Selen (Se) rückt als essentielles Spurenelement und Nahrungssupplement zunehmend in den Fokus von Grundlagenforschung und klinischen Studien. Einige tierexperimentelle und humane Studien deuten auf einen positiven Einfluss einer Se-Supplementation auf degenerative Knochenerkrankungen wie die Kashin- Beck-Krankheit oder Osteoarthrose. Se könnte zudem eine wichtige Rolle in der embryonalen Knochenentwicklung einnehmen. In dieser Arbeit wurde deshalb die Hypothese getestet, dass eine schlechte Versorgung mit Se über die Nahrung und/oder eine nachteilige genetische Disposition sich in vitro oder im Versuchstier nachteilig auf Knochenentwicklung und Wachstum auswirkt. Als Tiermodell und für Versuche mit primären Zellen wurde die Selenoprotein P knockout Maus (SepP-KO-Maus) gewählt, da diese Tiere ein exzellentes Modell für einen genetisch-bedingten Selenmangel darstellen. In einem Translationsansatz wurde zusätzlich geprüft, ausgehend von gut charakterisierten Serumproben, ob dieser Zusammenhang sich auch im gesunden aber unzureichend versorgten Menschen abbildet. Es wurden embryonale Zellen aus den Extremitätenknospen von SepP-KO und SepP-Wildtyp (WT) Tieren gewonnen, mit Natriumselenit stimuliert und ihre Differenzierung zu Knorpelzellen analysiert. Der SepP-Genotyp erwies sich als wichtiger Faktor für die Chondrogenese. SepP-KO-Zellen erreichten nicht annähernd den Differenzierungsgrad der WT-Zellen. Die Gabe von Natriumselenit wirkte sich in beiden Genotypen positiv auf die Knorpelbildung aus. Es konnte ein enges Zeitfenster für die Wirksamkeit einer Se-Stimulation beobachtet werden. Zellen im Embryonalstadium E11,5 reagierten stark auf die Se-Gabe, Zellen im Embryonalstadium E12,5 reagierten kaum noch. Im SepP-KO Mausmodell wurde der Einfluss des SepP-Genotyps auf das juvenile Knochenwachstum und den adulten Knochen untersucht. Es zeigte sich ein sexspezifischer Unterschied bei einem genetisch bedingten Se-Versorgungsmangel. SepP-KO Männchen waren stärker betroffen als Weibchen. Sie hatten eine veränderte Knochenarchitektur (signifikant niedrigeres Knochenvolumen) und eine beeinträchtigte Vitamin D-Biosynthese (geringe Expression der entsprechenden Enzyme). In Kooperation mit Prof. G. Williams, Imperial College London, konnten wir die gut charakterisierten Serumproben der OPUS-Studie hinsichtlich ihres Se-Status untersuchen und somit Daten für den Zusammenhang zwischen Se-Status und Knochenparametern im Menschen gewinnen. Es zeigten sich ein positiver Zusammenhang zwischen Se-Status und Knochenmineraldichte (BMD) und ein inverser Zusammenhang zwischen Se-Status und Knochenumsatz in euthyreoten postmenopausalen Frauen. Zusammengenommen unterstreichen diese Ergebnisse, dass der Selenstatus und die Selenoproteine eine wichtige und direkte Bedeutung für Knochenentwicklung, Knochenhomöostase und Knochenmineralisierung haben. Gerade die Analyse der Humanproben belegt die Relevanz für unzureichend versorgte Europäerinnen. In diesem Zusammenhang könnten beschriebene Polymorphismen im Gen des humanen Selenoprotein P von krankheitsrelevanter Bedeutung sein. Weitere Studien sind nun nötig und in der Planungsphase, um die Bedeutung des genotyps und die Effektivität einer gezielten Intervention durch ein Selensupplement zur Verbesserung der Knochenstabilität und Vermeidung des beschleunigtem Knochenabbaus im Alter zu überprüfen.
The trace element and dietary supplement Selenium (Se) is increasingly recognized for its important biological role by clinical studies and basic research. Several animal experiments and human studies indicate positive effects of Se supplementation on degenerative bone diseases like e.g. Kashin- Beck osteoarthropathy and osteoarthritis. Se is moreover described to elicit an important role during bone development. This PhD thesis was testing the hypothesis that an insufficient Se supply and/or an unfavourable selenoprotein genotype negatively affect osteogenesis and bone growth. To this end, selenoprotein P knockout (SepP-KO) mice and cells derived thereof were chosen as an excellent model of genetically-impaired selenoprotein biosynthesis. In addition, a number of well-characterized serum samples from healthy but insufficiently supplied subjects were analysed in an attempt to translate the experimental data into clinical science testing their relevance for humans. Micromass cell culture experiments were performed with mesenchymal limb bud cells from SepP-KO and SepP-WT mice. Sodium selenite efficiently induced chondrogenic differentiation; notably, this effect was strongly dependent on the SepP genotype and strongly delayed and reduced in cells from SepP-KO as compared to cells from SepP-WT mice. Selenite was effective during a narrow time frame of development eliciting a major effect at embryonic day E11.5 and only minor effects at E12.5. Next, male and female SepP-KO mice were compared with respect to osteogenesis and quality of bone in the adults. Male SepP-KO mice displayed strongly altered bone microarchitecture with significantly reduced bone volume and a considerable dys-regulation of key enzymes needed for vitamin D biosynthesis as compared to female SepP-KO littermates. SepP genotype is thus eliciting a sexual dimorphic effect on bone differentiation, development and growth in mice. In cooperation with Prof. G. Williams, Imperial College London, the Se status of a large cohort of healthy euthyroid postmenopausal women were determined and associated with markers of bone quality, turnover and other health-relevant parameters. A positive correlation of Se status and bone mineral density (BMD) along with an inverse relationship between Se status and markers of bone turnover was observed in this group of insufficiently supplied female adults. These results support the notion that Se and selenoproteins play an important and direct role for bone development, homeostasis and mineralization. The serum data indicate that the Se status is of importance for bone quality in poorly supplied European women. The well- described functional polymorphisms in the human gene encoding SePP are thus likely of clinical relevance for bone turnover and mineralization. Additional studies are needed and the respective plans are under way in order to test the osteological importance of SePP genotype and whether an intervention by Se supplementation is able to improve bone quality decelerating degradation processes in the elderly.