemessen ist. Weiterhin wird untersucht, welche Wechselwirkungen im Zuge dieser Entwicklungen parallel aus anderen sozialen Feldern wie der Wirtschaft sowie von internationaler Seite unter den Bedingungen der Globalisierung auf die nationale Wissenschaft erfolgen. Schließlich sind auch rückwirkende Effekte der von allen diesen Einflüssen geprägten wissenschaftlichen Entwicklung ebenfalls wiederum auf die nationale Politik zu beobachten. Einführend erörtert die Arbeit den zugrunde gelegten Ansatz der politischen Funktionalisierung von Wissenschaft im globalisierten Zeitalter sowie die historischen Grundlagen der heutigen Wissenschaftspolitik und der Entwicklung der Wissenschaftsgemeinde Chinas mit besonderer Berücksichtigung der Periode der VR China. In Folge werden wissenschaftspolitische Strategien und Maßnahmen der Makroebene beleuchtet, zunächst für die 1990er Jahre, dann die jüngste Phase ab 2000 mit seinem ehrgeizigen Programm der Förderung eigener Innovationsfähigkeit und technologischer Unabhängigkeit. Dies wird anschließend konfrontiert mit einer Übersicht sowie einer kritischen Analyse der chinesischen Wissenschaftsindikatoren des Zeitraums. Im letzten Arbeitsschritt wird die wissenschaftliche Praxis der Mikroebene analysiert. Hierbei werden die strukturellen Transformationsprozesse dargelegt, die qualitative und quantitative Entwicklung der chinesischen scientific community beleuchtet sowie die Schnittstellen des wissenschaftlichen Feldes Chinas mit anderen sozialen Subfeldern wie dem der Wirtschaft oder den verschiedenen regionalen Ebenen betrachtet. In der abschließenden Interpretation wird aufgrund der Ergebnisse die Hypothese bestätigt, dass sich die wissenschaftspolitischen Reformen insgesamt zugunsten der chinesischen Wissenschaft ausgewirkt hat und die positiven Effekte der wissenschaftlichen Funktionalisierung im Sinne der politischen Träger trotz verbleibender Herausforderungen in historischer Gesamtsicht überwiegen. Zur Entwicklung der Wissenschaft in China gehörten dennoch auch von den politischen Akteuren nicht antizipierte Nebeneffekte, die jedoch durch ihre Akzeptanz und Integration in die politischen Maßnahmen deren Gesamtzielsetzungen von Fortschritt und Legitimierung nicht in Frage stellen, sondern im Gegenteil erst wirklich ermöglichen können.
This study deals with the relationship between science and policy, especially in the context of science policy strategies in the People’s Republic of China of the globalization era: The emergence of China as a world power in the last decades was coupled with drastic changes of the scientific system, and thus also a reorientation of science policy. Science policy thus generated into a main topic of Chinese politics in general. This is also recognized internationally and is associated with enhanced worldwide academic relations. The author argues that science in China is functionalized in an intensified way since the reform era, and especially since the 1990s for the purpose of national development and assertion, i.e. on both the policy and the ideological level. This study examines the extent to which the political functionalization of science is successful for the implementing bodies and how the corresponding current achievements of science are to be measured. Furthermore, it is investigated which interactions take place parallel to these developments between the national science and other social fields such as the economy or with the international level, under the conditions of globalization. Finally, retroactive effects, caused by all these diverse influences on the scientific development, can also be observed in turn on national politics. In the introduction the underlying approach of political functionalization of science in the globalized age and the historical foundations of modern science policy and the development of China's scientific community with particular reference to the period of the PRC are being discussed. Afterwards consecutive science policies and actions of the macro level are illuminated, first for the 1990s, then for the most recent phase beginning in 2000, with its ambitious program to promote indigenous innovation and technological independence. This part is then contrasted by a following overview and a critical analysis of Chinese science indicators of the period. In the final stage, the scientific practice of the micro-level is analyzed. Here, the structural transformation processes are being presented, the qualitative and quantitative development of the Chinese scientific community, as well as the interfaces of the scientific field in China with other social sub-fields such as the economy or the various regional levels. In the final interpretation of the results, the hypothesis is confirmed that the impact of the scientific and political reform in general is in favor of Chinese science. Correspondingly the positive effects of scientific functionalization in terms of political support are predominant despite remaining challenges in overall historical view. But the development of science in China also has side effects which were not anticipated by the political actors. However, those unpredictable developments do not question the success of the overall political objectives of progress and legitimacy, but the acceptance and integration of them into the policies only truly allow to achieve these goals.