Aufgrund der Beobachtung, dass Störungen der Nierenfunktion häufig mit einer Veränderung der renalen Proteinausscheidung einhergehen, hat die Analyse von Harnproteinen in den letzten Jahren besonders in der klinischen Diagnostik an Bedeutung gewonnen. Veränderungen im tubulointerstitiellen Bereich der Niere werden mitunter für das Fortschreiten von Nierenversagen verantwortlich gemacht, unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache. Die tubuläre Proteinurie bzw. Enzymurie, welches die Zeichen für eine tubuläre Schädigung sind, werden beim Menschen bei verschiedenen Formen von Nierenerkrankungen beobachtet. Der Western-Blot und andere immunologische Methoden sind die mit Erfolg beim Menschen eingesetzten Techniken, um Harnproteine zu identifizieren. Die Identifikation von Proteinen kann das Verständnis der physiologischen und pathophysiologischen Abläufe in der Niere vorantreiben und damit zur Entdeckung von neuen Markern bei verschiedenen Erkrankungen führen. Trotz intensiver Forschung ist der Kenntnisstand zur Pathogenese der Harnsteinbildung beim Hund, welche die Basis für jede sinnvolle Steinbehandlung darstellt, eher dürftig. Der normale Harn ist generell vor Nukleation, Wachstum und Aggregation geschützt. Der Harn von Steinbildnern ist dagegen reich an Promotern, bzw. arm an Inhibitoren. Dies erklärt die Tendenz gegenüber den Gesunden, eine höhere Anzahl an Kristallen auszuscheiden, die sich zu größeren Aggregaten zusammenklumpen können. Makromoleküle des Harns spielen bei der Entstehung von Harnsteinen eine wichtige modifizierende Rolle, d.h. die Proteine scheinen den größten Anteil der inhibitorischen Kraft zu besitzen. Gegenstand der klinisch-analytischen prospektiven Studie war die Untersuchung des Harnproteinprofils sowie Veränderungen im Vitamin-A-Stoffwechsel bei zwei verschiedenen Erkrankungen des caninen Harnapparates: die renal bedingte Niereninsuffizienz und die Urolithiasis. Dazu wurden Blut und Harn von 19 Hunden mit Niereninsuffizienz, von 25 Hunden mit Harnsteinen und 21 Kontrollhunden untersucht. Außerdem wurden die Nierengewebeproben von 4 nierenkranken Hunden und die Harnsteine der 25 Steinpatienten analysiert. Die Vitamin-A-Bestimmung (Retinol und Retinylester) erfolgte mittels Umkehrphasen-Hochdruck-Flüssigkeits-Chromatographie (RP- HPLC). Die Vitamin-A-Trägerproteine Retinol-Bindungsprotein (RBP) und Tamm- Horsfall Protein (THP) wurden quantitativ im Blut und Harn durch einen ELISA bestimmt und ihr qualitativer Nachweis erfolgte nach elektrophoretischer Trennung im Western-Blot. Der Harn wurde zusätzlich auf das Vorkommen weiterer Harnproteine wie Immunglobulin G, Transferrin, Albumin und Vitamin-D-Bindungsprotein (DBP) und deren diagnostische Bedeutung für die Nierenfunktion untersucht. Die Ergebnisse wurden mit den dazugehörigen Harnmustern nach ihrer Auftrennung mittels SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) verglichen. Zusätzlich wurden die Gewebeschnitte der Nieren auf RBP, THP und Megalin immunhistologisch untersucht. Um den Effekt von THP und Vitamin A auf die Harnsteinbildung zu überprüfen, wurde der Harn von 10 gesunden Hunden mit unterschiedlich konzentrierten Calciumchloridlösungen behandelt. Nach Entfernen des Präzipitates wurden die Konzentrationen von THP, Retinol und Retinylester im Überstand gemessen. Die organische Matrix wurde nach Extraktion der 25 Harnsteine sowohl mit der herkömmlichen Methode der SDS-PAGE als auch mit einer neuen Technik, der sogenannten "Surface enhanced laser desorption/ionization - time-of-flight" Massenspektrometrie (SELDI-TOF MS) analysiert. Zudem wurde der Harn aller Hunde auf ihr unterschiedliches Harnproteinprofil mit Hilfe der SELDI-TOF MS untersucht. Vitamin A konnte im Blutserum und im Harn aller untersuchten Hunde in Form von Retinol und Retinylestern nachgewiesen werden. Patienten mit Niereninsuffizienz (NI) zeigten signifikant höhere Serumkonzentrationen an Retinol sowie an den Retinylestern Oleat und Palmitat. Zudem fielen die NI Hunde durch eine gesteigerte Retinolausscheidung im Harn auf, dokumentiert durch eine höhere fraktionelle Clearance von Retinol (2,96 gegenüber 0,15). Im Gegensatz zu gesunden Hunden schieden die erkrankten Tiere RBP im Harn aus. Dagegen war keine Veränderung der Serumwerte von RBP zwischen beiden Gruppen festzustellen. Bei dem Vergleich mit den Kontrolltieren zeigten die nierenkranken Hunde eine signifikant reduzierte Ausscheidung von THP über den Harn. Das Muster der immunologisch nachgewiesenen Harnproteine korrelierte sehr gut mit den Harnmustern, die durch die elektrophoretische Auftrennung erhalten wurden. Darüber hinaus konnten mit Hilfe der Immunhistologie Defekte in der Rezeptorexpression des proximalen Tubulus, dem Megalin, dargestellt werden sowie ein pathologisches Muster beim Nachweis von RBP und THP. Die Ergebnisse korrelierten mit den Befunden der Histologie. Durch die Anwendung der SELDI-TOF Massenspektrometrie war es möglich, zusätzliche Peptide und Proteine zu identifizieren, die für das Vorhandensein einer Niereninsuffizienz typisch sein können. Die Hunde mit Harnsteinen unterschieden sich nicht signifikant in ihrem Vitamin-A-Metabolismus von der Kontrollgruppe. Einzig eine leichte Erhöhung des Serumretinols war feststellbar, während im Harn die Vitamin-A-Konzentrationen wie bei den Gesunden eine weite Spanne aufwiesen. In den meisten Fällen konnte RBP in Spuren im Harn der Urolithiasispatienten nachgewiesen werden. Deutlich waren die geringeren Harnkonzentrationen von THP bei Hunden mit Harnsteinen. Unter dem Einwirken der Calciumchloridlösungen schien THP sein Potential als Inhibitor der Harnsteinbildung durch die Bindung zu den Retinylestern einzuschränken. Die Harnanalyse von Gesunden gegenüber den Steinpatienten zeigte durch die Anwendung der SELDI-TOF MS signifikante Unterschiede, obwohl insgesamt eine weite Heterogenität der Harnprofile festzustellen war. Im Vergleich zu gesunden Tieren war die Menge spezifischer Harnproteine bei Steinbildnern unterschiedlich. Typische elektrophoretische Proteinmuster von verschiedenen Harnsteinextrakten zeigten Proteinbanden bei 31 und 14 kDa. Ein Protein bei 66 kDa (Albumin) erschien als Hauptbestandteil in allen Steinarten. Weitere Peptide und Proteine der organische Matrix konnten mittels SELDI-TOF MS identifiziert werden. Die Ergebnisse der Studie dokumentieren einen Einfluss der Nierenerkrankungen auf den Stoffwechsel von Retinol in Blut und Harn von Hunden. Normalübliche Teststicks zur Erkennung einer Proteinurie oder auch die Bestimmung des Protein/Kreatinin - Verhältnisses im Harn sind nicht ausreichend für eine genaue Information der verbleibenden Nierenfunktion in Hinblick auf Ultrafiltration bzw. Rückresorption. Mit Hilfe der Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Anwendung spezifischer in der Humanmedizin bekannter Markerproteine insbesondere RBP und THP zur Diagnostik einer Nierenfunktionsstörung auch für den Hund sinnvoll ist. Die Bestimmung von RBP bietet einen sehr sensitiven Marker für Schädigungen des proximalen Tubulusabschnitts in der Niere. Eine reduzierte Ausscheidung von THP weist dagegen auf eine Störung des distalen Abschnitts hin. Ferner konnte gezeigt werden, dass eine neue Methode der SELDI-TOF MS den Vorteil bietet, einer Vielzahl an Harnproteinen gleichzeitig zu untersuchen und damit neue potentielle Marker aufzudecken. Die Untersuchung des Vitamin-A-Stoffwechsels lässt keinen Zusammenhang mit der Bildung von Harnsteinen erkennen. Bei den untersuchten Hunden konnte aber eine signifikante Abnahme der renalen THP-Sezernierung bei Steinbildnern gemessen werden. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass THP, wie beim Menschen, eine Bedeutung als Regulator bei der Aggregation von Kristallen hat. Möglicherweise ist für die Steinbildung von größerer Bedeutung, dass die Ausscheidung von THP als Antwort auf eine Zunahme der Calcium- und Oxalatkonzentration nur bei gesunden Menschen ansteigt. Der protektive Mechanismus von THP scheint bei Steinbildnern zu fehlen, wie in anderen Studien berichtet. Neben THP konnten weitere Proteine mit Hilfe der SELDI-TOF Massenspektrometrie ermittelt werden, die eine mögliche Bedeutung für die Lithogenese zeigen. Die Möglichkeit, die Expression vieler Harnproteine gleichzeitig zu messen, bietet einen signifikanten technischen Vorteil. Die Methode der SELDI-TOF MS scheint für die Suche nach Markern bei der Urolithiasis geeignet. Zum ersten Mal wurde die Zusammensetzung der organischen Matrix von Hundeharnsteinen untersucht.
Defects of renal function is often followed by a change of urinary protein excretion. In the last years the investigation of urinary proteins has become more and more of diagnostic relevance. It is proposed that tubulointerstitial changes play an important role in the progression of renal failure irrespective of the underlying etiology. Tubular proteinuria and enzymuria, markers of tubular dysfunction, have been reported in humans with different forms of renal diseases. Western blotting and other immunological methods are techniques employed to identify urinary proteins. Identification of urinary proteins may lead to an enhanced understanding of renal physiology and pathopyhsiology, and thus lead to the discovery of novel markers for diseases. Despite intense research the knowledge of stone pathogenesis, which is the basis of every rational stone metaphylaxis, has remained rather scanty. Urine is normally protected from nucleation, growth and aggregation. Urine of stone formers, however, is supposedly rich in promoters, or deficient in inhibitors, thus explaining its tendency to excrete crystals in greater quantities and clustered into larger aggregates than those in the urine of healthy subjects. Urinary macromolecules play an important modifying role in stone formation and proteins appear to be responsible for most of this inhibitory activity. The objective of this clinical analytical prospective study was to investigate the changes in the metabolism of vitamin A and their carrier proteins in plasma and urine in two different diseases - canine renal insufficiency and urolithiasis. Blood and urine were collected from 19 dogs with renal disease, 25 dogs with urolithiasis and 21 healthy dogs. In addition, renal tissue samples were obtained from 4 dogs with renal disease. Uroliths from the 25 dogs were analysed. Retinol and retinyl esters were determined using a reversed-phase high performance liquid chromatography system (rp-HPLC). The carrier proteins retinol binding protein (RBP) and Tamm-Horsfall protein (THP) were measured quantitatively in blood and urine by an enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) and for qualitative determination the detection was performed after electrophoretical separation by Western blotting. Besides RBP and THP, the urinary excretion of further urinary proteins like immunglobulin G, transferrin, albumin and vitamin D binding protein (DBP) were assessed by Western blotting for their diagnostic relevance of renal function. The results were compared with the urinary protein patterns from sodium dodecyl sulfate polyacrylamide gel electrophoresis (SDS-PAGE). Additionally, the tissue sections of the kidneys were investigated for RBP, THP and Megalin by immunohistology. In case of urolithiasis the urine of ten healthy dogs were treated with different solutions of calcium chloride to determine a possible role of THP and vitamin A in lithogenesis. Therefore, the concentrations of THP, retinol and retinyl esters were analyzed after decantation. To investigate the protein composition of the organic matrix of the 25 urinary stones the proteins extracted from the stones were submitted to SDS-PAGE and also to a novel approach, the surface enhanced laser desorption/ionization time-of-flight mass spectrometry (SELDI-TOF MS). Finally, an analysis of the urinary protein patterns of all dog groups was performed with SELDI technique. Vitamin A was present as retinol and retinyl esters in blood plasma as well as in urine of all dogs. In patients with renal disease (RD) serum concentrations of retinol, retinyl oleate and palmitate were significantly higher than the values found in healthy dogs. An enhanced urinary excretion of retinol became evident in RD dogs documented as a higher fractional clearance of retinol with 2,96 vs. 0,15. In contrast to healthy dogs, RBP was detected in the urine of the RD patients. Serum levels of RBP, however, did not change significantly with renal disease. When compared with controls, a significant reduction of the renal THP secretion was found for RD dogs. The immunological detection of the other urinary proteins showed the same pattern of excretion with the electrophoretic separation on SDS-PAGE. Furthermore, immunohistochemical investigations of the kidneys showed defects of the proximal receptor megalin expression and of renal handling with RBP and THP. They correlated well with the pathohistological findings. With SELDI-TOF mass spectrometry it was possible to identify further peptides and proteins which were characteristic for canine renal insufficiency. Dogs with urolithiasis (U) did not differ significantly in their vitamin A metabolism when compared with controls. Nevertheless, serum retinol was modestly elevated in U dogs while urinary vitamin A levels varied widely, as it was observed in the control urine. In most instances urinary RBP was detected but only in trace amounts, whereas serum RBP did not change with urolithiasis. The group of U dogs differed significantly from controls in a lower urinary THP. Moreover, the inhibitory activity of THP for stone formation was reduced with the binding to retinyl esters under the different calcium chloride solutions. With SELDI-TOF mass spectrometry a reflection on urine between stone patients and healthy dogs represented significant differences although the urinary protein profiles consisted of wide heterogeneity. Stone formers excreted different amounts of certain proteins when compared with healthy dogs. In typical electrophoretic patterns of proteins extracted from urinary stone matrix of the four types of stones a protein at 31 and 14 kDa appeared. A 66 kDa protein appeared to be by far as the major constituent on all types of stones. The SELDI-TOF mass spectrometry offered further peptides and proteins for each stone type. Results of this study has shown that renal disease affects the concentrations of retinol in plasma and urine of dogs. Commercial dipstick urinalysis for proteinuria or urine protein to creatinine values have been used to screen renal disease, but these methods do not provide accurate information to determine the onset to functional renal impairment. The results of this study in dogs with different renal diseases and a wide range of renal function indicate that especially RBP and THP may be appropriate markers for use in the diagnosis of tubular proteinuria in dogs. Measurements of urinary RBP provides a highly sensitive indicator of proximal renal tubular malfunction. The reduction of urinary THP pointed to the dysfunction of the distal tubules. Further, SELDI-TOF MS can be used successfully in rapid screening of a number of urinary proteins indicated as putative markers for renal dysfunction. Analyzing the vitamin A metabolism in canine urolithiasis shows that no influence on lithogenesis becomes apparent. The results of a decreased urinary THP excretion in dogs with uroliths indicate that THP plays a role as a modifier of crystal aggregation. Possibly most relevant to stone formation is the fact that THP excretion rises only in healthy subjects in response to increasing urinary calcium and oxalate concentrations, whereas this self- protective mechanism appears to be missing in stone formers as it is reported in other studies. Beside THP other urinary proteins may play an important role in lithogenesis of dogs. The possibility of examining the expression of the majority of urinary proteins simultaneously represents a significant technical advance. SELDI-TOF mass spectrometry seems to be a useful method for biomarker discovery in urolithiasis. In this study, for the first time the protein composition of the organic matrix of canine uroliths were investigated.